Newsletter Gesellschaftsrecht Mai 2014
Steuerrechtliche Änderungen bei Kapitalgesellschaften zum Jahreswechsel
Steuerrechtliche Änderungen bei Kapitalgesellschaften zum Jahreswechsel
Bedingt durch die Bundestagswahlen konnten im vergangenen Jahr in der abgelaufenen Legislaturperiode nicht mehr alle Gesetzesvorhaben zu Ende geführt werden. Die sonst üblichen Gesetzgebungsaktivitäten zum Steuerrecht verliefen daher zum Jahreswechsel von einer Ausnahme abgesehen moderat. Neben der Abschaffung der Ertragsteuerfreiheit von inländischen Streubesitzdividenden wurden die ertragsteuerliche Organschaft und § 8b Abs. 1 KSt geringfügig geändert.
Kleine Organschaftsreform
Mit dem „Gesetz zur Änderung und Vereinfachung der Unternehmensbesteuerung und des Reisekostenrechts“ (BGBl. I 2013, 285) ist am 26. Februar 2013 eine so genannte „kleine Organschaftsreform“ in Kraft getreten. Die Reform sollte die zunehmende Kritik an der Praktikabilität der ertragsteuerlichen Organschaft durch punktuelle Korrekturen eindämmen.
Erfordernis eines dynamischen Verweises in Ergebnisabführungsverträgen auf § 302 AktG
Ergebnisabführungsverträge (EAV) mit einer GmbH als Organgesellschaft müssen künftig gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG ausdrücklich auf § 302 AktG in seiner jeweils gültigen Fassung verweisen. Eine Stellungnahme des Gesetzgebers war hier deshalb erforderlich geworden, weil jüngst erhebliche Unklarheiten hinsichtlich der Verlustübernahmevereinbarungen bestanden.
Handlungsbedarf bei Altverträgen
Für Altverträge besteht eine Übergangsregelung zur Anpassung. Durch eine missglückte Gesetzesformulierung war indes unklar, ob die Anpassung bis 31. Dezember 2014 in das Handelsregister einzutragen war. Beabsichtigt war dies wohl, während es nach dem Wortlaut auch entsprechend dem Ablauf des Wirtschaftsjahres per 31. Dezember 2013 sein konnte. Dies hat der Gesetzesgeber nunmehr klargestellt. Die Änderungen sind bis zum 31. Dezember 2014 einzutragen.
Erleichterungen bei Bilanzierungsfehlern
Für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft ist die tatsächliche Abführung des handelsrechtlichen Ergebnisses zwingende Voraussetzung. Sofern zu einem späteren Zeitpunkt Fehler im handelsrechtlichen Jahresabschluss ermittelt werden, war damit die Gefahr der Versagung der Anerkennung der Organschaft verbunden, da nicht das zutreffende Ergebnis abgeführt worden war. Nunmehr gilt gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 Satz 4 KStG die Ergebnisabführung auch als durchgeführt, wenn der abgeführte Gewinn oder ausgeglichene Verlust auf fehlerhaften Bilanzansätzen beruht, sofern der Jahresabschluss wirksam festgestellt wurde, der Fehler nicht hätte erkannt werden müssen und nach Beanstandung durch die Finanzverwaltung im nächstmöglichen Abschluss der beteiligten Gesellschaften korrigiert und das Ergebnis entsprechend abgeführt oder ausgeglichen wird. Sofern ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk des Jahresabschlusses vorliegt, wurde unterstellt, dass die Fehlerhaftigkeit nicht erkennbar war.
Regelungen zur grenzüberschreitenden Organschaft
Als Voraussetzung für die Anerkennung einer Organschaft musste die Organgesellschaft gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG sowohl ihren Sitz als auch ihre Geschäftsleitung im Inland haben (doppelter Inlandsbezug). Nach der Neuregelung genügt es nunmehr, wenn die Organgesellschaft nur ihre Geschäftsleitung im Inland hat, während sich der Sitz der Gesellschaft in einem EU- bzw. EWR-Staat befinden kann.
Als Gegenreaktion auf das Urteil des BFH vom 9. Februar 2011 (I R 54/10, BStBl. II 2012, 106) wurde zudem das Erfordernis einer inländischen Geschäftsleitung des Organträgers gestrichen. Stattdessen muss die Beteiligung des Organträgers an der Organgesellschaft in Zukunft sowohl national als auch doppelbesteuerungsrechtlich einer inländischen Betriebstätte (funktional) zuzuordnen sein.
Einführung eines Feststellungsverfahrens
Verfahrensrechtlich wurde in § 14 Abs. 5 KStG n.F. ein besonderes Feststellungsverfahren für ertragsteuerliche Organschaften eingeführt. Die zur Besteuerung der Organgesellschaft zuständige Finanzbehörde stellt nunmehr das dem Organträger zuzurechnende Einkommen einheitlich und gesondert fest. Hierdurch soll zugleich faktisch über die steuerliche Anerkennung der Organschaft in bindender Weise entschieden werden.
Belastung von Streubesitzdividenden
Durch das „Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20. Oktober 2011 in der Rechtssache C-284/09“ (BGBl. I 2013, 561) wurde die 95-prozentige Körperschaftsteuerbefreiung des § 8b Abs. 1 KStG für Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen (Streubesitzdividenden) abgeschafft, § 8b Abs. 4 KStG. Eine Streubesitzbeteiligung liegt vor, wenn die Beteiligung zu Beginn des Kalenderjahres unmittelbar weniger als 10 Prozent des Grund- oder Stammkapitals betragen hat. Einer unmittelbaren Beteiligung wird gemäß § 8b Abs. 4 Satz 5 KStG die mittelbar über eine Personengesellschaft gehaltene Beteiligung gleichgestellt.
Die Neuregelung der Besteuerung von Streubesitzdividenden war erforderlich geworden, weil der EuGH die bislang ausschließlich für deutsche Kapitalgesellschaften geltende Freistellung als gemeinschaftsrechtswidrig einstufte. Bund und Länder konnten keine Einigung darüber erzielen, auch Auslandskonstellationen in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 1 KStG einzubeziehen. Als Kompromiss hat man daher die Steuerbefreiung insgesamt abgeschafft.
Erweiterung des Korrespondenzprinzips i.R.d. § 8b Abs. 1 KStG
Für Dividendenbezüge, die dem Anteilseigner nach dem 31. Dezember 2013 zufließen, gilt die Freistellung des § 8b Abs. 1 Satz1 KStG nur noch, soweit diese das Einkommen der ausschüttenden Körperschaft nicht gemindert haben. Dadurch soll die Entstehung „weißer Einkünfte“ vermieden werden.
Fazit
Für eine umfassende Reform des ertragsteuerlichen Organschaftsrechts hin zu einer modernen Gruppenbesteuerung fehlte der politisch erforderliche Reformwille. Ob die punktuellen Ausbesserungen der ertragsteuerlichen Organschaft auch eine signifikante Vereinfachung der praktischen Handhabung bedeutet, ist zu bezweifeln. Wenngleich die zahlreichen Neuerungen der kleinen Organschaftsreform keine strukturellen Verbesserungen in Gang setzen, werden sie in der steuerlichen Beratungspraxis aber überwiegend begrüßt. Insbesondere steht zu erwarten, dass die Richtigkeitsfiktion des § 14 Abs. 1 Nr. 3 Sätze 4 ff. KStG in Zweifelsfällen Unklarheiten beseitigen wird. Demgegenüber ist die Entscheidung des Gesetzgebers für die künftige Besteuerung von Streubesitzdividenden zu bedauern, da sie im Ergebnis zu einer Doppelbelastung führen wird. Zu ihrer Vermeidung wird daher verstärkt über eine Neuordnung der Beteiligungsstrukturen nachzudenken sein.