31.03.2025Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2025

Betriebsbedingte Kündigung bei Fortfall eines Großauftrages

LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 15.01.2025 – 3 SLa 156/24

Wenn bei einem Arbeitgeber ein Großauftrag wegbricht, kann dieser dazu gezwungen sein, betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen, um auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu reagieren. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat sich jüngst mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung gerechtfertigt ist, wenn ein Großauftrag wegbricht.

Sachverhalt

Die Klägerin war seit dem 15. Januar 2021 bei dem Beklagten als Disponentin beschäftigt. Aufgrund des Wegfalls eines Großauftrages entschied der Beklagte, keine Disponentinnen mehr zu beschäftigen. Die Klägerin erhielt daraufhin am 15. April 2024 eine betriebsbedingte Kündigung zum 31. Mai 2024. Die Klägerin erhob Kündigungsschutzklage und machte geltend, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei und die Sozialauswahl fehlerhaft erfolgt sei. 

Der Beklagte betreibt ein Unternehmen für die Durchführung von Taxi- und Mietwagenfahrten und beschäftigte zum Kündigungszeitpunkt 23 Arbeitnehmer einschließlich der Klägerin. Bis zum 31. Oktober 2023 führte der Beklagte aufgrund eines Vertrages mit einer Verkehrsgesellschaft nahezu den gesamten Rufbusverkehr im Landkreis Ludwigslust-Parchim als Exklusiv-Leistung durch. Der Wegfall dieses Großauftrages führte zu einem erheblichen Einbruch der Umsätze und der zu disponierenden Fahrten. Kurz- und mittelfristig war keine Besserung der Auftragslage zu erwarten.

Infolgedessen entschloss sich der Beklagte, den drei neben der Klägerin tätigen Disponentinnen die Fortführung des Arbeitsverhältnisses als Fahrerin anzubieten, was diese auch annahmen. Die Klägerin selbst verfügte jedoch über keine Fahrerlaubnis. Zudem entschied sich der Beklagte, die verbleibenden Disponententätigkeiten durch eine Büromitarbeiterin wahrnehmen zu lassen und im Fall der Verhinderung diese selbst auszuführen. Die Klägerin argumentierte, dass die Büromitarbeiterin die verbleibenden Disponententätigkeiten nicht bewältigen könne und die Sozialauswahl fehlerhaft sei. 

Entscheidung

Die Klägerin war mit ihrer Kündigungsschutzklage erfolglos. Das LAG Mecklenburg-Vorpommern entschied in der zweiten Instanz ebenfalls zugunsten des Beklagten und wies die Berufung der Klägerin zurück. Das LAG stellte fest, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt war. Der Wegfall des Großauftrages führe zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs, und die Entscheidung des Beklagten, keine Disponentinnen mehr zu beschäftigen, sei aus Sicht des LAG nachvollziehbar.

Das LAG führte hierzu weiter aus, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, wenn eine unternehmerische Entscheidung auf der Grundlage außerbetrieblicher Umstände zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs im Betrieb führe. Der Beklagte habe dargelegt, dass die verbleibenden Disponententätigkeiten durch eine Büromitarbeiterin und eine neue Arbeitsorganisation abgedeckt werden könne. Die Büromitarbeiterin sei in der Lage, die zu disponierenden Fahrten neben ihren Büroaufgaben zu erledigen, da der Umfang ihrer administrativen Tätigkeiten nach dem Wegfall der Rufbusaufträge deutlich gesunken war.

Die Sozialauswahl sei nicht fehlerhaft, da keine geringere soziale Schutzbedürftigkeit der anderen Mitarbeiterin festgestellt werden könne. Die Klägerin habe nicht darlegen können, dass die Büromitarbeiterin weniger sozial schutzwürdig sei. Das LAG stellte fest, dass die Tätigkeitsinhalte der Büromitarbeiterin nicht mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin vergleichbar seien. Zudem sei die Büromitarbeiterin 22 Jahre älter und ca. 3,5 Jahre länger im Betrieb beschäftigt. Vor diesem Hintergrund sei eine rechtsfehlerhafte Sozialauswahl nicht feststellbar.

Praxistipp

Die Entscheidung des LAG verdeutlicht, dass Arbeitgeber bei betriebsbedingten Kündigungen sorgfältig prüfen müssen, ob dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen und ob die Sozialauswahl korrekt durchgeführt wurde.

Es ist wichtig, dass Arbeitgeber die Umsetzung ihrer betriebsorganisatorischen und arbeitsorganisatorischen Maßnahmen nachvollziehbar darlegen können. Dies umfasst die genaue Darstellung, wie die verbleibenden Aufgaben von den verbleibenden Mitarbeitern ohne überobligatorische Leistungen bewältigt werden können. Zudem sollten Arbeitgeber sicherstellen, dass sie die Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer erfassen, um im Streitfall substantiiert erwidern zu können.

Eine sorgfältige Sozialauswahl ist ebenfalls entscheidend. Arbeitgeber sollten die sozialen Daten der betroffenen Mitarbeiter genau prüfen und dokumentieren, um eine fehlerhafte Sozialauswahl zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, die Vergleichbarkeit der Tätigkeiten und die soziale Schutzbedürftigkeit der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Insgesamt zeigt die Entscheidung, dass eine gründliche Vorbereitung und Dokumentation der unternehmerischen Entscheidungen und deren Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation der Arbeitnehmer unerlässlich sind, um rechtliche Auseinandersetzungen erfolgreich zu bestehen.

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