29.05.2020Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Mai 2020

Lockerungen im Arbeitszeitrecht - Covid-19-Arbeitszeitverordnung

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit am 7. April 2020 die Covid-19-Arbeitszeitverordnung (nachfolgend: Arbeitszeitverordnung) verabschiedet, die ab 10. April 2020 für einen befristeten Zeitraum Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz zulässt.

1. Was regelt die Arbeitszeitverordnung?

Durch die Verordnung werden Lockerungen in Bezug auf die

  • Höchstarbeitszeiten,
  • Ruhezeiten und die 
  • Beschäftigungsverbote an Sonn- und Feiertagen

zugelassen, wenn diese zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Gesundheitswesens und der pflegerischen Versorgung, der Daseinsversorgung oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern notwendig sind. 

Konkret gelten folgende Lockerungen:

  • Erhöhung der werktäglichen Arbeitszeit von bisher zehn auf zwölf Stunden,
    • wenn die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellung oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann
  • Verkürzung der täglichen Ruhezeit um bis zu zwei Stunden
    • Mindestruhezeit von neun Stunden darf nicht unterschritten werden
    • jede Verkürzung der Ruhezeit ist innerhalb von vier Wochen auszugleichen, möglichst durch freie Tage, ansonsten durch Verlängerung anderer Ruhezeiten auf jeweils mindestens dreizehn Stunden
  • Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen mit den unter Ziff. 2 genannten Tätigkeiten ist zulässig, soweit eine Vornahme der Arbeiten an Werktagen nicht möglich ist und die Gewährung eines Ersatzruhetages innerhalb von acht Wochen, spätestens bis zum 31. Juli 2020 erfolgt
    • Regelungen  im Ladenschlussgesetz sowie in Ladenschluss – oder Ladenöffnungsgesetzen bleiben unberührt
  • die wöchentliche Arbeitszeit darf 60 Stunden nicht überschreiten 
    • Überschreitung über 60 Stunden in dringenden Ausnahmefällen, soweit die Verlängerung nicht durch vorausschauende organisatorische Maßnahmen einschließlich notwendiger Arbeitszeitdisposition, durch Einstellung  oder sonstige personalwirtschaftliche Maßnahmen vermieden werden kann

2. Für wen gilt die Arbeitszeitverordnung?

Die Arbeitszeitverordnung gilt nur für ausgewählte Tätigkeiten und damit nicht für alle Branchen. Konkret gilt die Arbeitszeitverordnung für Tätigkeiten

  • a) beim Herstellen, Verpacken, einschließlich Abfüllen, Kommissionieren, Liefern an Unternehmer, Be- und Entladen und Einräumen von
    • aa) Waren des täglichen Bedarfs,
    • ab) Arzneimitteln, Medizinprodukten und weiteren apothekenüblichen Waren sowie Hilfsmitteln,
    • ac) Produkten, die zur Eingrenzung, Bekämpfung und Bewältigung der Covid-19-Epidemie eingesetzt werden,
    • ad) Stoffen, Materialien, Behältnissen und Verpackungsmaterialien, die zur Herstellung und zum Transport der in den Buchstaben a) bis c) genannten Waren, Mittel und Produkte erforderlich sind.
  • b) bei der medizinischen Behandlung sowie bei der Pflege, Betreuung und Versorgung von Personen einschließlich Assistenz- und Hilfstätigkeiten,
  • c) bei Not- und Rettungsdiensten, der Feuerwehr sowie beim Zivilschutz,
  • d) zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden,
  • e) in den Energie- und Wasserversorgungsbetrieben sowie in Abfall- und Abwasserentsorgungsbetrieben,
  • f) in der Landwirtschaft und in der Tierhaltung sowie in Einrichtungen zur Behandlung und Pflege von Tieren,
  • g) zur Sicherstellung von Geld- und Werttransporten sowie bei der Überwachung von Betriebsanlagen,
  • h) zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit von Datennetzen und Rechnersystemen,
  • i) in Apotheken und Sanitätshäusern im Rahmen der zugelassenen Ladenöffnungszeiten und bei erforderlichen Vor- und Nacharbeiten sowie bei Abhol- und Lieferdiensten von Apotheken und Sanitätshäusern.

3. Welche Auswirkungen hat die Arbeitszeitverordnung auf bereits geltende Regelungen?

Das Arbeitszeitgesetz bleibt, soweit die Arbeitszeitverordnung keine abweichenden Regelungen enthält, im Übrigen unberührt. Gleiches gilt für andere Regelungen zum Arbeitsschutz, zum Beispiel im Jugendarbeitsschutzgesetz oder im Mutterschutzgesetz. Auch die Vorschriften zu Lenk- und Ruhezeiten gelten unverändert fort.

Gleiches gilt für tarifvertragliche, betriebsverfassungsrechtliche und arbeitsvertragliche Regelungen zur Arbeitszeit. Stehen diese den Lockerungen der Arbeitszeitverordnung entgegen, bedarf es zur Anwendung dieser Regelungen Verhandlungen zwischen den Tarifvertragsparteien, den Betriebsparteien bzw. den Arbeitsvertragsparteien.

4. Welches Verhältnis besteht zu landesrechtlichen Ausnahmeregelungen?

Einige Bundesländer haben auf Grund der ihnen im Arbeitszeitgesetz eingeräumten Regelungsbefugnissen Allgemeinverfügungen erlassen, die Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz zulassen.

Diese Regelungen gehen zum Teil über die Regelungen der Arbeitszeitverordnung des Bundes hinaus, teilweise sind sie restriktiver. 

Nach der Arbeitszeitverordnung gelten diese landesrechtlichen Regelungen weiter, soweit sie 

  • eine längere werktägliche Arbeitszeit ermöglichen,
  • den Kreis der Tätigkeiten erweitern oder
  • Regelungen betreffen, die nicht Gegenstand der Arbeitszeitverordnung sind, die also nicht die werktägliche Höchstarbeitszeit, die Mindestruhezeit und die Sonn- und Feiertagsarbeit betreffen.

Es lohnt sich damit, einen Blick in die jeweils einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften zu werfen. Unter den Stichworten „Allgemeinverfügung 12 Stunden Schicht Corona“ werden Sie i.d.R. zu den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften im Internet fündig.

5. Wie lange gilt die Covid-19-Arbeitszeitverordnung?

Die Verordnung hat eine Laufzeit bis zum 31. Juli 2020. Allerdings dürften die Ausnahmen zur täglichen Höchstarbeitszeit, zur Mindestruhezeit und zur Sonn- und Feiertagsarbeit nur bis zum 30. Juni 2020 angewendet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Ausgleich bei verkürzter Ruhezeit sowie bei Sonntagsarbeit innerhalb der Laufzeit der Verordnung erfolgt.

6. Fällt mein Betrieb unter den Regelungsbereich der Arbeitszeitverordnung?

Soweit Sie Zweifel haben, ob die von Ihnen durchgeführten Tätigkeiten unter den Regelungsbereich der Arbeitszeitverordnung fallen, kann bei der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde nachgefragt werden, ob eine Beschäftigung nach dieser Verordnung zulässig ist, vgl. § 5 der Arbeitszeitverordnung.

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