Update Energie 007
Steuerrecht in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ)
Am 5. November 2015 wurde das Steueränderungsgesetz 2015 vom 2. November 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht, welches ab dem Veranlagungs- und Erhebungszeitraum 2016 auch Relevanz für die Besteuerung verschiedener Leistungen –und nicht mehr ausschließlich Errichtung und Betrieb von Offshore Windparks- in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone hat.
Die Gesetzesänderungen führen zu einer erneuten Erweiterung des Inlandsbegriffs für Zwecke der Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer (Ertragsteuer), nicht jedoch der Umsatzsteuer. Mit der Erweiterung sollen ab dem Veranlagungszeitraum 2016 weitere Aktivitiäten in der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), die nicht die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Windparks betreffen, der deutschen Besteuerung unterworfen werden. Bereits durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften wurde der Inlandsbegriff erweitert, jedoch begrenzt auf die Errichtung und den Betrieb von Energieerzeugungsanlagen, die erneuerbare Energie nutzen.
Bisher Anknüpfung an Festlandsockel bzw. Errichtung oder Betrieb von Energieerzeugungsanlagen
Bis Ende 2007 gehörte zum ertragsteuerlichen Inland der Deuschland zustehende Anteil am Festlandsockel nur, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet wurden. Der Betrieb von Offshore-Windparks war demnach in Deutschland für ausländische Betreiber nicht steuerpflichtig. Ab 2008 dehnte der Gesetzgeber den Inlandsbegriff aus, auf den Deutschland zustehenden Festlandsockel, soweit dieser der Energieerzeugung und der Nutzung erneuerbaren Energien dient. Die Gesetzesänderung erfasste damit grundsätzlich den Betrieb von Offshore-Windparks, soweit diese eine Verbindung zum Festlandsockel aufweisen, jedoch nicht eine Vielzahl von Aktivititäten, die dem Betrieb vorgelagert (z.B. die Errichtung von Windkraftanlagen) oder nur in dessen Zusammenhang (z.B. die Wartung oder andere unterstützende Leistungen) ausgeübt werden. Errichtung und Betrieb wurden erst ab 2015 erfasst, nicht jedoch Wartung und andere unterstützende Leistungen.
Künftig sämtliche Tätigkeiten zur wirtschaftlichen Ausbeutung der AWZ
Künftig wird der Inlandsbegriff insoweit nicht lediglich auf die Errichtung und der Betrieb von Energieerzeugungsanlagen, die erneuerbare Energie nutzen begrenzt, sondern mit dem Inladungsbegriff werden ausdrücklich sämtliche Tätigkeiten erfasst, die der Erforschung oder wirtschaftlichen Ausbeutung der AWZ dienen. Die Energieerzeugung aus Wasser, Strömung und Wind werden lediglich als Beispiele für eine wirtschaftliche Ausbeutung aufgeführt. Der Gesetzgeber beabsichtigt ausweislich der Gesetzesbegründung eine Ausdehnung auf den innerhalb des UN-Seerechtsübereinkommen vom 10. Dezember 1982 zulässigen Rahmen. Dies kann für Auslegungsfragen von Bedeutung sein, da auch der neue Gesetzeswortlaut Zweifelsfragen offenlässt. Die weitere Ausdehnung führt nicht zwangsläufig zu einer Besteuerung von Steuerausländern, die in der AWZ tätig werden, da weiterhin erforderlich ist, dass eine Betriebstätte im Inland begründet wird. Für viele Leistungen wird es an einer für eine Betriebstätte regelmäßig erforderlichen festen Geschäftseinrichtung, d.h. einer örtlichen festen Beziehung zur Erdoberfläche fehlen. In Betracht kommen jedoch nach wie vor regelmäßig sogenannte Montagebetriebstätten, d.h. Bausausführungen, die einen Zeitraum von 6 Monaten überschreiten. Die Abgrenzung ist im Einzelfall vorzunehmen und wirft dabei regelmäßig eine Vielzahl von Folgefragen auf. So sind insbesondere auch die Auswirkungen von anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen zu berücksichtigen.
Bauabzugssteuer - Anpassungsbedarf bei Verträgen über Bauleistungen
Die zusätzliche Erweiterung des Inlandsbegriffs, d.h. die Anwendbarkeit über Errichtung und Betrieb hinaus, kann auch für Inländer Auswirkungen auf die sogenannte Bauabzugssteuer haben. So ist der Leistungsempfänger einer im Inland erbrachten Bauleistung zum Abzug einer Bauabzugssteuer in Höhe von 15 % des Entgelts verpflichtet, sofern ihm keine gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegt wird. Regelmäßig werden bereits aufgrund der für 2015 erfolgte Erweiterung des Inlandsbegriffs die Regelungen zur Bauabzugsteuer zu beachten gewesen sein. Soweit sich erst durch die neuerliche Erweiterung eine Anwendung der Bauabzugssteuer ergibt, ist auch aufgrund der Gesetzesbegründung davon auszugehen, dass eine Neuregelung vorliegt, d.h. die Änderungen erst ab dem Jahr 2016 zu beachten sind.
Gewerbesteuer
Die Erweiterung gilt auch für die Gewerbesteuer. Es bleibt insoweit jedoch weiterhin ungeklärt, ob die AWZ einer oder mehreren Gemeinden angehört und damit Tätigkeiten im vorgenannten Rahmen der Gewerbesteuer unterliegen. Insoweit ist die Zuordnung bzw. Rechtmäßigkeit erfolgter Zuordnungen zu bestimmten Gemeinden aufgrund von Landesverordnungen weiterhin umstritten. Die Gewerbesteuerveranlagung sollte insoweit in jedem Fall offengehalten werden.
Anwendungszeitpunkt bei abweichendem Wirtschaftsjahr
Im Hinblick auf den Anwendungszeitpunkt für Ertragsteuern ist zu beachten, dass die Neuregelung für Gesellschaften mit abweichendem Wirtschaftsjahr bereits für die Wirtschaftsjahre gilt, die in 2016 enden. Demnach sind die Regelungen z.B. für eine Gesellschaft mit einem am 31. März 2016 endenden Wirtschaftsjahr bereits für das ab dem 1. April 2015 begonnene Wirtschaftsjahr anzuwenden.
Auswirkungen für Arbeitnehmer, Verpflegungsmehraufwendungen
Die Änderungen können sich auch auf Arbeitnehmer auswirken. Mit der Erweiterung des Inlandsbegriffs liegt ab dem Kalenderjahr 2016 auch in Fällen, die nicht Errichtung oder Betrieb von Energieerzeugungsanlagen sind, sondern eine anderweitige wirtschaftliche Ausnutzung der AWZ darstellen, keine Auslandstätigkeit mehr vor. Somit reduzieren sich die als Werbungskosten abzugefähigen Sätze für Verpflegungsmehraufwendungen auf die für das Inland geltenden Beträge.
Inländische Steuerpflicht für Arbeitnehmer
Für im Ausland ansässige Arbeitnehmer kann sich ab dem Kalenderjahr 2016 eine inländische Steuerpflicht ergeben, da es sich insoweit um im Inland ausgeübte Tätigkeiten handelt. Für inländische Arbeitnehmer sollten sich im Hinblick auf die allgemeine Steuerpflicht keine größeren Änderungen ergeben, da eine Befreiung von der inländischen Steuerpflicht auch in der Vergangenheit die Anwendbarkeit eines Doppelbesteuerungsabkommens vorausgesetzt hätte, d.h. es sich bei der AWZ um ein Hoheitsgebiet eines anderen Staates hätte handeln müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Umsatzsteuer - abweichender Inlandsbegriff
Eine Änderung der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung ist auch mit der für Ertragsteuerzwecke erfolgten Anpassung nicht verbunden. Für die Umsatzsteuer gilt ein eigenständiger Inlandsbegriff, der durch die erfolgten Änderungen nicht betroffen ist. Umsatzsteuerrechtlich beginnt das Ausland bereits hinter der Strandlinie (siehe dazu das Update Energie Nr. 5).