18.09.2018Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 3/2018

Für Eignungsleihe muss Zugriffsrecht auf fremde Ressourcen deutlich belegt werden

Das OLG Düsseldorf hat entschieden (Beschluss vom 28.3.2018, Az. Verg 42/17), dass ein Auftraggeber Leistungsanforderungen stellen kann, die garantieren, dass Bewerber über erforderliche personelle und technische Mittel und Erfahrungen verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Dabei müssen die Anforderungen mit dem Auftragsgegenstand in konkretem Sachzusammenhang stehen und ihm angemessen sein. Besteht nach den Vergabeunterlagen die Möglichkeit einer Eignungsleihe, ist die darauf bezogene verbindliche Zusage eines anderen Unternehmens konkret nachzuweisen.

Ein Auftraggeber führte ein europaweites Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb zur Vergabe eines Auftrags bezüglich Anbau und Lieferung von Cannabis zu medizinischen Zwecken durch, wobei die Leistungen aus einer deutschen Inhouse-Plantage erbracht werden sollten. Geeignete Teilnehmer sollten unter anderem anhand des Umfangs von Referenzaufträgen über Anbau und Lieferung von Cannabis ausgewählt werden. Eine Eignungsleihe nach § 47 VgV sollte im Wege einer konkreten Zusage eines betreffenden dritten Unternehmens möglich sein. Ein Bewerber übergab daraufhin mit seinem Teilnahmeantrag ein „Memorandum of Unterstanding“ in englischer Sprache über die Zusammenarbeit mit einem eignungsleihenden Unternehmen und einen als dessen Übersetzung bezeichneten „Dienstleistungsvertrag“. Der Auftraggeber wertete dies aber nicht als ordnungsgemäße Referenz und sah die Mindesteignungsanforderungen als nicht erfüllt an. Die daraufhin von dem Bewerber erfolglos angerufene VK Bund bestätigte die Wertung des Auftraggebers (Beschluss vom 9.8.2017, Az. VK 1-77/17), da der Eignungsverleiher sich in den Unterlagen nicht nach § 47 VgV zur Überlassung entsprechender geeigneter Mittel verpflichtet habe.

Forderung von Referenzen möglich, um fachgerechte Auftragserfüllung zu gewährleisten

Auch das OLG Düsseldorf hielt die Wertung des Auftraggebers für vergaberechtmäßig. Der Auftraggeber hat laut dem Gericht, indem er Referenzen über frühere Aufträge zu Anbau und Lieferung von Cannabis gefordert hat, nach § 46 Abs. 1 S. 1 VgV Forderungen an die Leistungsfähigkeit gestellt, die garantieren, dass die Bewerber über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrungen verfügen, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Auch wurde nach Ansicht des OLG nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder das Transparenzgebot verstoßen.

Zusammenhang zwischen Auftragsgegenstand und den geforderten Erfahrungen nötig

Zudem bestand ein Zusammenhang zwischen dem Auftragsgegenstand und den geforderten einschlägigen Erfahrungen. Der Auftraggeber hat schließlich ein Interesse daran, zu erfahren, ob die Bewerber in seinem Vergabeverfahren vergleichbare Leistungen schon einmal erbracht haben. Die Forderung beruflicher Referenzen für Anbau und Lieferung von Cannabis war auch nicht unangemessen, selbst wenn deutsche Betriebe in dieser Branche wegen des hier bis kürzlich geltenden absoluten Verbots noch wenig erfahren sind, da eine Eignungsleihe bezüglich ausländischen Anbietern ermöglicht worden war.

Unterlagen müssen ungehindertes Zugriffsrecht auf Ressourcen des Entleihers deutlich belegen

Der betreffende Bewerber hat laut dem OLG Düsseldorf die gestellten Eignungsanforderungen aber dennoch nicht erfüllt. Zwar ist die englische Fassung der eingereichten Unterlagen, die die Eignungsleihe belegen sollten, wegen der beigefügten Übersetzung grundsätzlich akzeptabel. Die Unterlagen konnten aber nicht die Gewissheit verschaffen, dass der Bewerber die für die Auftragsausführung nötigen Mittel von dem dritten Unternehmen bei Zuschlagsentscheidung tatsächlich erhalten würde. Aus der Erklärung muss nämlich klar hervorgehen, dass ein ungehindertes Zugriffsrecht auf fremde Ressourcen tatsächlich bestünde. Absichtserklärungen oder „gentlemen agreements“ genügen dabei nicht. Maßgeblich ist, dass sich der fremde Anbieter nicht ohne weiteres von seiner Pflicht lösen kann.

Auftraggeber nicht zu Nachforderung oder Aufklärungsverlangen verpflichtet

Der Auftraggeber musste sich die Eignungsunterlagen auch nicht nach § 48 Abs. 7 VgV erläutern lassen, da hierzu ein Ermessen eingeräumt ist, das auch nicht ausnahmsweise auf null reduziert war. Zudem bestand aus § 56 Abs. 2 Satz 1 VgV keine Pflicht zur Nachforderung von Informationen, da eine Nachforderungspflicht im Hinblick auf körperlich vorhandene Erklärungen oder Nachweise nur gilt, wenn sie formal von den Anforderungen abweichen. Vorliegend waren die Unterlagen aber formgerecht, lesbar und vollständig, nur inhaltlich unzureichend.

Fazit

Letztlich bietet die Eignungsleihe eine gute Möglichkeit, sich an Ausschreibungen zu beteiligen, für die dem Bewerber selbst eigentlich die Eignung fehlt, er den Auftrag aber ausführen könnte, zum Beispiel da er neu auf dem Markt ist. Das OLG Düsseldorf macht die Voraussetzungen der Eignungsleihe in seinem neuerlichen Beschluss einmal mehr deutlich.

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