Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2019
Digitale Gründung von Kapitalgesellschaften nach dem EU-Company Law Package
Am 31.07.2019 ist die Richtlinie „zur Änderung der Richtlinie (EU) 3017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht“ (Richtlinie (EU) 2019/1151) – als Teil des Company Law Package –, welche den Einsatz digitaler Mittel im Gesellschaftsrecht zu verbessern versucht, in Kraft getreten. Ziel der Richtlinie ist, die Digitalisierung des Binnenmarktes und die vollständige Verwirklichung der europäischen Niederlassungsfreiheit. Der Prozess der Gründung von Kapitalgesellschaften soll einfacher, effektiver und kostensparender gestaltet und der innereuropäische Informationsaustausch in Registersachen erheblich verbessert werden. Gleichzeitig soll durch die Neuregelung eine höhere Effizienz und Rechtssicherheit grenzüberschreitender Vorgänge gewährleistet werden.
Online-Unternehmensgründungen sind bislang nur in einigen wenigen Mitgliedstaaten der EU, beispielsweise in Estland, nicht jedoch in Deutschland möglich. Auf Grundlage der Richtlinie (EU) 2019/1151 soll nunmehr ein einheitlicher, formeller Rechtsrahmen geschaffen werden, wonach zukünftig Kapitalgesellschaften vollständig online gegründet und eingetragen, Zweigniederlassungen registriert und Gesellschaftsdokumente selbständig online eingereicht werden können.
Gründung innerhalb von 5 bis 10 Tagen
Nach Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht soll das Online-Gründungsverfahren nach Einzahlung des Stammkapitals und digitaler Einreichung der erforderlichen Dokumente innerhalb von maximal 5 bis 10 Werktagen möglich sein. Die Mitgliedstaaten sollen zur Realisierung der Eintragungsdauer sämtliche Informationen und Formulare, die während des gesamten „Lebenszyklus“ einer Gesellschaft erforderlich sind, in der eigenen Landessprache und mindestens in Englisch kostenlos zur Verfügung stellen.
Online- Gründungsverfahren für GmbH verpflichtend
Die Richtlinie sieht für Deutschland das Online-Gründungsverfahren verpflichtend für Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) vor; Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktie (KGaA) können zunächst ausgenommen werden. Das Verfahren gilt für alle Bar-Gründungen; Sacheinlagen sind ausgeschlossen.
Problem – Online-Identitätsprüfung
Eine Online-Identitätsprüfung nach Art. 6 der eIDAS VO – in Deutschland etwa durch die Online-Ausweisfunktion des Personalausweises – soll bei natürlichen Personen die Sichtprüfung vorgelegter Ausweispapiere ersetzen. Schwierigkeiten bei der Umsetzung der Richtlinie ergeben sich aber im Hinblick auf den digitalen Nachweis der Existenz und der Vertretungsberechtigung von juristischen Personen. Bisweilen muss eine juristische Person aus einem anderen europäischen Mitgliedstaat, die eine GmbH gründen will, ihre Vertretungsmacht durch ein „notarial certificate“, eine „legal opinion“ oder einen Auszug aus dem Handelsregister ihres Satzungssitzes, versehen mit einer Apostille nach dem Haagener Übereinkommen von 1961, nachweisen. Der europäische Gesetzgeber dürfte demnach zunächst in der Pflicht sein, ein elektronisches Nachweisverfahren für juristische Personen (bspw. e-Apostille oder e-Legalisation) zu schaffen.
Notar als Kontroll- und Beratungsinstanz bleibt erhalten
Der Notar als Kontroll- und Beratungsinstanz wird durch die Richtlinie nicht abgeschafft. Er soll zukünftig die Identität der Gründer und Geschäftsführer, ihre Geschäftsfähigkeit und etwaige Vertretungsverhältnisse im elektronischen Wege sicherstellen, bevor die zur Gründung notwendigen Unterlagen geprüft und beglaubigt zum Handelsregister eingereicht werden.
Informationsaustausch zu disqualifizierten Geschäftsführer
Darüber hinaus soll durch die Richtlinie ein grenzüberschreitender digitaler Informationsaustausch zu disqualifizierten Geschäftsführern gewährleistet werden, um so Betrugs- und Missbrauchsfälle zu verhindern.
Fazit
Ein zukunftsorientiertes und der Zeit angemessenes Verfahren zur Gesellschaftsgründung ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung des europäischen Binnenmarktes innerhalb der EU. Allerdings wird das Online-Gründungsverfahren erst, wenn ausreichende Sicherheits- und einheitliche Nachweisstandards in der gesamten EU gewährleistet sind, in Europa wirkungsvoll etabliert werden können. Vor diesem Hintergrund ist die Umsetzung der Richtlinie durch die EU-Mitgliedstaaten innerhalb der nächsten zwei Jahre mit größter Spannung zu erwarten.