31.07.2020Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Juli 2020

Kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung in der Quarantäne nach Urlaub in einem Risikogebiet

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Zwar wurde die weltweite Reisewarnung des Auswärtigen Amts für einige europäische Länder am 15. Juni 2020 aufgehoben, derzeit (Stand: 17. Juli 2020, 17:30 Uhr) werden jedoch weiterhin 130 Länder als Risikogebiete eingestuft. Hierzu zählen auch die bei deutschen Urlaubern beliebten Reiseziele Türkei oder USA. Verbringt ein Arbeitnehmer in Zeiten von Corona seinen Urlaub in einem Risikogebiet oder wird ein Urlaubsgebiet während der Urlaubsanwesenheit zum Risikogebiet erklärt, stellen sich bei der Rückkehr arbeitsrechtliche Fragen.
Risikogebiete sind Länder, die nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat als solches eingestuft sind. Die Einstufung basiert dabei insbesondere darauf, ob es in dem jeweiligen Staat bzw. der Region in den letzten sieben Tagen mehr als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner gab. Das Robert-Koch-Institut (RKI) veröffentlicht online eine Liste der Länder, die als Risikogebiete eingestuft wurden.

QUARANTÄNEPFLICHT

Nach den landesrechtlichen Verordnungen sind Personen, die sich in Risikogebieten aufgehalten haben, in der Regel verpflichtet, nach ihrer Rückkehr nach Deutschland unverzüglich und unaufgefordert das zuständige Gesundheitsamt zu kontaktieren, sich auf direktem Wege in häusliche Quarantäne zu begeben und sich dort für 14 Tage „abzusondern“. Verstöße sind bußgeldbewehrt. Für bestimmte Berufsgruppen sowie für Reisen aus triftigem Grund sind regelmäßig Ausnahmen vorgesehen. Hierzu sollen z. B. Reisen aufgrund eines geteilten Sorgerechts oder zur Pflege schutzbedürftiger Personen zählen. Außerdem besteht die Möglichkeit der Befreiung von der Quarantänepflicht durch die Vorlage eines negativen Corona-Tests, der bei der Einreise nicht älter als 48 Stunden sein darf.

QUARANTÄNE AUF KOSTEN DES ARBEITGEBERS?

Eine unmittelbare Rückkehr an den Arbeitsplatz scheidet somit für viele Arbeitnehmer nach der Urlaubsrückkehr aus einem Risikogebiet aus. Wenn darüber hinaus keine Tätigkeit im Home Office erfolgen kann, stellt sich die Frage, welche Auswirkungen die Unmöglichkeit der Arbeitsleistung auf die Vergütungsansprüche des Arbeitnehmers hat. Dabei sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. 

1. Häusliche Quarantäne
Befindet sich ein Arbeitnehmer in häuslicher Quarantäne, hat er grundsätzlich keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Da ihm seine Arbeitsleistung unmöglich ist, geht sein Anspruch auf Entgeltzahlung regelmäßig unter. Dieser wird auch nicht etwa gemäß § 616 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aufrechterhalten. Nach dieser Vorschrift verliert ein Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung gehindert ist. Einen Arbeitnehmer, der seinen Urlaub bewusst in einem Risikogebiet verbringt, wird jedenfalls ein Verschulden an der Arbeitsverhinderung treffen. Etwas anderes kann gelten, sofern das Reiseziel erst nach Reiseantritt als Risikogebiet qualifiziert wird.

Offen ist, ob ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht. Das IfSG sieht bei einer behördlich angeordneten Quarantäne für die Dauer von sechs Wochen einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Verdienstausfalls sowie anschließend in Höhe des Krankengeldes vor. Der Entschädigungsanspruch ist zunächst durch den Arbeitgeber auszuzahlen und wird auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Dem Anspruch des Arbeitnehmers könnte aber entgegenstehen, wenn er sich in Kenntnis der Quarantänepflicht in ein Risikogebiet begeben hat und die Quarantäneanordnung nicht – wie üblich – auf einer Einzelfallentscheidung des jeweiligen Gesundheitsamts beruht. Aus diesem Grund empfiehlt sich für Arbeitgeber daher zunächst eine Abstimmung mit der zuständigen Behörde über die Erstattung, bevor er Leistungen an Arbeitnehmer erbringt.

2. Erkrankung in häuslicher Quarantäne
Wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Erholungsurlaub arbeitsunfähig erkrankt, hat er grundsätzlich unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) Anspruch auf Lohnfortzahlung. Allerdings muss die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für die Arbeitsverhinderung darstellen. Befindet sich der Arbeitnehmer in Quarantäne, bedeutet dies (auch) eine Ursache für die Arbeitsverhinderung. Mangels sogenannter Monokausalität der Krankheit scheidet daher in der Regel ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers während der Quarantäne aus.

PRAXISHINWEIS

Arbeitgeber sollten daher rechtzeitig und vorbeugend Maßnahmen (ggf. in Abstimmung mit dem Betriebsrat) wegen Quarantäne bedingter Abwesenheiten ergreifen. Insgesamt wird eine frühzeitige, transparente und einheitliche Kommunikation zu einem erfolgreichen Urlaubsrückkehrmanagement beitragen. Dabei sollten die Arbeitnehmer auf die aktuellen Einreiseverordnungen der Bundesländer sowie die entsprechenden Informationsseiten zu Risikogebieten hingewiesen werden. Weiter sollte kommuniziert werden, dass während der Quarantäne kein Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht, sondern allenfalls ein Anspruch nach dem IfSG in Betracht kommen kann. Schließlich empfiehlt es sich, die Arbeitnehmer bereits vor Reiseantritt hinsichtlich ihrer Auskunftspflichten zu sensibilisieren und Urlaubsrückkehrer konkret zu Reiseziel und Erkrankungssymptomen abzufragen (vgl. zur Zulässigkeit Update Datenschutz Nr. 73). Zur Information der Arbeitnehmer bietet sich ein Aushang im Betrieb oder eine Bekanntmachung im Intranet an.

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