09.03.2023Fachbeitrag

Update Investmentfonds Nr. 32

„Messbare ökologische Wirkung“ – Irreführende Bewerbung bei Investmentvermögen

LG Stuttgart, Urteil v. 6.2.2023, 35 O 97/22 KfH

Das LG Stuttgart hat der Commerz Real Fund Management S.à.r.l. untersagt, einen von ihr angebotenen Fonds an verschiedenen Stellen auf Internetseiten mit einer messbaren Vermeidung von CO2 durch Investitionen in neue Energien zu bewerben, ohne gleichzeitig eine entsprechende Methode zur Berechnung der Messbarkeit der beworbenen CO2-Einsparung offenzulegen. Darüber hinaus untersagte das LG Stuttgart der Beklagten auch die Werbung mit der Auszeichnung „Bester Asset Manager – ESG Infrastructure“ einer Ratingagentur, sofern dem Verbraucher nicht offengelegt werde, wo dieser sich über die Richtigkeit dieser Behauptung sowie die Hintergründe hierzu informieren könne.

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Art und Weise der Bewerbung eines von der Beklagten angebotenen Investmentvermögens (Fonds) auf verschiedenen Internetseiten. Streitgegenständlich war zum einen die Werbung mit einer messbaren ökologischen Wirkung im Hinblick auf die vom Fonds angestrebte Vermeidung von CO2 und zum anderen die Werbung mit einer von einer Ratingagentur attestierten bestimmten Eigenschaft. Der Fonds investiert schwerpunktmäßig in konkrete Wind- und Solarenergieprojekte zur Stromgewinnung.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V. gegen die Commerz Real Fund Management S.á.r.l. auf Unterlassung einer solchen Bewerbung des Fonds, wobei das LG Stuttgart einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß §§ 8, 3, 5a Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bejahte.

Entscheidung des Landgerichts

Das Landgericht hat der Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V. stattgegeben da die Werbung der Beklagten auf ihren Internetseiten in Bezug auf die Messbarkeit einer ökologischen Wirkung unlauter i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG sei. Eine solche Bewerbung stelle eine irreführende Werbung i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG dar. Das Landgericht bergründete die Entscheidung insbesondere damit, dass die Beklagte im Rahmen dieser Werbung nicht hinreichend über die Methode aufklärte, nach der die die Einsparung von CO2 zu berechnen sei.

Laut Ausführungen des Landgerichts in der Urteilsbegründung hätte die Beklagte den angesprochenen Verkehrskreis darüber aufklären müssen, inwieweit die Vermeidung von CO2 im konkreten Fall tatsächlich „messbar“ gemacht werden kann. Das grundsätzlich nichts objektiv „gemessen“ werden könne, was es nicht gäbe (vermiedener CO2-Ausstoß) sei laut Auffassung des Landgerichts auch dem mit der Werbung angesprochenen Verkehrskreis bekannt, allerdings hätte die Beklagte transparent machen müssen, auf Grundlage welcher Informationen und Annahmen eine Berechnung der CO2-Vermeidung erfolgt. Fehlt eine solche Aufklärung, sei eine entsprechende Werbung vor diesem Hintergrund irreführend i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG. Die Berechnungsgrundlage müsse in diesem Zusammenhang auch unmittelbar im Zusammenhang mit der Werbung offengelegt werden. Eine generelle Verlinkung auf weiterführende Angaben einer anderen Webseite oder Unterwebseite, im konkreten Fall in den „FAQ“, sei hierfür jedenfalls nicht ausreichend.

In Bezug auf eine von der Beklagten im Rahmen der Bewerbung des Fonds verwendete Auszeichnung einer Ratingagentur entschied das Gericht ähnlich. Eine Werbung mit dieser sei ebenfalls unlauter i.S.d. § 3 Abs. UWG, da es sich um irreführende Werbung nach § 5a Abs. 1 UWG handle. Die Beklagte hätte neben der Verwendung der Auszeichnung keine Informationen zur Verfügung gestellt, mit Hilfe derer die Richtigkeit dieser Behauptung sowie die Hintergründe der Auszeichnung durch die Ratingagentur nachvollzogen werden können.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Praxistipp

Der Entscheidung des Landgerichts Stuttgart macht deutlich, dass vor dem Hintergrund der geltenden Offenlegungspflichten nach der seit dem 10. März 2021 geltenden Verordnung (EU) 2019/2088 (Offenlegungs-Verordnung) sowie der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie-Verordnung) auch die Vorgaben des UWG nicht vernachlässigt und im Zusammenhang mit der Erstellung entsprechender Angaben auf der Internetseite von Anbietern von Finanzprodukten im Blick behalten werden müssen.

Anbieter entsprechender Finanzprodukte, insbesondere auch sog. „Impact“-Fonds, die nachhaltige Investitionen i.S.d. Art. 9 Offenlegungs-Verordnung anstreben, sollten die von ihnen auf ihrer Internetseite angegebenen Informationen vor dem Hintergrund dieses Urteils auf Vollständigkeit prüfen und gegebenenfalls insbesondere Informationen zur Berechnung bestimmter Indikatoren, wie z. B. der Vermeidung von CO2 ergänzen.

Vorsicht ist auch im Zusammenhang mit der Verwendung von Auszeichnungen geboten. Wird mit solchen geworben muss nach Auffassung des Landgerichts Stuttgart auch offengelegt werden um was für eine Art Auszeichnung es sich handelt und nach welchen Kriterien diese vergeben wird.

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