30.07.2015Fachbeitrag

Update Compliance 15/2015

Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: Bundesregierung beschließt Regierungsentwurf

Das Kabinett hat gestern einen Regierungsentwurf zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen beschlossen. Ärzte, die sich eine bestimmte Verordnungspraxis abkaufen lassen, sollen sich zukünftig strafbar machen. Auch Angehörige anderer Heilberufe sind betroffen.

Rückblick: Im Jahr 2012 hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass Kassenärzte, die sich eine bestimmte Verschreibungspraxis „abkaufen“ lassen, straflos bleiben (Udpate Compliance 118) (Az. GSSt 2/11). Die Entscheidung bedeutete zwar keinen generellen Freibrief für Vertragsärzte (Update 119) ; in bestimmten Konstellationen konnte eine Strafbarkeit begründet werden. Es blieben aber erhebliche Lücken. Im Frühjahr 2015 legte das Bundesjustizministerium daher den Erstentwurf  eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen vor.

Gestern hat nun die Bundesregierung einen leicht überarbeiteten Regierungsentwurf verabschiedet. Dieser sieht die Schaffung zweier neuer Straftatbestände (§ 299a und § 299b Strafgesetzbuch) vor. § 299a soll die Strafverfolgung von Angehörigen von Heilberufen ermöglichen, die sich für die Verordnung, die Abgabe oder den Bezug von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln oder für die Zuführung von Patienten „schmieren“ lassen. Der Bundesjustizminister hatte bei Formulierung dieses Entwurfs vor allem die Prämienzahlung durch Pharmaunternehmen für das Verschreiben bestimmter Medikamente vor Augen. Auch die Teilnahme an von Pharmaunternehmen finanziell unterstützter Forschung oder Fortbildungen wird beispielhaft erwähnt.

Zudem soll bestraft werden, wer sich für die Verletzung einer heilmittelberuflichen Pflicht bezahlen lässt. Diese Tatbestandsvariante nimmt insoweit Bezug auf die spezialgesetzlichen Regelungen für die einzelnen Heilberufe, also insbesondere die Berufsordnungen. Jeglicher Pflichtverstoß gegen berufsrechtliche Vorgaben kann als Anknüpfungspunkt für den Straftatbestand dienen, wenn die übrigen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Damit ist für den Tatbestand ein weiter Anwendungsbereich eröffnet.

Erfasst sind nicht nur Ärzte. Auch Zahnärzte, Apotheker, Tierärzte, psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Gesundheits- und Krankenpfleger, Ergotherapeuten, Logopäden und Physiotherapeuten sind taugliche Täter des geplanten Straftatbestandes.

Spiegelbildlich soll gemäß § 299b auch derjenige bestraft werden, der den Vorteil gewährt.

Kritiker der geplanten Neuregelung bemängeln, dass sich nur Angehörige von Heilberufen wegen Bestechlichkeit strafbar machen können. Insoweit bestehe eine Gesetzeslücke für Mitarbeiter von Arztpraxen, die diesem Berufsstand nicht angehören – etwa den Praxismanager oder das Abrechnungspersonal. Kritisiert wird auch, dass die Straftaten nur auf Antrag verfolgt werden können.

Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzesentwurf nach der Sommerpause Bundestag und Bundesrat passieren wird. Erst ab dann ist das in den neuen Tatbeständen umschriebene Verhalten strafbar.

Praxishinweis: Korruption im Gesundheitswesen schon heute empfindliche Konsequenzen (Update 119) außerhalb des Strafrechts haben kann: Ärzte in kommunalen Krankenhäusern fallen unter Umständen in den Anwendungsbereich des Amtsträgerstrafrechts, können also nach den bereits geltenden Vorschriften bestraft werden. Zudem verbieten es die für Ärzte und sonstige Heilberufler geltenden berufsrechtlichen Regeln, für die Verordnung von Medikamenten ein Entgelt oder andere Vorteile zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen. Und das Heilmittelwerbegesetz sieht schon heute für die Annahme von Zuwendungen und sonstige Werbegaben durch Angehörige der Fachkreise Bußgelder von bis zu 50.000 EUR pro Fall vor.

Die geplante Neuregelung sieht nunmehr die Bestrafung dieser Fälle vor. Es geht nicht mehr nur um berufsrechtliche Konsequenzen und Bußgelder, sondern um Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren.

Unternehmen und Ärzte werden hergebrachte Usancen im Bereich der Provisions-, Geschenke- und Rückvergütungspolitik überdenken müssen, um strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Ärzte, die an anderen Unternehmungen im Gesundheitswesen beteiligt sind, sollten deren Struktur vor Inkrafttreten des Gesetzes kritisch überprüfen.

Als PDF herunterladen
Als PDF herunterladen

Sie benutzen aktuell einen veralteten und nicht mehr unterstützten Browser (Internet-Explorer). Um Ihnen die beste Benutzererfahrung zu gewährleisten und mögliche Probleme zu ersparen, empfehlen wir Ihnen einen moderneren Browser zu benutzen.