01.12.2022Fachbeitrag

Update Restrukturierung 5/2022

SanInsKG in Kraft getreten: Temporäre Erleichterungen für Unternehmen in der Krise

Die aktuellen Folgen von Energiekrise und Ukrainekrise haben den Gesetzgeber veranlasst, im Insolvenzrecht den Unternehmen temporäre Erleichterungen zur Abmilderung der Krisenfolgen zu gewähren.

Am 9. November 2022 ist das Gesetz zur vorübergehenden Anpassung sanierungs- und insolvenzrechtlicher Vorschriften zur Abmilderung von Krisenfolgen (Sanierungs- und insolvenzrechtliches Krisenabmilderungsgesetz – San¬InsKG) in Kraft getreten. Dieses bringt für Geschäftsleiter zum Teil erhebliche Änderungen mit sich.

Wesentliche gesetzliche Änderungen

Das SanInsKG sieht folgende, für die Restrukturierung und Sanierung wesentlichen Änderungen vor: 

■    Verkürzung des Planungszeitraums für die insolvenzrechtliche Fortbestehensprognose von 12 auf 4 Monate,
■    Verlängerung der maximalen Insolvenzantragsfrist bei Überschuldung von 6 auf 8 Wochen sowie
■    Verkürzung des Planungszeitraums für Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen von 6 auf 4 Monate.

Insolvenzantragspflicht bei insolvenzrechtlicher Überschuldung, neuer Planungszeitraum für die Fortbestehensprognose: 4 Monate statt 12 Monate

Die Insolvenzantragspflicht des § 15a InsO bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und/oder Überschuldung (§ 19 InsO) bleibt. Erleichterung bringt aber die Verkürzung des Planungszeitraums. 

Sind die nächsten 4 Monate nicht (mehr) planerisch durchfinanziert, dann muss der Geschäftsleiter unverzüglich, spätestens innerhalb von maximal 8 Wochen wegen Überschuldung Insolvenzantrag stellen, nachdem er erkennen konnte, dass planerisch keine Durchfinanzierung mehr gegeben sein wird. 

Ist erst später als in 4 Monaten keine planerische Durchfinanzierung mehr gegeben, dann besteht im Anwendungsbereich des SanInsKG keine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. 

Vor dem SanInsKG betrug der Planungszeitraum 12 Monate. 

Er wird auch nach dem zeitlichen Auslaufen des SanInsKG ab dem 1. Januar 2024 wieder 12 Monate betragen. 

Auswirkungen der Verkürzung des Planungszeitraums

Die Verkürzung des Planungszeitraums verringert das zivil- und strafrechtliche Haftungsrisiko für Geschäftsleiter. Dies ist zu begrüßen. Angesichts der hohen Unsicherheiten insbesondere an den Energiemärkten sind längerfristige Planungen aktuell mit großen Unsicherheiten behaftet. 

Es bleibt aber dabei, dass eine dokumentierte Planung vorliegen muss. Diese ist auf rollierender Basis fortlaufend zu aktualisieren.

Keine Voraussetzung: Betroffenheit durch Energie-krise und/oder Ukraine-Krise

Keine Voraussetzung ist, dass das Unternehmen speziell von der Energiekrise und/oder der Ukrainekrise betroffen ist. Hierdurch unterscheiden sich die Neuregelungen des SanInsKG signifikant von den Erleichterungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Diese setzten eine gewisse Betroffenheit des Unternehmens von der Corona-Pandemie voraus.

Anwendungsvoraussetzung: Vor dem 09.11.2022 darf keine Überschuldung vorgelegen haben

Voraussetzung für die Anwendung der temporären Erleichterungen ist, dass vor dem 9. November 2022 keine Insolvenzantragspflicht, also auch keine insolvenzrechtliche Überschuldung nach § 19 Abs. 2 S. 1 InsO vorlag bzw. dass zu diesem Zeitpunkt zwar eine Überschuldung vorlag, aber die Antragsfrist des § 15a InsO von (damals) sechs Wochen noch nicht abgelaufen war.

Ein Geschäftsleiter sollte daher darauf achten, dass ihm eine frühere Planung aus der Zeit unmittelbar vor dem 9. November 2022 über den damals maßgeblichen Planungszeitraum von 12 Monaten dokumentiert vorliegt. 

Anwendungszeitraum befristet bis zum 31.12.2023

Der Anwendungszeitraum der Erleichterungen ist befristet bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023. Ab dem 1. Januar 2024 gilt dann wieder ein Planungszeitraum von 12 Monaten. 

Für die Zeit ab dem 1. September 2023 sollte der Geschäftsleiter die Planung aus Vorsichtsgründen wieder mit einem 12 Monats-Planungszeitraum erstellen. Bei der im September 2023 aktualisierten Planung erstreckt sich der 4 Monats-Zeitraum des SanInsKG dann schon in den Januar 2024 hinein. Dann gilt wieder der Planungszeitraum von 12 Monaten. 

Ab dem Sommer 2023 sollten Geschäftsleiter die aktuellen Entwicklungen der Gesetzgebung beobachten, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Anwendungszeitraum der temporären Erleichterung verlängert.

Keine Erleichterung bei Zahlungsunfähigkeit oder sonstigen Pflichten

Das SanInsKG bringt keine Erleichterung bei Vorliegen einer insolvenzrechtlichen Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 Abs. 2 InsO. Hier ist und bleibt der Geschäftsleiter – unter Androhung von Strafe und zivilrechtlicher Haftung – gezwungen, unverzüglich innerhalb von maximal drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Das SanInsKG lässt auch die Anforderungen an die handelsrechtliche Fortführungsprognose sowie die Pflicht zur Krisenfrüherkennung nach § 1 StaRUG unberührt.

Fazit und Praxishinweise

Eine gute Dokumentation der Planung und der Planungsprämissen nebst rollierender Aktualisierung der Planung ist und bleibt jedem Geschäftsleiter dringend zu empfehlen. Ist keine planerische Durchfinanzierung (mehr) gegeben, besteht Insolvenzantragspflicht. Daran hat die zeitlich bis 31. Dezember 2023 befristete Verkürzung des Planungszeitraums von 12 auf 4 Monaten nichts geändert. 

Ist erst für einen Zeitpunkt außerhalb des nunmehr geltenden 4-Monats-Planungszeitraums keine planerische Durchfinanzierung mehr gegeben, besteht zwar keine Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung. Ein Geschäftsleiter sollte jedoch unverzüglich Sanierungsmaßnahmen ergreifen. Um Sanierungsmaßnahmen frühzeitig einleiten zu können (und um weiteren rechtlichen Vorgaben zu genügen, wie u a. handelsrechtliche Fortführungsprognose und Krisenfrüherkennung nach § 1 StaRUG) ist es sinnvoll, die Planungen trotz gesetzlicher Verkürzung des Planungszeitraums auch weiterhin mit längeren Planungszeiträumen als lediglich 4 Monaten aufzustellen. 

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