Update Investmentfonds Nr. 25
Änderungen des Kapitalanlagegesetzbuches aufgrund des Fondsstandortgesetzes
Der Bundesrat hat am 28. Mai 2021 dem „Gesetz zur Stärkung des Fondsstandortes Deutschland“ (nachfolgend „FoStoG“) zugestimmt. Durch das FoStoG werden mit Wirkung zum 2. August 2021 zahlreiche Änderungen im Kapitalanlagegesetzbuch (nachfolgend „KAGB“) in Kraft treten, von denen ausgewählte Aspekte im nachfolgenden Beitrag dargestellt werden.
Hintergrund
Durch das FoStoG soll der Finanzstandort Deutschland u. a. wettbewerbsfähiger gemacht werden, ohne dabei das vorhandene aufsichtsrechtliche Schutzniveau zu senken. Zugleich dient das FoStoG der Umsetzung europarechtlicher Vorgaben zum grenzüberschreitenden Vertrieb von Investmentfonds und notwendiger rechtlicher Anpassungen, die im Rahmen des „Sustainable-Finance-Aktionsplans“ der Europäischen Kommission notwendig geworden sind.
Einführung von geschlossenen Spezial-AIF-Sondervermögen
Nach § 139 S. 2 KAGB n. F. dürfen geschlossene inländische Spezial-AIF künftig auch als (nicht selbst rechtsfähige) Sondervermögen aufgelegt werden. Bisher durften geschlossene inländische Investmentvermögen nur als Investmentaktiengesellschaft oder als geschlossene Investmentkommanditgesellschaft aufgelegt werden. Trotz zahlreicher Einwände ist die Einführung von Sondervermögen für geschlossene inländische Publikums-AIF durch das FoStoG unterblieben. Nach Maßgabe des entsprechend anzuwendenden § 92 Abs. 1 KAGB können die dem Sondervermögen gehörenden Vermögensgegenstände nach Maßgabe der Anlagebedingungen im Eigentum der Kapitalverwaltungsgesellschaft oder im Miteigentum der Anleger stehen.
Gegenüber der in der Praxis bis dato weit verbreiteten geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft bietet das geschlossene Sondervermögen aufsichtsrechtlich zahlreiche Vorteile bei dessen Auflegung und Verwaltung. Beispielsweise wird keine Komplementärgesellschaft für den AIF benötigt. Weiterhin entfällt das Erfordernis eines Gesellschaftsvertrages und das der Eintragung der Kommanditisten in das Handelsregister. Im Rahmen der laufenden Fondsverwaltung entfällt das Erfordernis einer Gesellschafterversammlung und Beschlussfassung. Schließlich sind die Anteilsscheine an dem Sondervermögen depotfähig, was insbesondere deren Erwerb und die Übertragbarkeit erleichtert.
Ferner ist in bilanzieller Hinsicht durch das FoStoG eine Erweiterung der Ausnahme von der Konsolidierungspflicht für geschlossene Sondervermögen in § 290 Abs. 2 Nr. 4 Satz 2 HGB eingeführt worden. Das geschlossene Sondervermögen muss somit nicht im Rahmen eines Konzernabschlusses der Kapitalverwaltungsgesellschaft konsolidiert werden.
Einführung des „Pre-Marketings“
Zukünftig werden mit dem Begriff des „Pre-Marketings“ Tätigkeiten gesetzlich erfasst, die vor dem eigentlichen Vertrieb eines Investmentvermögens vorgenommen werden. Pre-Marketing ist nach § 1 Abs. 19 Nr. 29a KAGB n. F. hierbei die durch eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft oder in deren Auftrag erfolgende direkte oder indirekte Bereitstellung von Informationen oder Mitteilung über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte an potenzielle professionelle oder semiprofessionelle Anleger mit dem Ziel festzustellen, inwieweit die Anleger Interesse an einem AIF haben, welcher noch nicht zum Vertrieb zugelassen ist.
306b Abs. 1 KAGB n. F. regelt, unter welchen Voraussetzungen eine AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft Pre-Marketing betreiben kann. Insbesondere ist darauf zu achten, dass die den potenziellen Anlegern zur Verfügung gestellten Dokumente nicht den Eindruck hervorrufen, es handele sich bereits um (weitgehend) finale Verkaufsdokumente. Werden beispielsweise Entwürfe von Verkaufsprospekten bereitgestellt, so dürfen diese u. a. keine Informationen enthalten, die Anlegern für das Treffen einer Anlageentscheidung genügen.
Nach § 306b Abs. 2 KAGB n. F. gilt eine durch einen Anleger innerhalb von 18 Monaten nach der Aufnahme des Pre-Marketings vorgenommene Zeichnung von Anteilen eines AIF, der im Rahmen der Pre-Marketing-Informationen genannt worden ist, als Vertriebsereignis und unterfällt damit den einschlägigen Vertriebsgenehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren nach dem KAGB. Aufgrund dieser Regelung dürfte die zulassungsfreie „reverse solicitation“, bei der ein semiprofessioneller oder professioneller Anleger von sich aus ohne Initiative der AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft ein Anlageprodukt nachfragt, nicht mehr möglich sein, wenn zuvor Pre-Marketing betrieben worden ist und nach Aufnahme des Pre-Marketings noch keine 18 Monate abgelaufen sind.
Nach § 306b Abs. 3 KAGB n. F. hat die AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaft innerhalb von zwei Wochen nach Aufnahme des Pre-Marketings dies gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (nach-folgend „BaFin“) mitzuteilen. Soweit ein Dritter im Inland im Namen einer AIF-Verwaltungsgesellschaft Pre-Marketing betreiben möchte, muss dieser Dritte gemäß § 306b Abs. 6 KAGB n. F. bestimmte aufsichtsrechtliche Qualifikationen erfüllen. Es muss sich hierbei beispielsweise um einen vertraglich gebundenen Vermittler oder um ein Kreditinstitut handeln. Die gewerberechtliche Erlaubnis nach § 34f bzw. 34h GewO ist demgegenüber für die Durchführung von Pre-Marketing nicht ausreichend.
Erfordernis einer besonderen Anlegereinrichtung beim Vertrieb an Privatanleger
Beabsichtigt eine AIF-Verwaltungsgesellschaft Anteile eines AIF im Inland an Privatanleger zu vertreiben, so hat sie gemäß § 306a KAGB n. F. künftig eine besondere Anlegereinrichtung bereitzustellen. Gleiches gilt, wenn eine OGAW-Verwaltungsgesellschaft Anteile an einem OGAW im Inland zu vertreiben beabsichtigt.
Diese Anlegereinrichtung ist gemäß § 306a Abs. 1 KAGB n. F. u. a. mit der Abwicklung von Zeichnungs-, Zahlungs- und Rücknahmeaufträge von Anlegern betraut. Zudem fungiert diese Einrichtung als Kontaktstelle für die Kommunikation mit der BaFin.
Für den Fall des Vertriebs von inländischen OGAW oder AIF an Privatanleger durch eine inländische Kapitalverwaltungsgesellschaft muss diese ausweislich der Regierungs-begründung zum FoStoG keine gesonderte Anlegereinrichtung bereitstellen. In diesem Fall kann die inländische Kapitalverwaltungsgesellschaft die Aufgaben der Anlegereinrichtung selber wahrnehmen.
Einführung neuer Fondskategorien
Durch das FoStoG werden neue Fondskategorien in das KAGB aufgenommen.
So wird gemäß der §§ 260a ff. KAGB n. F. die Fondsstruktur des offenen Infrastruktur-Sondervermögens in das KAGB aufgenommen. Ein solches Infrastruktur-Sondervermögen soll insbesondere Beteiligungen an Infrastruktur-Projektgesellschaften für Kleinanleger ermöglichen. Infrastruktur-Projektgesellschaften sind hierbei gemäß § 1 Abs. 19 Nr. 23a KAGB n. F. Gesellschaften, die nach dem Gesellschaftsvertrag oder der Satzung gegründet wurden, um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften. Als Anlagegrenze für Infrastruktur-Sondervermögen sieht § 260b Abs. 2 Nr. 2 KAGB n. F. unter anderem vor, dass nicht mehr als 10 Prozent des Wertes eines Infrastruktur-Sondervermögens in einer einzigen Infrastruktur-Projektgesellschaft angelegt sein dürfen. Hierdurch wird ein hohes Maß an Risikostreuung hergestellt.
Mit sogenannten „Entwicklungsförderungsfonds“ wird eine weitere neue Fondskategorie in das KAGB eingeführt, bei der üblicherweise öffentliche und private Gelder gebündelt werden. Das wesentliche Merkmal eines Entwicklungsförderungsfonds ist der besondere entwicklungs- und klimapolitische Förderzweck.
Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 19 Nr. 10a KAGB n. F. sind Entwicklungsförderungsfonds Spezial-AIF, die nach den Anlagebedingungen das bei ihnen angelegte Kapital (vorbehaltlich Liquiditäts- und Absicherungsanlagen) ausschließlich in Vermögensgegenstände anlegen, die messbar zur Erreichung von Zielen für nachhaltige Entwicklung gemäß der Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 in Entwicklungsländern bzw. Entwicklungsgebieten beitragen und keines dieser Ziele wesentlich beeinträchtigen.
Entwicklungsförderungsfonds dürfen hierbei gemäß § 292a Abs. 1 KAGB n. F. als offene inländische Spezial-AIF oder als geschlossene inländische Spezial-AIF aufgelegt werden. Für die Darlehensvergabe durch Entwicklungsförderungsfonds sind die Obergrenzen für Kreditvergaben des § 282 Abs. 2 Satz 3 KAGB und § 285 Abs. 2 und 3 KAGB nicht anzuwenden. Nach § 20 Abs. 9a KAGB n. F. dürfen Kapitalverwaltungsgesellschaften für Entwicklungsförderungsfonds neben der Gewährung von Darlehen weiterhin Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere übernehmen. Durch diesen Handlungsspielraum für Verwalter von Entwicklungsförderungsfonds sollen u. a. Nachteile im internationalen Rechtsvergleich abgebaut werden.
Ferner gelten für Entwicklungsförderungsfonds besondere Organisationsvorgaben. Nach § 28a Abs. 1 KAGB n. F. müssen sich Kapitalverwaltungsgesellschaften, die einen Entwicklungsförderungsfonds verwalten, den Anforderungen der Maßgeblichen Prinzipien für Wirkungsmanagement der Internationalen Finanz-Corporation der Weltbankgruppe vom 4. Oktober 2019 unterworfen haben und diese im Hinblick auf die verwalteten Entwicklungsförderungsfonds während der gesamten Laufzeit des Investmentvermögens anwenden, was durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer zu prüfen ist. Die erste unabhängige Überprüfung der vorgenannten Anforderungen hat durch einen geeigneten Prüfer zum Ende des zweiten Geschäftsjahres ab dem Zeitpunkt der Auflegung des Entwicklungsförderungsfonds und im Übrigen jährlich zu erfolgen.
Frist zur Offenlegung von Jahresabschlüssen verlängert
Nach dem neu in das KAGB eingefügten § 159a KAGB n. F. ist der Jahresabschluss einer geschlossenen Publikumsinvestmentkommanditgesellschaft spätestens sechs Monate nach Ende des Geschäftsjahres den Gesellschaftern zur Feststellung vorzulegen. Die Durchführung der entsprechenden Gesellschafter-versammlung ist nach dem Wortlaut von § 159a KAGB n. F. nicht zwingend innerhalb dieser Frist durchzuführen.
Ferner wird gemäß § 160 Abs. 1 KAGB n. F. bei einer geschlossenen Publikumsinvestmentkommanditgesellschaft die Frist zur Offenlegung des Jahresberichtes, dessen Bestandteil der Jahresabschluss ist, auf neun Monate verlängert. § 160 Abs. 1 KAGB a. F. sah für diese Offenlegung noch eine Frist von sechs Monaten vor. Diese Verlängerung der Offenlegungsfrist stellt für Kapitalverwaltungsgesellschaften geschlossener Publikumsinvestmentkommanditgesellschaften eine erhebliche Erleichterung dar, da die knappe Sechsmonatsfrist des § 160 Abs. 1 a. F. KAGB in der Praxis nicht immer einfach einzuhalten war.
Investitionen in Kryptowerte
Nach § 284 Abs. 2 Nr. 2 lit. j) KAGB n. F. dürfen offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen zukünftig in Kryptowerte im Sinne von § 1 Abs. 11 S. 4 des Kreditwesengesetzes zu Anlagezwecken investieren, wenn deren Verkehrswert ermittelt werden kann. Der direkte Erwerb von Kryptowerten für Publikums-AIF ist aus Anlegerschutzgesichtspunkten demgegenüber durch das FoStoG nicht zugelassen worden.
Nach § 284 Abs. 3 Nr. 2 KAGB n. F. dürfen hierbei jedoch nur bis zu 20 Prozent des Wertes des offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen in Kryptowerte angelegt werden. Der Investitionsgegenstand Kryptowert stellt insoweit lediglich eine Beimischung zur Anlagestrategie dar.
Fazit
Das FoStoG hat u. a. die vorgenannten Erleichterungen für die Fondsbranche mit sich gebracht und bestehende Handlungsspielräume erweitert. Allerdings bleibt das FoStoG hinter einigen branchenseitig geforderten Erleichterungen zurück. Dies gilt insbesondere für die aus aufsichtsrechtlicher Sicht vertane Chance, das geschlossene Sondervermögen auch für Publikumsinvestmentvermögen zu ermöglichen.