Update Compliance 28/2022
Neuntes EU-Sanktionspaket gegen Russland in Kraft
Mit dem neunten Sanktionspaket hat die EU die Sanktionen gegen Russland erneut verschärft. Die bestehenden Investitions-, Transaktions- und Dienstleistungsverbote sind ausgeweitet und die Finanzsanktions- und Güterlisten umfangreich erweitert. Die befristete Genehmigungsmöglichkeit (bis September 2023) von Transaktionen mit Russland-Nexus trotz bestehender Im- und Exportverbote ist ein Novum. Sie soll EU-Wirtschaftsbeteiligten den Rückzug aus dem russischen Markt erleichtern.
Finanzsanktionen
Fast 1.600 Personen und Unternehmen sind inzwischen von den Finanzsanktionen betroffen. Ihre Vermögenswerte sind eingefroren und es gilt weiterhin das sog. Bereitstellungsverbot. Danach ist es verboten, den sanktionierten Parteien (un-)mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Das aktuelle Sanktionspaket hält Ausnahmen von den Sanktionen bereit, damit u. a. Geschäfte und Verträge mit sanktionierten Parteien, die vor deren Listung geschlossen wurden, beendet werden können. Um Bedenken in Bezug auf die Ernährungssicherheit in Drittländern weiter Rechnung zu tragen, hat die EU zudem die Möglichkeit geschaffen, eingefrorene Vermögenswerte bestimmter gelisteter Parteien, die vor ihrer Aufnahme in die Liste eine wesentliche Rolle im internationalen Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Lebensmitteln (einschließlich Weizen und Düngemitteln) gespielt haben, freizugeben und ihnen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Erweiterung bestehender Handelsbeschränkungen
Die Listen der Güter, für die Handelsbeschränkungen mit Partnern in Russland bzw. zur Verwendung in Russland gelten, ist erneut länger geworden. Hiervon sind jetzt beispielsweise auch Generatoren, Spielzeugdrohnen, Laptops, Festplatten, IT-Komponenten und Kameras, Drohnenmotoren, weitere chemische und biologische Ausrüstungen, Reizstoffe und elektronische Komponenten betroffen.
Ausnahmen von Handelsbeschränkungen für Abwicklung von Russlandgeschäft
Ungeachtet der Erweiterung der Güterlisten hat die EU Ausnahmen von den Handelsbeschränkungen eingeführt. Die zuständigen Behörden können Verkäufe sowie Importe und Exporte bis zum 30.09.2023 genehmigen, wenn diese für den Abzug von Investitionen aus Russland oder die Abwicklung von Geschäftstätigkeiten in Russland unbedingt erforderlich sind. Dies setzt jedoch u.a. voraus, dass sich (i) die betroffenen Güter im Eigentum eines EU-Bürgers oder im (mittelbaren) Eigentum oder unter Kontrolle eines EU-Unternehmens befinden und (ii) sich physisch bereits vor in Kraft treten der jeweiligen Verbote in Russland befanden.
Ausbau des Investitionsverbots
Das bislang bestehende Investitionsverbot für den Energiesektor ist auf neue Investitionen im Bergbausektor (inklusive der Gewinnung von Steinen und Erden in Russland) erweitert worden.
Einführung einer Meldepflicht für Erdgastransaktionen
Sämtliche Transaktionen in Bezug auf die Einfuhr von aus Anlagen zur Erzeugung von Flüssigerdgas stammenden Erdgaskondensaten, die ihren Ursprung in Russland haben oder von dort ausgeführt wurden, in die Union sowie deren Erwerb und Transport in die Union sowie Drittländer müssen den zuständigen Behörden gemeldet werden. Spätestens im Juni 2023 überprüft die EU Kommission das Funktionieren ihrer Maßnahmen in Bezug auf diese Erdgaskondensate, um die Versorgungssicherheit der Union mit Flüssigerdgas zu gewährleistenErweiterung des Transaktionsverbots
Die Liste der staatseigenen Unternehmen, mit denen Transaktionen verboten sind, wird um die Russian Regional Development Bank erweitert.
Zudem ist es EU-Bürgern verboten, einen Posten in einem staatseigenen oder staatlich kontrollierten Unternehmen mit Sitz in Russland zu bekleiden. Ausnahmsweise kann eine solche Tätigkeit von den zuständigen Behörden genehmigt werden, z.B. wenn es sich bei dem betroffenen Unternehmen um ein Joint Venture unter Beteiligung eines EU-Unternehmens handelt.
Verschärfung der Dienstleistungsverbote
Auch in den Bereichen Markt- und Meinungsforschung, technische physikalische und chemische Untersuchung und Werbung ist es jetzt verboten, für die Regierung Russlands bzw. in Russland niedergelassene Unternehmen Dienstleistungen zu erbringen.
Praxishinweis
Eine konstante Überprüfung bestehender und neuer Geschäftsverbindungen mit russischen Handelspartnern und Geschäften mit Russland-Nexus bleibt weiterhin unerlässlich. Nach der weiteren Verschärfung der EU-Sanktionen muss Ihre Compliance-Prüfung auch um die jüngsten Sanktionen, Ausnahmen und Übergangsregelungen erweitert werden.
Heuking Kühn Lüer Wojtek berät Sie in allen außenwirtschaftsrechtlichen Fragen, insbesondere zum Umgang mit aktuellen Sanktionierungen und den sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen. Darüber hinaus prüfen wir für Sie mithilfe tagesaktueller Informationen, ob Ihre Geschäftspartner sich auf den Sanktionslisten befinden, wie Sie sich demgemäß zu verhalten haben und welche Handlungsalternativen bestehen. Sprechen Sie uns jederzeit gern an! Einen detaillierten Überblick über unser Beratungsspektrum im Außenwirtschaftsrecht finden Sie auf unserer neuen Homepage zum Außenwirtschaftsrecht.