23.12.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Dezember 2024

Ablehnung eines Teilzeitantrages wegen Einstellung einer Ersatzkraft

LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.09.2024 – 2 SLa 9/24

In der betrieblichen Praxis kommt es häufiger vor, dass Arbeitnehmer eine Reduzierung der Arbeitszeit wünschen. Hier bedarf es dann stets einer Abwägung der gegenseitigen Interessen. Das LAG Rheinland-Pfalz hatte sich jüngst mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen einer Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit betriebliche Gründe entgegenstehen.

Sachverhalt

Der Kläger ist seit dem 1. Dezember 2009 bei der Beklagten als Labortechniker in Vollzeit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden beschäftigt. Er verfügt über eine Berufsausbildung als Energieelektroniker (Fachrichtung Betriebstechnik) und als Fachinformatiker für Systemintegration. Die Beklagte betreibt an einem Standort ein Mahlwerk für Zement und Spezialbindemittel sowie ein weiteres Mahlwerk an einem anderen Standort. Beide Werke werden im vollkontinuierlichen 24-Stunden-Betrieb betrieben, wobei das betriebsinterne Labor an einem Standort ebenfalls durchgehend von montags 06:00 Uhr bis samstags 06:00 Uhr betrieben wird, um die Qualitätssicherung zu gewährleisten.

Der Kläger beantragte am 20. April 2023 die Reduzierung seiner Arbeitszeit von 38 auf 26,6 Stunden pro Woche, wobei er montags bis donnerstags arbeiten und freitags sowie jeden zweiten Montag frei haben wollte. Die Beklagte lehnte dies ab, da die gewünschte Teilzeitbeschäftigung die Organisation und den Arbeitsablauf im Betrieb wesentlich beeinträchtigen würde. Das betriebliche Organisationskonzept der Beklagten sieht vor, dass die Labortechnik durch eine Vollzeitkraft besetzt wird, um die technische Verfügbarkeit der Laborgeräte sicherzustellen. Eine Teilzeitbeschäftigung des Klägers würde dazu führen, dass das Labor an bestimmten Tagen nicht planmäßig besetzt wäre, was die zeitnahe Behebung von Störungen gefährden würde. Die Beklagte hatte zudem nachgewiesen, dass sie sich vergeblich um eine geeignete Teilzeitersatzkraft bemüht hatte.

Mit Urteil vom 20. Dezember 2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Das LAG Rheinland-Pfalz bestätigte das Urteil der ersten Instanz, weil die Ablehnung des Teilzeitverlangens durch die Beklagte rechtmäßig war. Es lagen betrieblichen Gründe vor, die dem Teilzeitverlangen entgegenstanden.

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber, sofern die allgemeinen Voraussetzungen des § 8 TzBfG – wie hier – vorliegen, der gewünschten Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Es genügt, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Dringende betriebliche Gründe sind nicht erforderlich. Die Gründe müssen jedoch hinreichend gewichtig sein. Der Arbeitgeber kann die Ablehnung nicht allein mit seiner abweichenden unternehmerischen Vorstellung von der „richtigen“ Arbeitszeitverteilung begründen.

Die Prüfung der Gründe des Arbeitgebers erfolgt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in drei Stufen. In der ersten Stufe ist festzustellen, ob überhaupt und wenn ja, welches betriebliche Organisationskonzept der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung zugrunde liegt. Organisationskonzept ist das Konzept, mit dem die unternehmerische Aufgabenstellung im Betrieb verwirklicht werden soll. Die Darlegungslast dafür, dass das Organisationskonzept die Arbeitszeitregelung bedingt, liegt beim Arbeitgeber. In einer zweiten Stufe ist zu prüfen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen des Arbeitnehmers tatsächlich entgegensteht. Dabei ist auch der Frage nachzugehen, ob durch eine dem Arbeitgeber zumutbare Änderung von betrieblichen Abläufen oder des Personaleinsatzes der betrieblich als erforderlich angesehene Arbeitszeitbedarf unter Wahrung des Organisationskonzeptes mit dem individuellen Arbeitszeitwunsch des Arbeitnehmers zur Deckung gebracht werden kann. Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden.

Das LAG Rheinland-Pfalz stellte unter Berücksichtigung des vorgenannten Prüfungsmaßstabes fest, dass das betriebliche Organisationskonzept der Beklagten vorsieht, dass die Labortechnik durch eine Vollzeitkraft besetzt wird, um die technische Verfügbarkeit der Laborgeräte sicherzustellen. Eine Teilzeitbeschäftigung des Klägers würde dazu führen, dass das Labor an bestimmten Tagen nicht planmäßig besetzt werden könne, was die zeitnahe Behebung von Störungen gefährden würde. Die Beklagte habe zudem nachgewiesen, dass sie sich vergeblich um eine geeignete Teilzeitersatzkraft bemüht hatte.

Vor diesem Hintergrund war die Klage abzuweisen.

Praxistipp

Die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz verdeutlicht, dass betriebliche Gründe gegen ein Teilzeitverlangen sprechen können, wenn die Organisation und der Arbeitsablauf im Betrieb wesentlich beeinträchtigt werden. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass sie ihre betrieblichen Organisationskonzepte klar darlegen und nachweisen können, dass eine Teilzeitbeschäftigung die betrieblichen Abläufe erheblich stören würde. Nach Abwägung der Interessen kann dann im Ergebnis ein Teilzeitverlangen auch abgelehnt werden.

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