09.11.2020Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht/M&A Nr. 12 | Update Investmentfonds Nr. 20

Erwerber eines Kommanditanteils haftet nicht für eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung des Veräußerers

(BGH, 15. September 2020 – II ZR 20/19)

Der Kläger ist Anleger eines Fonds, der im Jahr 2011 als geschlossener Fonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG (nachfolgend „Fonds“) aufgelegt wurde. Der Kläger ist dem Fonds mittelbar als Treugeber über die Gründungs- und Treuhandkommanditistin beigetreten. Im Rahmen des Beitritts hat die Gründungs- und Treuhandkommanditistin die ihr obliegende vorvertragliche Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger verletzt. Im Jahr 2015 veräußerte die Gründungs- und Treuhandkommanditistin ihren Kommanditanteil an dem Fonds an den Beklagten.

Der Kläger begehrt nunmehr von dem Beklagten die Rückabwicklung seiner Beteiligung aufgrund der vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung der Gründungs- und Treuhandkommanditistin.

Leitsatz des BGH

Der Beklagte haftet als Erwerber des Kommanditanteils nicht für die Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten des veräußernden Altgesellschafters, d.h. der Gründungs- und Treuhandkommanditistin des Fonds.

Rechtliche Grundlagen

Haftung als Gründungsgesellschafter

Grundsätzlich obliegen demjenigen, der einen Vertragsschluss anbahnt, gewisse Schutz- und Aufklärungspflichten gegenüber seinem Verhandlungspartner, bei deren Verletzung er auf Schadensersatz haftet. Bei einem Beitritt zu einem Publikumsfonds obliegen diese Pflichten den schon beigetretenen Gesellschaftern, da der Beitrittsvertrag zwischen diesen und dem neu eintretenden Gesellschafter geschlossen wird (Prospekthaftung im weiteren Sinne). Eine derartige Haftung ist ausnahmsweise ausgeschlossen, sofern die bereits beigetretenen Gesellschafter dem Publikumsfonds nach dessen Gründung rein kapitalistisch beigetreten sind und auf die Vertragsgestaltung sowie die Beitrittsverhandlungen erkennbar keinen Einfluss hatten.

Eintritt des Erwerbers in die Rechtsstellung des veräußernden Gesellschafters

Ein Erwerber eines Anteils an einer Kommanditgesellschaft tritt prinzipiell in die Rechtsstellung des veräußernden Gesellschafters (nachfolgend „Altgesellschafter“) ein, die der Altgesellschafter innehatte. Die Rechtsstellung stellt die Rechtsbeziehung des Altgesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis zu der Kommanditgesellschaft, zu deren Vermögen und zu den übrigen Gesellschaftern dar. Insbesondere haftet ein Erwerber für die vor seinem Eintritt in die Kommanditgesellschaft begründeten Verbindlichkeiten des Altgesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Mitgesellschaftern. Dies gilt indes nicht für sog. sonstige Verbindlichkeiten des Altgesellschafters.

Keine Übernahme eines Anspruchs wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung

Der Erwerber haftet nicht für den streitgegenständlich geltend gemachten Anspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung des Altgesellschafters, d. h. der Gründungs- und Treuhandkommanditistin. Bei diesem Anspruch handelt es sich um eine sog. sonstige Verbindlichkeit. Grund hierfür ist, dass die fehlerhafte Aufklärung nicht der Gesellschaft zugerechnet werden kann, da die Pflicht zur vorvertraglichen Aufklärung nicht in dem Verhältnis zwischen dem Altgesellschafter und der Gesellschaft oder den Mitgesellschaftern begründet ist. Die Aufklärungspflicht trifft mithin nur den veräußernden Altgesellschafter und wird folglich im Rahmen des Erwerbs des Kommanditanteils nicht von dem Erwerber übernommen.

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