22.07.2021Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 23

Reform des Personengesellschaftsrechts – MoPeG beschlossen

Der Deutsche Bundestag hat am 25. Juni 2021 das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – MoPeG) beschlossen, welches bereits einen Tag darauf auch den Bundesrat passiert hat. Damit wurde noch vor Ende der laufenden Legislaturperiode eine der ambitioniertesten Reformen des Gesellschaftsrechts der letzten Jahre erfolgreich abgeschlossen.

Begonnen hatte alles mit dem 71. Deutsche Juristentag in Essen im Jahre 2016. Er nahm sich dem teilweise noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden und in weiten Teilen für die Praxis völlig unzureichend geregelten Recht der Personengesellschaften umfassend an und formulierte schließlich die deutliche und von weiten Teilen aus Rechtswissenschaft und Praxis begrüßten Empfehlung, das Personengesellschaftsrecht umfassend zu reformieren und an die Rechtspraxis und das moderne Wirtschaftsleben anzupassen. Im August 2018 wurde daraufhin eine prominent besetze Kommission gebildet, die Reformvorschläge im Detail erarbeitete und diese im April 2020 als sogenannten „Mauracher Entwurf“ (siehe hierzu Update Gesellschaftsrecht 06) präsentierte. Die Vorschläge mündeten im November 2020 in den Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (siehe hierzu Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2020) und dieser in den Regierungsentwurf, der im März dieses Jahres das formelle Gesetzgebungsverfahren eröffnete.

Mit der beschlossenen Reform wurden die derzeit bestehenden Defizite im Personengesellschaftsrecht weitgehend behoben und nun (auch) das Personengesellschaftsrecht, wie es schon der Regierungsentwurf als zentrales Ziel formulierte, an die praktischen Bedürfnisse von Gesellschaften und Gesellschaftern angepasst – dies ist begrüßenswert. Das Reformwerk betrifft dabei alle Gesellschaftsformen und alle Regelungsbereiche des Rechts der Personengesellschaften.

Klarstellung von Grundlagen und Öffnung der Rechtsformen

Das Gesetz regelt zukünftig einige bislang vor allem durch die Rechtsprechung festgelegten Grundlagen und enthält dabei eine Reihe von Klarstellungen, die der Rechtssicherheit und Transparenz dienen. So ist zukünftig die allgemein anerkannte Unterscheidung nicht-rechtsfähiger Innengesellschaften und rechtsfähiger Außengesellschaften, die am Rechtsverkehr teilnehmen und selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen können, ausdrücklich kodifiziert. Es wird dabei klargestellt, dass bei Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen das Bestehen einer solchen Außengesellschaft vermutet wird. Damit ist nun für die Außengesellschaft die Anerkennung der (Teil-)Rechtsfähigkeit durch den Bundesgerichtshof im Jahr 2001 und die Fortentwicklung ihrer sog. Registerfähigkeit ausdrücklich normiert und festgelegt, dass sie selbst Träger des Gesellschaftsvermögens ist. Zudem werden die Organisationsformen der Personenhandelsgesellschaften (OHG und KG) zukünftig für die Freien Berufe geöffnet, wie es Teile der Rechtslehre (hier vor allem Karsten Schmidt) schon seit langem forderten. Daneben werden auch einige von der Rechtsprechung anerkannte Rechtsinstitute, wie die actio pro socio und die Einheits-KG gesetzlich normiert und inhaltlich ausgestaltet.

Regelungen zur Teilnahme am Rechtsverkehr (Außenverhältnis)

Weitgehend neu geregelt wird zukünftig das Außenverhältnis der Personengesellschaften und ihrer Gesellschafter gegenüber Dritten, also die Teilnahme der Gesellschaften am Rechtsverkehr und deren Wechselwirkungen (auch) für deren Gesellschafter. Dies betrifft etwa die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten oder das nun eingeführte Gesellschaftsregister für die (rechtsfähige) Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die Eintragung im Gesellschaftsregister ermöglicht es nun auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, unter Berufung auf die Inhalte des Registers am Rechtsverkehr teilzunehmen und beseitigt daher die nach aktuellem Recht bestehenden Schwierigkeiten beim Nachweis von Existenz der Gesellschaft und Vertretungsrechten, etwa beim Erwerb von Grundstücken; dies war bislang den Personenhandelsgesellschaften vorbehalten. Einheitlich geregelt ist zukünftig die akzessorische Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Das Gesetz enthält dabei neben vieler Klarstellungen auch einige Konkretisierungen und Modifikationen, wie etwa zu Umfang und Reichweite der Haftung ausscheidender Gesellschafter.

Regelungen des Verhältnisses der Gesellschafter untereinander (Innenverhältnis)

Ebenfalls umfassend neu geregelt ist zukünftig das Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Die Bestimmungen sind dabei weitgehend dem Recht der Kapitalgesellschaften angenähert und orientieren sich vielfach an der bereits heute weit verbreiteten Gestaltungspraxis. Dies betrifft einerseits interne Organisationsfragen. So ist nun für Personengesellschaften, wie bei Kapitalgesellschaften, eine grundsätzliche Unterscheidung zwischen der Gesellschafterversammlung, also dem zentralen Willensbildungsorgan der Gesellschafter untereinander, und der Geschäftsführung als Organ zur Vertretung der Gesellschaft im Außenverhältnis vorgesehen; dies entspricht auch der schon heute weit verbreiteten Gestaltungspraxis. Völlig neu ist dagegen etwa die zentrale Entscheidung des Gesetzgebers, dass sich in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung das Stimmverhältnis der Gesellschafter untereinander sowie deren Anteil an Gewinn und Verlust der Gesellschaft zukünftig vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen richten. Gleiches gilt für die gesetzlich bislang nur sehr unzureichend geregelten Entnahmerechte der Gesellschafter; hier bestimmt das Gesetz zukünftig grundsätzlich einen Anspruch aller Gesellschafter auf Auszahlung des gesamten Jahresgewinnes der Gesellschaft. Die Reform sieht zudem eine Reihe von Klarstellungen aber auch inhaltliche Änderungen zur Liquidation von Gesellschaften und dem Ausscheiden einzelner Gesellschafter aus einer Gesellschaft, einschließlich der zukünftig gesetzlich ausdrücklich geregelten Rechtsnachfolge durch den letzten verbleibenden Gesellschafter bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters, vor. Schließlich wird das Beschlusswesen insgesamt neu geregelt und insbesondere auch der Rechtschutz gegen Beschlussmängel für Personenhandelsgesellschaften entsprechend dem für Kapitalgesellschaften geltenden Beschlussmängelrecht ausgestaltet.

Inkrafttreten

Die nun beschlossene Reform des Personengesellschaftsrecht wird in seinen wesentlichen Teilen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Im Regierungsentwurf war dies noch für den Jahreswechsel 2022/2023 vorgesehen. Der Termin wurde nun aber auf Empfehlung des Rechtsausschusses des Bundestages verschoben, um den für die Führung der Gesellschaftsregister zuständigen Ländern zusätzlich Zeit für die technisch-organisatorische Umsetzung zu geben, wie es im Bericht des Ausschusses heißt.

Handlungsbedarf in der Praxis

Weite Teile des Personengesellschaftsrecht bleiben dispositiv ausgestaltet. Die Gesellschafter können also, wie schon bisher, abweichend von den gesetzlichen Regelungen Vereinbarungen zur Organisation ihrer Gesellschaft treffen. Dies betrifft vor allem das (interne) Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander. Hier besteht Handlungsdarf, vor allem, weil bestehende Gesellschaftsverträge mit den teilweise sehr grundlegend geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen harmonisiert werden müssen. Zudem wird es in vielen Gesellschaftsverträgen Regelungsbereiche geben, für die das Gesetz zukünftig konkrete Vorgaben macht, die aber von den Gesellschaftern bislang nicht oder nur unzureichend bedacht wurden. Hier droht nicht nur Konfliktpotenzial, weil sich der Inhalt bestehender gesellschaftsvertraglicher Regelung in Ansehung des neuen Rechts nicht (mehr) eindeutig herauslesen lässt oder neu entstandener Regelungsbedarf unberücksichtigt bleibt. Die Reform dürfte für viele Gesellschaften auch potenziell zu tatsächlichen Änderungen der rechtlichen Beziehungen führen, wenn etwa in Ermanglung konkreter gesellschaftsvertraglicher Regelungen nun die neuen gesetzlichen Vorgaben unmittelbar greifen, möglichweise ohne dass dies den Gesellschaftern bewusst ist oder ihrem Willen entspricht. Dies betrifft etwa die Organisation von Gesellschafterversammlungen und Geschäftsführung oder der Umgang mit streitigen Gesellschafterbeschlüssen (Stichwort: Beschlussmängelrecht), aber potentiell auch die rein wirtschaftlichen Belange der Gesellschafter untereinander. Bestehende gesellschaftsvertragliche Regelungen werden auch für das Verhältnis der Gesellschaft und ihrer Gesellschafter zu Dritten (Außenverhältnis) Anpassungsbedarf aufweisen, etwa hinsichtlich der Vertretung der Gesellschaft oder die Auswirkungen der nun konkretisierten Regelungen zur (Nach-)Haftung der Gesellschafter gegenüber Gläubigern der Gesellschaft. Dies betrifft auch die Regelungen zum Ein- oder Austritt von Gesellschaftern. Schließlich sollten sich die betreffenden Gesellschafter frühzeitig Gedanken machen, ob und unter welchen Rahmenbedingungen sie die Möglichkeiten der Registereintragung der (rechtsfähigen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder die Öffnung neuer Organisationformen (für die Freien Berufe) für ihre gemeinsame Berufsausübung nutzen wollen.

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