03.02.2017Fachbeitrag

Update Energie 13

Keine Energie- und Stromsteuerbegünstigungen für „Unternehmen in Schwierigkeiten“

Seit Anfang 2017 fordern die Hauptzollämter im Rahmen der Antragstellung für Energie- und Stromsteuerbegünstigungen nach §§ 3, 3a, 28 S. 1 Nr. 1, 50, 53a, 53b, 54, 55, 56, 57 EnergieStG und §§ 9 Abs. 2 und 3, 9b, 10 StromStG sowie § 14a StromStV von den Antragstellern die Abgabe einer „Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen“ (Formblatt 1139). Darin ist unter anderem zu erklären, ob das antragstellende Unternehmen ein „Unternehmen in Schwierigkeiten“ im Sinne der im Formblatt enthaltenen Definition ist. Soweit dies der Fall ist, werden keine Steuerbegünstigungen gewährt. Was viele Antragsteller irritiert: das Unternehmen muss nicht wirklich in Schwierigkeiten sein, um als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu gelten.

Selbsterklärung geht auf europäisches Beihilfenrecht zurück

Die neue Selbsterklärung zu staatlichen Beihilfen bei der Beantragung von Energie- und Stromsteuerbegünstigungen geht auf das europäische Beihilfenrecht zurück. Für die Steuerbegünstigungen im Energiesektor sind die sog. Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung („AGVO“) und die Umwelt- und Energiebeihilfenleitlinien („UEBLL“) maßgeblich. Danach sind Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten in der Regel unzulässig und verboten (Ausnahmen bilden Beihilfen zur Bewältigung der Folgen bestimmter Naturkatastrophen und Rettungsbeihilfen, die auf bestimmte Unternehmen in Schwierigkeiten zugeschnitten sind). Um Rechtssicherheit zu schaffen und detaillierte Einzelfalluntersuchungen zu vermeiden, definieren die europäischen Vorschriften den Begriff des „Unternehmens in Schwierigkeiten“ bewusst formal.

Während der Fall der Insolvenz noch recht einleuchtend ist, gelten nach dieser Begriffsdefinition – die der Zoll nahezu wörtlich in sein Formblatt übernommen hat – Unternehmen unter anderem dann als „Unternehmen in Schwierigkeiten“, wenn „mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals […] infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen [ist]“ (bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung, z.B. AG, GmbH) bzw. wenn „mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel […] infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist“ (bei Gesellschaften, bei denen zumindest einige Gesellschafter unbeschränkt haften, z.B. KG, oHG, KGaA). Diese Voraussetzungen können allerdings im Einzelfall aus den unterschiedlichsten Gründen vorliegen, ohne dass sich das Unternehmen tatsächlich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet.

Zeitliche Auswirkungen und Risiko der Rückwirkung

Für Zeiträume, in denen ein Unternehmen als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu qualifizieren ist, besteht kein Anspruch auf Steuerbegünstigungen. Die Hauptzollämter werden dementsprechend wohl auch Anträge für vergangene Zeiträume (z.B. für 2016) negativ bescheiden. Ist ein Unternehmen erst kurz vor Antragstellung in „Schwierigkeiten“ geraten, wird auch die Zahlung für Zeiträume, in denen es noch als „gesund“ zu qualifizieren war, verweigert, bis die Schwierigkeiten beseitigt sind.

Da die AGVO und die (rechtlich allerdings nicht verbindlichen) UEBLL bereits im Jahr 2014 in Kraft getreten sind, besteht darüber hinaus unter Umständen auch das Risiko, dass bereits gewährte Steuerbegünstigungen im Einzelfall zurückgefordert werden könnten.

Definition auch in anderen Zusammenhängen relevant

Darüber hinaus ist die Definition des „Unternehmens in Schwierigkeiten“ auch in allen anderen Zusammenhängen relevant, bei denen eine Zahlung oder eine Entlastung als staatliche Beihilfe zu qualifizieren ist (oder sein könnte). So hat etwa das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) bereits im Jahr 2016 im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung zur Begrenzung der EEG-Umlage eine entsprechende Selbsterklärung im Rahmen der Antragstellung eingefordert und Anträge betroffener Unternehmen abgelehnt. Da die Begrenzung der KWK-Umlage für stromkostenintensive Unternehmen nunmehr direkt an die Begrenzung der EEG-Umlage geknüpft ist, wird die Definition auch in diesem Kontext relevant. Im Einzelfall können sich die finanziellen Risiken betroffener Unternehmen so zu erheblichen Beträgen summieren.

Handlungsmöglichkeiten prüfen

Unternehmen sollten daher prüfen, ob sie unter die beihilfen-rechtliche Definition des „Unternehmens in Schwierigkeiten“ fallen und ob ggf. bilanzielle Maßnahmen zur Wiederherstellung der erforderlichen Relation zwischen Stammkapital bzw. Eigenmitteln einerseits und Verlusten andererseits möglich sind. Denn im Zweifel führt jeder Tag als „Unternehmen in Schwierigkeiten“ zu finanziellen Einbußen und damit im schlimmsten Fall zu wirklichen Schwierigkeiten für das Unternehmen.

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