Update Investmentfonds Nr. 41
BaFin-FAQ zu den ESMA-Leitlinien für ESG- und nachhaltigkeitsbezogene Begriffe in Fondsnamen
I. ESMA-Leitlinien
Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority, „ESMA“) hat durch die Leitlinien zu Fondsnamen, die ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe verwenden („ESMA-Leitlinien“) verschiedene Voraussetzungen für die Verwendung von ESG- und nachhaltigkeitsbezogenen Begriffen in Fondsnamen statuiert. Auf neu aufzulegende Investmentfonds finden die ESMA-Leitlinien seit dem 21. November 2024 Anwendung. Auch auf am 21. November 2024 bereits bestehende Fonds sind die ESMA-Leitlinien ab dem 21. Mai 2025 anzuwenden.
Die ESMA-Leitlinien legen zum einen fest, in welcher Art und in welcher Höhe ein betroffener Investmentfonds in bestimmte Vermögensgegenstände investieren muss. Zum anderen schreiben die ESMA-Leitlinien die Anwendung zweier Referenzwerte vor, welche Mindestausschlüsse beinhalten. Hierbei handelt es sich um den Referenzwert für den klimabedingten Wandel (Climate Transition Benchmark, „CTB“) und den Paris-abgestimmten EU-Referenzwert (Paris-Aligned Benchmark, „PAB“). Je nach Kategorie des im Fondsnamen verwendeten Begriffs gelten entweder die Mindestausschlüsse des CTB oder die Mindestausschlüsse des PAB. Die ESMA-Leitlinien unterscheiden insoweit zwischen den folgenden drei Begriffskategorien:
- Transition-, sozial- oder Governance-verwandte Begriffe;
- Umwelt- oder Impact-verwandte Begriffe;
- Nachhaltigkeit-verwandte Begriffe.
II. FAQ der BaFin zu ESMA-Leitlinien
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) hat am 2. Dezember 2024 ein FAQ zu den ESMA-Leitlinien publiziert, in dem sie ihre nachfolgend dargestellten Auffassungen zu einigen ausgewählten Fragen und Themen erörtert.
1. Anwendung der ESMA-Leitlinien auf Investmentfonds ohne aktiven Vertrieb
Die ESMA-Leitlinien sind nicht lediglich auf Investmentfonds anzuwenden, die sich in einer Vertriebsphase befinden. Auch auf Investmentfonds, die sich nicht aktiv im Vertrieb befinden, finden die ESMA-Leitlinien Anwendung. Anteile derartiger Investmentfonds können auf dem Zweitmarkt fortlaufend gehandelt werden, sodass auch für diese die Einhaltung der ESG- und Nachhaltigkeitskriterien sichergestellt sein muss.
2. Anwendung der PAB/CTB-Ausschlüsse bei Investitionen in Zielfonds
Hinsichtlich der Investition eines den ESMA-Leitlinien unterliegenden Investmentfonds in einen Zielfonds unterscheidet die BaFin zwischen Investitionen in offene Zielfonds und geschlossene Zielfonds.
Demnach darf ein Investmentfonds Anteile an einem offenen Zielfonds erwerben, der (mangels ESG-Bezug im Fondsnamen) selbst nicht unter die ESMA-Leitlinien fällt und somit auch nicht zwingend deren Voraussetzungen erfüllt. Die für den Investmentfonds relevanten PAB- bzw. CTB-Ausschlüsse müssen nicht in den Anlagebedingungen des offenen Zielfonds vereinbart sein. Ausreichend ist nach Auffassung der BaFin, dass der Zielfonds sich an den in den ESMA-Leitlinien enthaltenen Mindestausschlüssen orientiert, wenn also der überwiegende Teil der Mindestausschlüsse auch auf Ebene des offenen Zielfonds berücksichtigt werden. Aufgrund der Möglichkeit der vorzeitigen Rückgabe der Beteiligung an einem offenen Zielfonds genügt es, wenn die Kapitalverwaltungsgesellschaft des sich am Zielfonds beteiligenden Investmentfonds die (überwiegende) Einhaltung der Mindestausschlüsse durch den Zielfonds auf Basis einer regelmäßigen Berichterstattung überwacht und die Beteiligung verkauft, wenn der Zielfonds die für den Investmentfonds verbindlichen Mindestausschlüsse der ESMA-Leitlinien nicht mehr erfüllt.
Abweichendes gilt für die Investition eines Investmentfonds in einen geschlossenen Zielfonds. Da die vorzeitige Rückgabe der Beteiligung an einem geschlossenen Zielfonds – anders als bei einem offenen Zielfonds – grundsätzlich nicht möglich ist, darf ein den ESMA-Leitlinien unterliegender Investmentfonds in einen geschlossenen Zielfonds nur investieren, wenn dieser die entsprechenden Mindestausschlüsse in seinen Anlagebedingungen festgelegt hat.
3. Einhaltung der PAB/CTB-Ausschlüsse bei Derivaten
Derivate können von einem Investmentfonds nach Auffassung der BaFin gemäß ESMA-Leitlinien zu Absicherungszwecken eingesetzt werden, auch wenn die Derivate nicht zwingend alle relevanten Mindestausschlüsse einhalten. Voraussetzung ist, dass der Absicherungszweck der Derivate transparent dargelegt wird. Zu Investitionszwecken können Derivate hingegen grundsätzlich nur eingesetzt werden, wenn die Mindestausschlüsse gemäß den ESMA-Leitlinien eingehalten werden.
4. BaFin-Empfehlungen für die Umsetzung der ESMA-Leitlinien bei bereits aufgelegten Investmentfonds
Die Vorgaben der ESMA-Leitlinien gelten nicht lediglich für neu aufzulegende Investmentfonds, sondern sollen ab dem 21. Mai 2025 auch von Investmentfonds erfüllt werden, die bereits vor der Geltung der ESMA-Leitlinien, d. h. vor dem 21. November 2024, aufgelegt wurden.
Unter Bezugnahme auf ihre Aufsichtsmitteilung vom 25. Juli 2024 stellt die BaFin klar, dass Anpassungen der Anlagebedingungen von derartigen Investmentfonds zur Umsetzung der ESMA-Leitlinien in der Regel weder als Änderung der Anlagegrundsätze, noch als eine anlegerbenachteiligende Änderung wesentlicher Anlegerrechte eingestuft würden, wenn die betreffenden Anlagebedingungen bereits den Anforderungen der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin hinsichtlich nachhaltiger Investmentvermögen entsprechen würden. Dies hat zur Folge, dass die genehmigten Änderungen bereits binnen einer Tagesfrist in Kraft treten können und dass die Anleger nicht per dauerhaftem Datenträger informiert werden müssten.
Die BaFin gibt die folgenden Empfehlungen, um ein möglichst effizientes Genehmigungsverfahren zu gewährleisten:
- Der Antrag auf Änderung der Anlagebedingungen sollte spätestens am 26. März 2025 bei der BaFin eingereicht werden.
- Die Änderungen der Anlagebedingungen sollten sich auf diejenigen Änderungen beschränken, die aufgrund der ESMA-Leitlinien notwendig sind.
- Die Änderungen der Anlagebedingungen sollten im an die BaFin übersendeten Dokument im Nachverfolgungsmodus kenntlich gemacht werden.
Abweichende Empfehlungen gibt die BaFin für bestehende Investmentfonds, die nicht den Anforderungen der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin hinsichtlich nachhaltiger Investmentvermögen entsprechen. Diese sollen möglichst frühzeitig in eine Vorabstimmung mit den jeweiligen Ansprechpersonen der BaFin treten, um die Änderungen der Anlagebedingungen fristgerecht umsetzen zu können. Bei diesen Investmentfonds prüft die BaFin in jedem Einzelfall, ob die Anpassung an die ESMA-Leitlinien eine Änderung der Anlagegrundsätze oder eine anlegerbenachteiligende Änderung wesentlicher Anlegerrechte bewirkt. In diesem Falle treten die Änderungen nicht binnen einer Tagesfrist, sondern mit einer Frist von vier Wochen in Kraft.