30.06.2016Fachbeitrag

Update Energie 010

Strommarktgesetz vom Bundestag verabschiedet

Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Strommarktes („Strommarktgesetz“) am 23. Juni 2016 durch den Deutschen Bundestag ist die umfassende Reform des deutschen Strommarktes eingeleitet.

Das Strommarktgesetz ist der gesetzliche Ordnungsrahmen zur Vorbereitung des Strommarktes auf die Energiewende. Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit sowie die kosteneffiziente und umweltverträgliche Weiterentwicklung der Stromversorgung sind zentrale Ziele des Gesetzes. Mit der Verkündung des Strommarktgesetzes ist noch im Sommer 2016 zu rechnen.

Als Rahmengesetz bewirkt das Strommarktgesetz neben Änderungen im EEG 2014 (siehe dazu bereits unser Update Energie Nr. 9) u.a. auch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes („EnWG“), der Stromnetzzugangsverordnung („StromNZV“) und der Reservekraftwerksverordnung:

Freie Strompreisbildung

  • Die freie Strompreisbildung als eines der ausdrücklichen Ziele des EnWG ist neu in § 1 Abs. 4 EnWG verankert. Ergänzend dazu statuiert der neue § 1a Abs. 1 EnWG den Grundsatz, dass sich der Preis der Elektrizität nach wettbewerblichen Grundsätzen frei am Markt bildet und die Höhe der Preise für Elektrizität am Großhandelsmarkt nicht regulatorisch beschränkt wird.

Stärkung der Bilanzkreistreue

  • Zur Stärkung der Bilanzkreistreue stellt der neue § 13 Abs. 5 S. 2 EnWG klar, dass Betreiber von Übertragungsnetzen auch in Situationen hoher Knappheit (in denen An-passungsmaßnahmen gemäß § 13 Abs. 2 EnWG vorgenommen werden müssen) zur Bilanzkreisabrechnung verpflichtet sind. Zudem wird zur Stärkung der Anreize zur Bilanzkreistreue der Regulierungsbehörde im novellierten § 8  Abs. 1 StromNZV die Möglichkeit eröffnet, die Kosten zur Vorhaltung von Regelleistung über die Ausgleichsenergie abzurechnen und diese damit auf die Bilanzkreisverantwortlichen zu verteilen. Bislang wurden diese Kosten auf die Nutzer der Übertragungsnetze umgelegt.

Verlängerung der Netzreserve

  • Das Strommarktgesetz verlängert die Netzreserve über den 31. Dezember 2017 hinaus. Die Grundsätze zur Netzreserve sind im neuen § 13d EnWG normiert. Gemäß der Legaldefinition in Abs. 1 wird die Netzreserve aus Anlagen gebildet, die nach 13b Abs. 4 und 5 EnWG sowie nach Maßgabe der Netzreserveverordnung von den Übertragungsnetzbetreibern zum Zweck der Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems insbesondere für die Bewirtschaftung von Netzengpässen, für die Spannungshaltung und zur Sicherstellung eines möglichen Versorgungswiederaufbaus vor-gehalten werden. Abs. 3 regelt das Verhältnis zur neu eingeführten Kapazitätsreserve. Weitere Detailregelungen finden sich in der Netzreserveverordnung.

Einführung von Kapazitätsreserven

  • Der neu eingefügte § 13e EnWG normiert die Grundsätze der Kapazitätsreserve, die schrittweise ab dem Winterhalb-jahr 2017/2018 außerhalb der Strommärkte gebildet wird. Gemäß der Definition in Abs. 1 liegt eine Kapazitätsreserve vor, wenn die Betreiber von Übertragungsnetzen Reserve-leistung aus Erzeugungsanlagen vorhalten, um im Fall einer Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems Leistungsbilanzdefizite auszugleichen. Die Bildung der Kapazitätsreserve erfolgt im Rahmen eines wettbewerblichen Ausschreibungsverfahrens oder eines hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung gleichwertigen wettbewerblichen Verfahrens (Abs. 2). Weitere Einzelheiten werden künftig in der Kapazitätsreserveverordnung geregelt. Eine entsprechende Verordnungsermächtigung wurde mit § 13h EnWG geschaffen.

Stilllegung und Sicherheitsbereitschaft von Braunkohlekraftwerken

  • Im Interesse des Klimaschutzes werden Braunkohlekraft-werke mit einer Gesamtleistung von 2,7 Gigawatt (dies entspricht laut Gesetzesbegründung etwa 13 % der gesamten in Deutschland installierten Braunkohlekraftwerkskapazität) schrittweise ab Oktober 2016 vorläufig stillgelegt (neuer § 13g EnWG). Die vorläufige Stilllegung erfolgt jeweils für einen festen Zeitraum von 4 Jahren; danach muss die endgültige Stilllegung erfolgen. Während der 4 Jahre dürfen die Übertragungsnetzbetreiber die Anlagen nur zur Sicherheitsbereitschaft einsetzen, um die Systemstabilität zu gewährleisten.

Verbesserung des Monitorings der Versorgungssicherheit

  • Die Novellierung des § 51 EnWG soll das Monitoring der Versorgungssicherheit verbessern. Die Teilung des Monitorings in Bezug auf Erdgas und Elektrizität findet sich künftig auch in der Struktur der Norm wieder. Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in Deutschland werden im Rahmen des Monitorings künftig wesentlich mehr Informationen als bislang berücksichtigt. Auch die Situation auf den europäischen Strommärkten wird einbezogen. Daneben werden weitere Informationen, die für die Versorgungssicherheit von Relevanz sein können, analysiert und berücksichtigt, beispielsweise der Beitrag von Lastmanagement oder grenzüberschreitende Ausgleichseffekte erneuerbarer Energien.

Steigerung der Transparenz: Marktstammdatenregister und nationale Informationsplattform

  • Die Einrichtung und der Betrieb des elektronischen Marktstammdatenregisters durch die BNetzA ist im neuen § 111e EnWG verankert. Das Register soll energiewirtschaftlich relevante Stammdaten (d.h. solche Daten, die weitgehend konstant bleiben) enthalten. Die im Register abzubildenden Daten werden durch Abs. 2 und die Rechts-verordnung nach dem neuen § 111f EnWG konkretisiert. Daneben wird die BNetzA die sogenannte nationale Informationsplattform einrichten und betreiben (neuer § 111d EnWG). Auf dieser elektronischen Plattform stehen der Öffentlichkeit jederzeit aktuelle Informationen zur Verfügung, insbesondere zu der Erzeugung von Elektrizität, der Last, der Menge der Im- und Exporte von Elektrizität, der Verfügbarkeit von Netzen und von Energieerzeugungsanlagen sowie zu Kapazitäten und der Verfügbarkeit von grenz-überschreitenden Verbindungsleitungen.
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