Update Gesellschaftsrecht Nr. 17
Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie – Online-Gründung der GmbH und anderes
Am 10. Juni 2021 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie beschlossen. Dieses Gesetz, das am 1. August 2022 in Kraft treten soll, setzt die Europäische Digitalisierungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019) um. Mit dem Einsatz digitaler Instrumente und Verfahren soll die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen europaweit grenzüberschreitend vereinfacht, kostengünstiger und effizienter gestaltet werden.
Online-Gründung der GmbH und weitere Online-Verfahren für Registeranmeldungen bei Kapitalgesellschaften
Die wichtigste Neuerung für das deutsche Gesellschaftsrecht ist die Ermöglichung der Bargründung einer GmbH, also die Beurkundung des Gesellschaftsvertrages sowie der im Rahmen der Gründung gefassten Gesellschafterbeschlüsse mittels Videokommunikation durch § 2 Abs. 3 GmbHG n. F. Die für die Bargründung erforderlichen Willenserklärungen werden hierbei über ein von der Bundesnotarkammer betriebenes Videokommunikationssystem beurkundet. Allerdings führt dies nicht zu einer beliebigen Notarwahl; vielmehr kann das Verfahren nur genutzt werden, wenn sich der Sitz der betroffenen Gesellschaft bzw. Zweigniederlassung oder der (Wohn-)Sitz eines Gesellschafters im Amtsbereich des Notars befindet. Das herkömmliche Präsenzverfahren nach §§ 8 ff. BeurkG bleibt daneben erhalten. Die Beteiligten erhalten insoweit eine Wahlmöglichkeit zwischen beiden Verfahren.
Wichtig zu wissen ist, dass das Beurkundungsverfahren durch Videokommunikation weder für die Sachgründung noch für andere Gesellschaftsformen (z. B. AG, KGaA) oder für Gesellschaftsvertragsänderungen nach der Gründung greift. Dies wird auch bei der Aktivierung von Vorratsgesellschaften, die von der Rechtsprechung als wirtschaftliche Neugründung angesehen wird, aber eben keinen gesellschaftsrechtlichen Gründungsvorgang darstellt, bedeutsam.
Die Gründung mittels Videokommunikation kann gemäß § 2 Abs. 3 GmbHG n. F. auch im Wege des vereinfachten Verfahrens nach § 3 Abs. 1a GmbHG oder unter Verwendung der in Anlage 2 zum GmbHG n. F. bestimmten Musterprotokolle erfolgen. Im Gegensatz zu den bisherigen Musterprotokollen für die Gründung ist bei der Mehrpersonengründung mittels Videokommunikation die Gründerzahl nicht auf drei Gesellschafter und einen Geschäftsführer beschränkt.
Zulässig sind künftig gemäß § 16e BeurkG n. F. auch gemischte Beurkundungen, bei welchen ein Teil der Beteiligten physisch beim Notar anwesend ist und der andere Teil der Beteiligten mittels Videokommunikation dazu geschaltet ist.
Zudem wird das Gründungsverfahren beschleunigt: Ab dem Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung hat die Gründung gemäß § 25 Abs. 3 HRV n. F. innerhalb von zehn Arbeitstagen (nach Beseitigung aller Eintragungshindernisse) im Handelsregister eingetragen zu sein. Bei einer Verwendung der Musterdokumente verkürzt sich die Frist auf fünf Tage.
Offenlegung von Registerinformationen und Gebührenregelungen
Die bis dato redundante Veröffentlichung von Registerinformationen im elektronischen Register und im Bekanntmachungsportal oder Amtsblatt entfällt künftig. Eintragungen werden nur noch dadurch bekannt gemacht, dass sie in dem einschlägigen Register gemäß § 10 Abs. 1 HGB n. F. erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden. Der Abruf von Dokumenten aus dem Handelsregister wird zudem generell gebührenfrei.
Künftig sind gemäß § 13a HGB n. F. im Handelsregister auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen in einem anderen EU-/EWR-Staat, die von einer inländischen Kapitalgesellschaft errichtet wurden, einzutragen. Die hierzu erforderlichen Daten werden europäisch unter den Registergerichten ausgetauscht. Auch die Anmeldung und Eintragung von Zweigniederlassungen im Inland von einer Kapitalgesellschaft, die dem Recht eines anderen EU-/EWR-Staates unterliegt, werden durch Wegfall der bislang notwendigen Versicherungen der Geschäftsführungsorgane analog § 37 Abs. 2 AktG bzw. § 8 Abs. 3 GmbHG vereinfacht.
Grenzüberschreitender Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer
Erstmals werden mit § 9c HGB n. F. Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über „disqualifizierte“ Geschäftsführer eingeführt. Mit diesen wird das Unternehmensregister zentral damit betraut, ausländische Anfragen zu Bestellungshindernissen zu beantworten und Informationsersuchen deutscher Gerichte weiterzuleiten. Ziel ist es, dass Hindernisse für die Bestellung von Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften einfacher zugänglich gemacht und berücksichtigt werden können. Ergänzend dazu sorgen Neuregelungen in § 76 Abs. 3 Satz 3 AktG n. F. und § 6 Abs. 2 Satz 3 GmbHG n. F. dafür, dass auch ausländische Berufs- oder Gewerbeverbote zu einer Disqualifikation als Vorstand oder Geschäftsführer deutscher Kapitalgesellschaften führen.
Elektronische Beglaubigung
Mit Hilfe qualifizierter elektronischer Signatur können künftig Beglaubigungen gemäß § 39a BeurkG n. F. elektronisch errichtet werden. Die hiermit verbundenen Erleichterungen gelten jedoch nur für die Anmeldung durch Einzelkaufleute, durch deutsche Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften oder für Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, nicht hingegen für Personenhandelsgesellschaften und damit insbesondere nicht für die in Deutschland verbreitete GmbH & Co. KG.
Offenlegung von Unterlagen der Rechnungslegung
Rechnungslegungsunterlagen müssen künftig nicht mehr im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Gemäß § 325 Abs. 1 HGB n. F. genügt künftig die Einreichung bei der das Unternehmensregister führenden Stelle und die Einstellung in das Unternehmensregister. Auch der Abruf dieser Unterlagen erfolgt künftig ausschließlich über das Unternehmensregister, welches für die Offenlegungspflichtigen gebührenpflichtig wird.