09.01.2024Fachbeitrag

Update Investmentfonds Nr. 37

Update Offenlegungsverordnung: Der ESA-Abschlussbericht zur Änderung der technischen Regulierungsstandards liegt vor

Die europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA (nachfolgend gemeinsam „ESAs“) haben am 4. Dezember 2023 ihren Abschlussbericht zur Änderung der technischen Regulierungsstandards (Delegierte Verordnung (EU) 2022/1288 nachfolgend „RTS“) zur Ergänzung der Verordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Verordnung (EU) 2019/2088 nachfolgend „SFDR“) veröffentlicht.

Die Europäische Kommission prüft nun die RTS-Änderungsentwürfe der ESAs und entscheidet innerhalb von drei Monaten, ob sie diese billigen wird. Die RTS-Änderungsentwürfe sehen verschiedene Änderungen gegenüber den bestehenden RTS vor, von denen insbesondere auch die Mustervorlage für vorvertragliche Informationen gemäß Artikel 8 SFDR und Artikel 9 SFDR (nachfolgend „Product-Templates“) betroffen sind. Im Folgenden wird auf einige ausgewählte Aspekte der RTS-Änderungsentwürfe aus Sicht der Finanzmarktteilnehmer eingegangen.

Hintergrund

Die seit dem 10. März 2021 geltende SFDR hat auf sog. „Level-1-Ebene“ Vorschriften für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater über die Transparenz bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen und bei der Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten festgelegt. Zur näheren Ausgestaltung der Einzelheiten der hieraus resultierenden Offenlegungspflichten sind auf sog. „Level-2-Ebene“ die RTS erlassen worden, die Gegenstand des Abschlussberichtes der ESAs vom 4. Dezember 2023 sind.

Änderungen im Rahmen der Product-Templates

Die RTS-Änderungsentwürfe sehen unter anderem grundlegende Änderungen an den Product-Templates vor.

Aufnahme von Angaben bei Finanzprodukten mit dem Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen

Für Finanzprodukte mit dem Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen sollen nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe in den Product-Templates neue Offenlegungspflichten aufgenommen werden. Nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe soll zusätzlich angegeben werden, wie das Ziel der Reduzierung von Treibhausgasemissionen umgesetzt werden soll; z. B. durch die Investition in Zielunternehmen, bei denen davon ausgegangen werden kann, dass diese die Treibhausgasemissionen ihrer Tätigkeiten reduzieren werden oder durch Portfolioumschichtungen hin zu Vermögensgegenständen mit niedrigerer Treibhausgasemission.

Weiterhin soll auf die angestrebte Reduktion der Treibhausgasemission eingegangen werden, wobei u. a. angegeben werden soll, in welchem Jahr das angestrebte Reduktionsziel planmäßig erreicht wird. Schließlich sollen Angaben dazu erfolgen, ob das Ziel des Finanzproduktes zur Reduktion von Treibhausgasemissionen kompatibel mit dem Ziel der Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau ist.

Entsprechende Angaben sind nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe dann auch in die Jahresberichte für solche Finanzprodukte aufzunehmen, die unter die Transparenzvorschriften von Artikel 8 SFDR oder Artikel 9 SFDR fallen.

Einführung einer Zusammenfassung (sog. „Dashboard“)

Um die Offenlegung im Rahmen der Product-Templates verständlicher und weniger komplex zu gestalten, sehen die RTS-Änderungsentwürfe darüber hinaus die Einführung eines speziellen „Dashboards" vor, welches die wichtigsten Nachhaltigkeitsinformationen über das Finanzprodukt auf der ersten Seite des Product-Templates zusammenfassen soll.

Bei Finanzprodukten, die unter Artikel 8 SFDR fallen, soll im Rahmen einer solchen Kurzzusammenfassung zunächst darauf eingegangen werden, welche ökologischen und/oder sozialen Merkmale in welchem Umfang durch das Finanzprodukt beworben bzw. gefördert werden sollen. Bei Finanzprodukten, die unter Artikel 9 SFDR fallen – d. h. Finanzprodukte, die eine nachhaltige Investition anstreben – soll zunächst das nachhaltige Investitionsziel spezifiziert werden. Diese Kurzzusammenfassung soll jeweils auf maximal 500 Zeichen begrenzt sein.

In dem Dashboard sind nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe weiterhin Angaben zu einer etwaigen Mindestquote nachhaltiger Investments bzw. zu einer etwaigen Mindestquote an ökologisch nachhaltigen Investments im Sinne der Taxonomieverordnung und zu der (Nicht-)Berücksichtigung der wichtigsten negativen Auswirkung der Investition auf Umwelt und Soziales zu machen. Zusätzlich soll angeben werden, ob das Finanzprodukt das Ziel einer Reduzierung von Treibhausgasemissionen verfolgt und die etwaigen Reduktionsziele sollen bereits im Dashboard quantifiziert werden.

Aufnahme neuer sozialer PAI-Indikatoren und Änderung bestehender PAI-Indikatoren

Die ESAs schlagen vor, neue soziale PAI-Indikatoren (indicators for principal adverse impact) zur Berücksichtigung von nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren einzuführen. Diese PAI-Indikatoren sind nach Maßgabe von Artikel 6 der RTS für die PAI-Offenlegung auf Unternehmensebene nach Artikel 4 SFDR heranzuziehen. In der Praxis werden die PAI-Indikatoren aber auch oft für die diesbezügliche Offenlegungspflicht auf Ebene des Finanzproduktes nach Artikel 7 SFDR und in bestimmten Fällen auch zur Einstufung einer Investition als nachhaltig im Rahmen des sog. „DNSH-Prinzipes“ herangezogen. Die sozialen Indikatoren sind in Tabelle 1 und Tabelle 3 des Anhangs I der RTS aufgeführt.  

Nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe sollen neue verpflichtende soziale PAI-Indikatoren in die Tabelle 1, Anhang I RTS aufgenommen werden. Hierzu zählen beispielsweise Umsätze von bestimmten Zielunternehmen in nicht kooperativen Steuerjurisdiktionen, Investitionen in Unternehmen, die im Bereich des Anbaus und der Erzeugung von Tabak tätig sind sowie die Anzahl der Arbeitnehmer der Zielunternehmen, die (nach Maßgabe einer vorgegebenen Definition) unangemessen entlohnt werden.  

Auch bei den zusätzlichen Indikatoren für die Bereiche Soziales und Beschäftigung, Achtung der Menschenrechte und Bekämpfung von Korruption und Bestechung der Tabelle 3 Anhang I RTS sollen nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe neue PAI-Indikatoren aufgenommen werden. Hierzu zählt beispielsweise die unzureichende Beschäftigung von Schwerbehinderten („persons with disabilities“) auf Ebene der Zielunternehmen. 

Weiterhin sehen die RTS-Änderungsentwürfe verschiedene Änderungen hinsichtlich bestehender (auch umweltbezogener) PAI-Indikatoren vor. Hierzu zählt beispielsweise die „Intensität des Energieverbrauchs nach klimaintensiven Sektoren“ bei Investitionen in Unternehmen nach Tabelle 1 des Anhanges I RTS. Die RTS-Änderungsentwürfe sehen insoweit als Messgröße für den Energieverbrauch nun MWh statt GWh vor, da nach Einschätzung des ESA-Abschlussberichtes die Messgröße GWh wenig aussagekräftig für Zwecke eines PAI-Indikators sei.

Änderung der Berechnung des PAI-Indikators für „Immobilien mit schlechter Energieeffizienz“

Im Zusammenhang mit der Erklärung zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen gem. Art. 4 SFDR ist bei Immobilieninvestitionen ein bedeutender Nachhaltigkeitsindikator der Anteil von Immobilien mit schlechter Energieeffizienz. Für Bestandsimmobilien – d. h. vor dem 31. Dezember 2020 errichtete Immobilien – soll hierbei nach Maßgabe der RTS-Änderungsentwürfe für die Bestimmung des Anteils an energieineffizienten Immobilien am Gesamtportfolio auf Energieeffizienzklasse von höchstens D statt bisher höchstens C abgestellt werden. 

Berechnung des Anteils an nachhaltigen Investitionen

Die RTS-Änderungsentwürfe stellen weiterhin klar, dass es möglich ist, den Anteil an nachhaltigen Investitionen auf der Ebene der Wirtschaftstätigkeit oder Ebene der Investition zu berechnen. Entsprechende Vorgaben zur Berechnung des Anteils an nachhaltigen Investitionen sollen im Rahmen eines neuen Artikel 17a in die RTS aufgenommen werden. Nach dieser Vorschrift kann der Anteil an nachhaltigen Investitionen entweder (i) anhand eines „look-through“-Ansatzes in die Wirtschaftstätigkeit des Zielunternehmens oder (ii) auf Investitions- bzw. Unternehmensebene berechnet werden. Insbesondere in Fällen, in denen nur ein Teil der Wirtschaftstätigkeit eines Zielunternehmens nachhaltig ist, wird der look-through-Ansatz die größere Genauigkeit hinsichtlich der Nachhaltigkeit einer Investition liefern. Diesbezüglich ist nach Artikel 17a RTS-Änderungsentwurf offenzulegen, welche der beiden optionalen Berechnungsmethoden herangezogen wurde, wobei die Offenlegung sowohl in den vorvertraglichen Informationen, der periodischen Berichterstattung als auch auf der Webseite des Finanzmarktteilnehmers zu erfolgen hat.

Die entsprechende Klarstellung in Artikel 17a RTS-Änderungsentwurf steht im Einklang mit einer bereits zuvor veröffentlichten Rechtsauffassung der Europäischen Kommission (vgl. Antwort der Europäischen Kommission vom 6. April 2023 auf Seite 6 der konsolidierten Q & A zur SFDR und der RTS vom 17. Mai 2023), so dass mit der Billigung dieser Klarstellung fest gerechnet werden kann. 

Fazit und Ausblick

Finanzmarktteilnehmer müssen die weitere regulatorische Entwicklung bzw. die zu erwartende Änderung der RTS aufmerksam verfolgen, da sich zu gegebener Zeit umfangreicher Aktualisierungs- und Änderungsbedarf hinsichtlich der nach Maßgabe der SFDR geschuldeten Pflichtveröffentlichungen ergeben kann. Bei der Aufnahme neuer und der Änderung bestehender PAI-Indikatoren in den RTS sind insbesondere die Veröffentlichungen nach Artikel 4 SFDR und Artikel 7 SFDR auf Anpassungsbedarf hin zu überprüfen. Soweit Finanzmarktteilnehmer Finanzprodukte anbieten, die unter die Transparenzvorschriften von Artikel 8 SFDR oder Artikel 9 SFDR fallen, wird sich voraussichtlich auch Änderungsbedarf hinsichtlich der vorvertraglichen Informationen bzw. der Product-Templates ergeben. Anpassungsbedarf wird sich insoweit voraussichtlich auch hinsichtlich der periodischen Berichterstattung und der Offenlegungspflichten auf der Internetseite der Finanzmarktteilnehmer ergeben.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die EU-Kommission jüngst eine Konsultation hinsichtlich einer etwaigen Überarbeitung der SFDR selbst vorgenommen hat, so dass auch auf Level-1-Ebene mit weiteren Änderungen zu rechnen ist. Dies betrifft insbesondere die mögliche Einführung eines Produktkategorisierungssystems im Rahmen der SFDR, die bisher lediglich Transparenzvorgaben regeln sollte, in der Praxis aber faktisch auch als Produktklassifizierungssystem genutzt wird. Nach jetzigem Kenntnisstand ist insoweit auf Level-1-Ebene jedoch nicht mit einer Änderung der SFDR vor der bevorstehenden Europawahl im Juni 2024 zu rechnen.

Das sehr hohe Regulierungsniveau und regelmäßige Änderungen an den bestehenden Rechtsvorgaben werden Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater somit auch weiterhin für nicht absehbare Zeit vor besondere Herausforderungen im Zusammenhang mit den Offenlegungspflichten der SFDR stellen.

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