Update Investmentfonds Nr. 2
Änderungen des KAGB durch das OGAWV-Umsetzungsgesetz - Teil 1: Gesamtrechtsnachfolge bei Anlegern von Spezial-AIF und nicht risikogemischten geschlossenen Publikums-AIF
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 3. Juli 2015 einen Referentenentwurf des sog. „OGAW-V Umsetzungsgesetzes“ veröffentlicht, welchen es derzeit mit den Ländern und den Verbänden konsultiert. Anders als der Name vermuten lässt, befasst sich der Referentenentwurf nicht lediglich mit der Anpassung des deutschen Rechts an die Vorgaben der OGAW-V-Richtlinie, sondern enthält darüber hinaus auch weitergehende Änderungen für alternative Investmentfonds (AIF) und deren Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG). Die geplanten Änderungen umfassen unter anderem die Gesamtrechtsnachfolge bei Anlegern von Spezial-AIF und nicht risikogemischten geschlossenen Publikums-AIF, die Einführung von Kreditfonds sowie die Änderungen der Bezugsgröße für Kreditaufnahmen (Leverage), Belastungsgrenzen und Risikomischung.
In den folgenden Wochen werden wir Ihnen in „Update Investmentfonds“ jeweils einzeln die aus unserer Sicht relevantesten geplanten Änderungen im Detail vorstellen.
Beginnen möchten wir mit der geplanten Änderung bezüglich der Gesamtrechtsnachfolge bei Anlegern von Spezial-AIF und nicht risikogemischten geschlossenen Publikums-AIF.
Ausgangslage und bisherige Verwaltungspraxis der BaFin
Maßgeblicher Grund für die im Referentenentwurf eingefügte Gesetzesänderung sind die zwischen der Praxis und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bestehenden unterschiedlichen Auffassungen zu der Frage, ob ein Anleger, der seinen Anteil an ei- nem Spezial-AIF im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (beispielsweise als Erbe) erwirbt, seinerseits als professioneller oder semiprofessioneller Anleger qualifizieren muss. Aufhänger des Streits ist § 1 Abs. 6 des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB). Dieser regelt, dass Anteile an Spezial-AIF nur von professionellen und semiprofessionellen Anlegern im Sinne des KAGB „erworben“ werden dürfen.
Während die Praxis mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des KAGB hierunter lediglich den rechtsgeschäftlichen Erwerb mit der Konsequenz subsumiert, dass per Gesamtrechtsnachfolge eintretende Anleger den Status des professionellen oder semiprofessionellen Anlegers in ihrer Person nicht erfüllen müssen, vertritt die BaFin den Standpunkt, dass sowohl der rechtsgeschäftliche als auch der gesetzliche Erwerb von § 1 Abs. 6 KAGB erfasst sei.
In der Praxis bedeutet dies Folgendes: Qualifiziert der gesetzliche Erwerber nicht als professioneller oder semiprofessioneller Anleger, ist die KVG – um eine Infizierung des Spezial-AIF als Publikums-AIF zu vermeiden – gezwungen, den gesetzlichen Erwerber aus dem Spezial- AIF auszuschließen. Sofern der Gesellschaftsvertrag hierfür noch keine Regelung vorsieht (dies ist ggfs. Insbesondere bei Spezial-AIF der Fall, die vor Inkrafttreten des KAGB aufgelegt wurden), bleibt der KVG nur der Weg des Ausschlusses des Anlegers über das allgemeine Gesellschaftsrecht. Noch nicht abschließend geklärt ist insoweit, ob der fehlende gesetzlich zulässige Anlegerstatus einen wichtigen Grund darstellt, der eine Einziehung der Anteile oder eine Kündigung gegen den Willen des gesetzlichen Erwerbers rechtfertigt. Unabhängig von der Beantwortung dieser Frage liegt es aber ohnehin auf der Hand, dass diese Vorgehensweise für alle Beteiligten höchst unerfreulich ist.
Geplante Änderung
Das BMF hat sich dieser Problematik nun angenommen und im Referentenentwurf eine Änderung aufgenommen, wonach in § 1 Abs. 6 Nr. 2 KAGB am Ende folgender Zusatz eingefügt wird:
„Ein Anleger, der kraft Gesetzes Anteile an einem Spezial- AIF erwirbt, gilt als semiprofessioneller Anleger im Sinne des Absatzes 19 Nummer 33.“ Durch diese Regelung ist der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in den Spezial-AIF eintretende Anleger stets, d.h. ohne weitere Qualifizierung, als semiprofessioneller Anleger anzusehen. Die Regelungen soll laut der Gesetzesbegründung verhindern, dass ein AIF seine Eigenschaft als Spezial-AIF verliert, nur weil eine natürliche Person im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Anteile an dem Spezial-AIF erwirbt.
Einschätzung
Dies ist sehr zu begrüßen. Nicht nur, weil es sowohl der KVG, dem jeweiligen Spezial-AIF samt seiner Anleger sowie dem kraft Gesetzes dazu tretenden Erwerber Rechtsicherheit bietet, sondern auch weil es angesichts der Entstehungsgeschichte des KAGB und allgemeiner Überlegungen eine zutreffende Auslegung bzw. Klarstellung des Gesetzes ist. So wurde der ursprünglich geplante Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 6 KAGB im Rahmen des Finanzausschussverfahrens noch insoweit geändert, dass das „Halten“ von Anteilen durch das „Erwerben“ von Anteilen ersetzt wurde. Hiermit sollte deutlich gemacht werden, dass es maßgeblich auf die Qualifizierung als professioneller oder semiprofessioneller Anleger zum Erwerbszeitpunkt ankommt. Nach dem Erwerbszeitpunkt eintretende Umstände, die die Qualifizierung des Anlegers betreffen, sollten insoweit irrelevant sein. Diese Änderung des Wortlauts fand insbesondere auf Druck der Verbände, die schon damals erkannten, dass zwischen dem rechtsgeschäftlichen Erwerb und dem gesetzlichen Übergang unterschieden werden müsse, seinen Weg in das KAGB. Die jetzt neuerlich geplante Änderung des Wortlauts im Referentenentwurf ist daher eine konsequente Fortführung und Klarstellung dieses Gedankens und wohl eine grundlegende Änderung des Gesetzes.
Auch aus allgemeinen Überlegungen überzeugt die geplante Änderung des BMF, da beispielsweise etwa ein minderjähriger Erbe, der in die Rechtsstellung des Erblassers als Kommanditist in einem Spezial-AIF eintritt, eine lediglich rechtlich vorteilhafte Rechtsposition erbt.
Der oft zitierte Anlegerschutzgedanke greift insoweit nicht. Zudem haben weder der Anleger, noch die KVG oder der Spezial-AIF beim Anteilserwerb im Wege der Gesamtrechtsnachfolge einen Einfluss auf den Erwerb oder den Erwerbszeitpunkt; jeder der Vorgenannten müsste aber die Konsequenzen tragen. Dass dies – auch unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen Risikoverteilung – nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sein kann, drängt sich auf. Die geplante Änderung würde daher für alle Beteiligten ein wünschenswertes Maß an Rechtssicherheit bringen.
Änderungen bzgl. nicht risikogemischter geschlossener Publikums-AIF
Darüber hinaus enthält der Referentenentwurf zudem eine weitere geplante Änderung im Hinblick auf nicht risikogemischte geschlossene Publikums-AIF, § 262 Abs. 2 Nr. 2 lit b) KAGB. Auch hier stellt der Referentenentwurf klar, dass sich am Status des nicht risikogemischten geschlossenen Publikums-AIF nichts ändern soll, wenn ein Privatanleger, der die speziellen Voraussetzungen des § 262 Abs. 2 KAGB nicht erfüllt, kraft Gesetzes Anteile an dem Publikums-AIF erwirbt. Dies ist nach Vorgesagtem konsequent und ebenfalls zu begrüßen.
Keine Änderungen bzgl. Zweitmarkterwerb
Klarstellend möchten wir darauf hinweisen, dass die geplanten Änderungen keinen Einfluss auf die Regelungen der von der KVG zu beachtenden Pflichten bezüglich der Übertragung von Anteilen an einem Spezial-AIF im Rahmen einer Zweitmarkttransaktion haben, vgl. § 277 KAGB. Es bleibt insofern bei der Pflicht der KVG, durch schriftliche Vereinbarung mit den Anlegern oder in den konstituierenden Dokumenten des Spezial-AIF sicherzustellen, dass Anleger ihre Anteile an dem Spezial-AIF nur auf professionelle oder semiprofessionelle Anleger im Sinne des KAGB rechtsgeschäftlich übertragen können.
In der Praxis bietet sich bei Auflegung eines neuen Spezial-AIF an, eine entsprechende Regelung bereits im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, wonach die Übertragung von Anteilen nur nach vorheriger Einwilligung der KVG erfolgen kann. Ist der Spezial-AIF bereits aufgelegt, so muss dies im Nachhinein über eine schriftliche Vereinbarung mit den Anlegern sichergestellt wer- den. Die Einwilligung kann die KVG ihrerseits aber nur und erst dann erteilen, wenn sie sich durch Einholung von Auskünften (idealerweise über einen standardisierten Fragebogen) über den potentiellen Erwerber informiert hat und eine Einstufung als professioneller oder semiprofessioneller Anleger vornehmen kann. Sofern es sich um einen semiprofessionellen Anleger nach Maßgabe des § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit a) KAGB handelt, hat die KVG dem potentiellen Erwerber zudem zusätzlich eine schriftliche Bestätigung über die Einstufung und Bewertung als semiprofessioneller Anleger gem. § 1 Abs. 19 Nr. 33 lit a) ee) KAGB zukommen zu lassen.
Fazit
Es ist zu begrüßen, dass das BMF die in der Praxis bestehenden Bedenken aufgreift und sich diesbezüglich deutlich für mehr Rechts- und Planungssicherheit – auf Seiten der Anleger als auch auf Seiten des AIF und der KVG – entschieden hat; die Umsetzung der geplanten gesetzlichen Änderungen im Referentenentwurf ist im Ergebnis wünschens- und empfehlenswert.