Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 3/2018
Schranken für Wirksamkeitsaussagen auf der Verpackung von Arzneimitteln
Urteil des OLG Frankfurt a.M. vom 24. Mai 2018, 6 U 46/17, abgedruckt in PharmR Heft 8/2018, Seite 411
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich im Frühjahr in einer interessanten Entscheidung mit der Zulässigkeit von ergänzenden Angaben auf Arzneimittelverpackungen befasst. Dafür ist zunächst § 10 Abs. I des Arzneimittelgesetzes (AMG) maßgeblich. Erlaubte ergänzende Angaben auf der Verpackung dürfen keinen „werblichen Überschuss“ aufweisen, denn die Angaben auf Arzneimittelverpackungen sind nicht für werbliche Zwecke gedacht. Auch wenn eine Angabe keinen werbenden Inhalt hat, darf sie selbstverständlich auch weder irreführend sein noch über das zugelassene Anwendungsgebiet hinausgehen („off label“-Werbung). Das gilt auch dann, wenn die Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) im Einzelfall auf diese Angaben keine Anwendung finden.
Ein „werblicher Überschuss“ einer Angabe liegt etwa vor, wenn es z.B. zusätzlich zu der zulässigen Angabe des Verwendungszwecks heißt, das Mittel sei „wirksam“, oder wenn ähnliche anpreisende Hinweise erfolgen.
Im konkreten Fall stritten die Parteien nach §§ 3 und 3a HWG und § 10 Abs. 1 AMG um Angaben auf der Arzneimittelverpackung.
§ 10 AMG als Spezialregelung für Verpackungsangaben
Das Landgericht hatte der Klage teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Das Oberlandesgericht ist dem mit folgenden Überlegungen im Wesentlichen gefolgt:
Da sich alle streitigen Werbeaussagen der Beklagten auf der Umverpackung des Produkts befanden, war grundsätzlich die Spezialregelung des § 10 Absatz I AMG anzuwenden.
Der Bundesgerichtshof hat dazu in anderem Zusammenhang entschieden (GRUR 2009, Seite 990– Metoprolol), dass sowohl Pflichtangaben nach § 10 Absatz I AMG als auch nach § 5 AMG zulässige Verpackungsangaben keine Werbung darstellen.
§§ 3 und 3 a HWG sind daher auf solche Angaben originär nicht anwendbar.
Werbliche Inhalte sind nicht gedeckt
Allerdings sind die Anforderungen an zulässige ergänzende Angaben im Sinne von § 10 Absatz I AMG sehr streng. Angaben mit werblichem Überschuss sind davon per se nicht gedeckt und daher auf der Umverpackung schon deshalb nicht erlaubt. Sie sind im Übrigen nur zulässig, wenn sie für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind. Daran fehlt es jedenfalls, wenn sie vom zugelassenen Anwendungsgebiet nicht gedeckt sind und damit erst recht, wenn sie irreführend sind.
Das gilt auch für Pflichtangaben
Hinzu kommt, dass bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten zu den stets zulässigen Pflichtangaben auch die Angaben zum Verwendungszweck gehören (§ 10 I Nr. 14 AMG). Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass etwa jegliche Angaben, die irgendetwas mit dem Verwendungszweck zu tun haben, als Pflichtangaben steht zulässig sind. Von § 10 I Nr. 14 AMG sind nur solche Angaben zum Verwendungszweck gedeckt, die – wie auch sonstige ergänzende Angaben - keinen Werbecharakter haben. Alles andere ließe sich mit der gesetzlichen Systematik nicht vereinbaren.
Grenzen der Angaben zum Verwendungszweck
Der Verwendungszweck kann durchaus auch mit Worten wiedergegeben werden, der nicht mit dem Text des zugelassenen Anwendungsgebietes übereinstimmt. Das heißt, auf der Verpackung muss nicht zwingend ein im Zulassungsbescheid gewählter Fachbegriff verwendet werden; es darf vielmehr auch ein umgangssprachlicher Begriff gewählt werden, soweit er nicht weiter reicht.
Die Angabe muss sich aber grundsätzlich innerhalb des zugelassenen Anwendungsbereichs bewegen und darf nicht „Off-Label“ werben.
Fazit
Es empfiehlt sich, auch Verpackungsangaben auf Arzneimitteln der regelmäßigen Werbemittelprüfung zu unterziehen, auch wenn sie zunächst nicht aus der Hand der Werbeabteilung stammen. Die Abgrenzung der nach § 10 AMG zulässigen Verpackungsangaben zu werblichen Inhalten ist oft unklar und bedarf sorgfältiger Prüfung.