Update Investmentfonds 8/2016
Änderung der BaFin-Verwaltungspraxis zum Vertrieb von Investmentanteilen
Die BaFin hat einzelne Aussagen in ihren FAQ – Häufige Fragen zum Vertrieb und Erwerb von Investmentvermögen nach dem KAGB – geändert. Die Änderungen betreffen das weitere Anbieten von Fonds an bereits investierte Anleger und das Anbieten von Fonds, die bereits unter einem bestimmten Namen firmieren. In beiden Fällen geht es um die Frage, wann die Grenze zur (anzeigepflichtigen) Vertriebstätigkeit überschritten ist.
Kein Vertrieb bei weiterem Angebot an bereits investierte Anleger
Was hat sich geändert?
Bisher ging die BaFin davon aus, dass eine Vertriebstätigkeit im Sinne von § 293 KAGB auch dann (gegebenenfalls erstmalig) vorliegt, wenn Anlegern, die bereits in einem bestimmten Fonds investiert sind, weitere Anteile desselben Fonds zum Erwerb angeboten werden. Nunmehr hat sie ihre Auffassung dahingehend geändert, dass bereits investierten Anlegern weitere Anteile angeboten werden dürfen, ohne dass die Vorschriften des KAGB über den Vertrieb Anwendung finden, sofern es sich dabei um Anteile desselben Fonds handelt (Ziffer 1.4 der BaFin FAQ). Hintergrund der Änderung ist eine entsprechende Klarstellung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA in ihren Q&A "Application of the AIFMD" (Section II, Question 3). Hiernach muss ein EU-AIFM keine erneute Vertriebsanzeige einreichen, wenn er weitere Anteile eines EU-AIF anbieten will, sich das Angebot jedoch ausschließlich an solche Anleger richtet, die bereits in dem betreffenden EU-AIF investiert sind.
Obgleich sich die Klarstellung von ESMA dem Wortlaut nach lediglich auf die Frage nach dem Erfordernis einer erneuten Vertriebsanzeige bezieht, differenziert die BaFin nicht danach, ob für den betreffenden Fonds schon einmal ein entsprechendes Vertriebsanzeigeverfahren durchgeführt wurde oder nicht.
Für wen ist die Änderung von Interesse?
Relevant ist die Änderung der BaFin-Verwaltungspraxis vor allem für Verwaltungsgesellschaften, die für den Vertrieb ihrer Fonds im Inland bisher kein entsprechendes Anzeigeverfahren durchgeführt haben. Insbesondere Verwaltungsgesellschaften aus Drittstaaten verzichten häufig auf ein aktives Anbieten ihrer Fonds im Inland, um das hierfür erforderliche, recht umfassende Vertriebsanzeigeverfahren nach § 330 KAGB zu vermeiden. Sie nehmen im Inland ansässige Anleger nur dann in ihre Fonds auf, wenn diese als semiprofessionelle oder professionelle Anleger qualifizieren und die Fondsanteile im Wege der sog. reverse solicitation auf eigene Initiative bei der Verwaltungsgesellschaft nachgefragt haben. Denn in diesem Fall liegt kein Angebot auf Initiative der Verwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag vor, so dass die KAGB-Vorschriften über den Vertrieb – einschließlich des Erfordernisses einer Vertriebsanzeige – keine Anwendung finden (vgl. § 293 Abs. 1 Satz 3 KAGB).
Solche Verwaltungsgesellschaften mussten bisher jedoch stets darauf achten, dass auch der Erwerb weiterer Fondsanteile durch die im Wege der sog. reverse solicitation aufgenommenen Anleger nicht aufgrund eines Angebots seitens der Verwaltungsgesellschaft erfolgte, da dies eine Vertriebsanzeige erforderlich gemacht hätte. Bereits das unaufgeforderte Zusenden des Verkaufsprospekts oder anderer Informations- oder Marketingunterlagen zu dem betreffenden Fonds wurde dabei als Angebot angesehen, sofern damit nicht ausschließlich gesetzliche Informationspflichten erfüllt wurden (vgl. § 293 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KAGB).
Ohne Durchführung eines entsprechenden Vertriebsanzeigeverfahrens durften weitere Anteile desselben Fonds an bereits investierte Anleger bislang folglich nur unter den Voraussetzungen der sog. reverse solicitation, also ausschließlich auf Initiative des Anlegers, ausgeben werden.
Nunmehr dürfen auch solche Verwaltungsgesellschaften, die für ihre Fonds noch kein entsprechendes Vertriebsanzeigeverfahren durchgeführt haben, investierten Anlegern im Inland weitere Anteile desselben Fonds anbieten, ohne dass sie dabei die KAGB-Vorschriften über den Vertrieb beachten oder zuvor ein Vertriebsanzeigeverfahren durchführen müssen.
Sollen jedoch Anteile an Fonds angeboten werden, in die der betreffende Anleger noch nicht investiert ist (einschließlich Folgefonds), sind die Vertriebsvorschriften zu beachten.
Regelvermutung für Vertrieb bei namentlich benannten Fonds
Was hat sich geändert?
Die zweite Änderung der BaFin FAQ betrifft den Vertrieb künftiger Fonds. Bislang wurde eine entsprechende, auf den Absatz künftiger Fonds gerichtete Tätigkeit – Gespräche mit interessierten Anlegern, Zurverfügungstellen von Term Sheets oder Musteranlagebedingungen etc. – von der BaFin bereits immer dann als Vertrieb im Sinne des § 293 KAGB angesehen, wenn der Fonds bereits aufgelegt oder zumindest „angebotsreif“ war – d.h. wenn seine Anlagebedingungen vollständig ausgehandelt waren –, oder aber wenn der Fonds bereits unter einem bestimmten Namen firmierte. Nunmehr hat die BaFin erklärt, dass sie das Firmieren unter einem bestimmten Namen lediglich als (widerlegbare) Regelvermutung dafür ansieht, dass der Fonds bereits aufgelegt oder zumindest angebotsreif ist (Ziffer 1.1 der BaFin FAQ). Die Verwaltungsgesellschaft hat folglich die Möglichkeit, diese Vermutung im Einzelfall zu widerlegen, bspw. wenn sie darlegen kann, dass die Anlagebedingungen des Fonds zum Zeitpunkt der in Frage stehenden (Vertriebs-) Aktivität noch nicht vollständig ausgehandelt waren.
Wann wird die Änderung in der Praxis relevant?
Die Änderung erleichtert insbesondere das Vorab-Marketing von Fonds. Anders als bisher können künftige Fonds potentiellen Interessenten in Präsentationen und anderen Unterlagen bereits mit dem konkreten Fondsnamen vorgestellt werden. Die Verwendung vorläufiger Projektnamen für den Fonds ist nicht mehr erforderlich.
Die Verwaltungsgesellschaft muss allerdings in der Lage sein, darzulegen, dass der Fonds zum Zeitpunkt der Anlegeransprache trotz entsprechender Firmierung noch nicht aufgelegt oder angebotsreif war.