17.03.2017Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 2/2017

Zur Ausschreibungspflicht nicht förderfähiger Teile einer Gesamtbaumaßnahme

Das Oberlandesgericht Celle hat kürzlich einen Beschluss gefasst, der insbesondere für Krankenhäuser interessant sein dürfte, die grundsätzlich keine öffentlichen Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts sind, sondern die von öffentlichen Auftraggebern Mittel in Höhe von mehr als 50 Prozent für die Errichtung von Krankenhäusern gemäß § 99 Nr. 4 GWB erhalten (Beschluss vom 29. November 2016, Az. 13 Verg 8/16).

In dem entschiedenen Fall plante der Auftraggeber die Modernisierung eines Krankenhauses in drei Bauabschnitten. Im ersten Bauabschnitt sollte ein neuer Funktionstrakt mit einem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach gebaut werden.

Der Auftraggeber ist kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 1 bis 3 GWB und daher grundsätzlich nicht zur Einhaltung der vergaberechtlichen Regelungen verpflichtet. Allerdings hat er für den ersten Bauabschnitt von dem zuständigen Ministerium Fördermittel in Höhe von mehr als 50 Prozent erhalten. Damit ist er öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB. Nach § 99 Nr. 4 GWB gelten nämlich unter anderem juristische Personen des privaten Rechts in denjenigen Fällen als öffentliche Auftraggeber, in denen sie für die Errichtung von Krankenhäusern von öffentlichen Auftraggebern Mittel erhalten, mit denen die Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden. Entsprechend hat der Auftraggeber die Bauleistungen für den ersten Bauabschnitt in europaweiten Vergabeverfahren ausgeschrieben.

Kosten für Hubschrauberlandeplatz nicht förderfähig

Lediglich die Arbeiten für den Neubau des Hubschrauberlandeplatzes wollte der Auftraggeber formlos – also außerhalb eines förmlichen Vergabeverfahrens – vergeben. Er begründete dies damit, dass der Hubschrauberlandeplatz von der Förderung durch das Ministerium explizit nicht umfasst gewesen sei und er daher – im Gegensatz zu den übrigen Baumaßnahmen – bezüglich der Vergabe der Bauleistungen für den Hubschrauberlandeplatz nicht als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB anzusehen sei. Zur Beantwortung der Frage, ob das Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werde, sei auf den Hubschrauberlandeplatz als Teilprojekt abzustellen, da sich § 99 Nr. 4 GWB auf ein bestimmtes Bauvorhaben beziehe und der Neubau des Hubschrauberlandeplatzes ein „komplettes Eigenleben“ führe. Es handele sich bei dem Neubau des Hubschrauberlandeplatzes nämlich um ein eigenständiges Projekt, das nicht förderfähig sei, sondern ausschließlich mit Eigenmitteln finanziert werde und auf das das Vergaberecht daher nicht anwendbar sei. Gegen diese Direktvergabe wendete sich ein Unternehmen mit der Argumentation, dass der Hubschrauberlandeplatz Teil der Gesamtbaumaßnahme des ersten Bauabschnitts sei und die Leistungen daher förmlich ausgeschrieben werden müssten. Das OLG Celle gab dem Unternehmen Recht.

Förderfähigkeit nicht entscheidend

Das OLG Celle entschied, dass der Auftraggeber hinsichtlich des gesamten ersten Bauabschnitts einschließlich des Hubschrauberlandeplatzes als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB gelte. Es spiele für die öffentliche Auftraggebereigenschaft keine Rolle, ob die Kosten für einzelne Module förderfähig seien oder nicht. Vielmehr sei für die Frage der überwiegenden öffentlichen Subventionierung auf die Gesamtkosten für den ersten Bauabschnitt inklusive des Hubschrauberlandeplatzes abzustellen. Ansonsten hätte es der Auftraggeber stets in der Hand, die nicht förderfähigen Projektteile ohne förmliches Verfahren zu vergeben, was das Risiko einer Umgehung des Vergaberechts mit sich brächte.

Ausnahme

Anders sehe die Rechtslage ausnahmsweise dann aus, wenn die Fördermittel in den Zuwendungsbescheiden einzelnen Baumaßnahmen zugeordnet seien bzw. wenn die Förderanträge von vornherein spezifische, abgrenzbare Projektteile beträfen. In dem entschiedenen Fall stelle der Hubschrauberlandeplatz allerdings einen wesentlichen Bestandteil der Gesamtbaumaßnahme dar und stehe mit dieser in einem untrennbaren Funktionszusammenhang. Dies ergebe sich schon alleine daraus, dass der Hubschrauberlandeplatz nicht ohne den neuen Funktionstrakt errichtet werden könne, weil er sich auf dessen Dach befinde. Der Hubschrauberlandeplatz führe daher auch in Bezug auf die angestrebte Nutzung entgegen der Auffassung des Auftraggebers kein „komplettes Eigenleben“. Vielmehr handele es sich bei dem ersten Bauabschnitt inklusive des Hubschrauberlandeplatzes um eine einheitliche Baumaßnahme im Sinne von § 3 VgV.

Fazit

Die Frage der überwiegenden öffentlichen Subventionierung im Sinne von § 99 Nr. 4 GWB ist grundsätzlich am Volumen der konkreten Gesamtbaumaßnahme zu prüfen und nicht am Umfang einzelner Module. Dabei kommt es bei der Berechnung der Projektkosten nicht auf die „förderfähigen Kosten“ an, wenn die nicht förderfähige Baumaßnahme einen nicht unwesentlichen Teil der förderfähigen Gesamtbaumaßnahme darstellt und mit dieser in einem untrennbaren Funktionszusammenhang steht (Leitsatz).

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