04.07.2017Fachbeitrag

Update Compliance 16/2017

Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz in Kraft

Mit der Verkündung des Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften am 23. Juni 2017 hat es der Gesetzgeber also doch noch geschafft: die sich im Entwurf schon abzeichnenden Gesetzesverschärfungen vor allem im Bereich des steuerlichen Verfahrensrechts sind noch vor Beginn des heißen Wahlkampfs nun Realität. Dabei stehen vor allem die sog. Domizilgesellschaften als Vehikel der Steuerumgehung im Fokus. Hier drohen nicht nur Unternehmen, sondern auch Finanzdienstleistern strafbewehrte bzw. bußgeldbewährte Pflichten, wenn sie die im Gesetz normierten Mitteilungspflichten verletzen.

Mit dem vorliegenden Gesetz ist die auf internationaler Bühne in den letzten Jahren vor allem von Deutschland intensiv vorangetriebene Steuertransparenz (automatischer Informationsaustausch im Rahmen der verschärften EU Amtshilferichtlinie, FACTA, BEPS, Finanzkonteninformationsaustausch) nun verfahrensrechtlich auch bei uns angekommen. Der Wegfall des Bankgeheimnisses, die erheblich erweiterten Meldepflichten der Finanzdienstleistungsunternehmen in Bezug auf beratende Zielstrukturen in Drittländern sowie die Identifizierungspflichten der Finanzdienstleistungsunternehmen in Bezug auf Kontoinhaber, Verfügungsberechtigte und wirtschaftlich Berechtigte sollen den staatlichen Behörden erweiterte Ermittlungsmöglichkeiten geben mit dem Ziel, der Steuervermeidung, Steuerumgehung und Steuerhinterziehung wirksam entgegenzutreten.

Steuerpflichtigen mit Beteiligungen im Ausland wird ab 2018 ein erheblicher bürokratischer mehr Aufwand zugemutet, da sämtliche Beteiligungen unter Bußgeldandrohung zu melden sind, wenn der Steuerpflichtige mindestens 10 % am Kapital oder Vermögen mittelbar oder unmittelbar beteiligt ist oder die Summe seiner Anschaffungskosten für alle Beteiligungen mehr als 150.000 € beträgt. Um der Finanzverwaltung die Arbeit zu erleichtern, ist die Mitteilungsverpflichtung gekoppelt an eine verlängerte Aufbewahrungsverpflichtung sowie eine verlängerte Verjährungsfrist für die Festsetzung von Steuern. Für den Fall, dass eine Drittlandsgesellschaft (außerhalb EU und EWR) für Steuerhinterziehung genutzt wird (Verschleierung von Einkünften), liegt ein Fall der schweren Steuerhinterziehung vor, die nicht selbstanzeigefähig ist.

Mit dem Gesetz wird den Finanzdienstleistungsunternehmen nicht nur eine bußgeldbewährte Mitteilungspflicht für die Fälle auferlegt, in denen Kontakte zu Domizilgesellschaften in Drittstaaten an inländische Steuerpflichtige vermittelt werden. Hinzu kommt eine gegenüber dem Entwurf deutlich erweiterte Aufgabenstellung zur Identifizierung von Personen, die in Bezug zur verwalteten Kontoverbindung stehen.

Es steht damit den verpflichteten Unternehmen ein erheblicher bürokratischer Mehraufwand ins Haus, der nicht nur wegen der Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe und unklarer Formulierungen Herausforderungen mit sich bringt sondern auch deshalb fragwürdig ist, weil nicht alle personenbezogenen Daten von steuerlicher Relevanz sind. So erfordert sowohl der nicht legal definierten Begriff „beherrschender oder bestimmender Einfluss“ als auch der Begriff „von ihnen hergestellte(n) oder vermittelte(n) Beziehung“ eine Konkretisierung, um die Verpflichtungen mit Leben zu füllen.

Schließlich ist die Verpflichtung der Finanzdienstleistungsunternehmen zur Identifikation von Verfügungsberechtigten vollkommen praxisfern. Unternehmen, die Kunden bei Kreditinstituten sind, haben regelmäßig eine große Anzahl von Personen als Verfügungsberechtigte bei Geschäftskonten gemeldet. Ihre verpflichtende Erfassung schießt deutlich über das Ziel des Gesetzes hinaus, Steuerhinterziehungssachverhalte zu ermitteln. Diese Personengruppe ist daher konsequent auch nicht Bestandteil der internationalen steuerlichen Transparenzrichtlinien FACTA und CRS. Die den Finanzinstituten zusätzlich aufgebürdete Pflicht zur Feststellung der steuerlichen Identifikationsnummer erhöht die mit dem Gesetz zusammenhängenden Bürokratiekosten enorm, zumal die Sinnhaftigkeit und Praxisnähe dieser Verpflichtung ebenfalls infrage steht und in der bisher vorliegenden Kommentierung nicht umsonst auf deutliche Kritik stößt.

Achtung: Der Gesetzgeber hat das Gesetzgebungsverfahren zu weiteren, im ursprünglichen Entwurf nicht enthaltenen aber vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen genutzt:

  • Es wurde eine Besteuerungslücke im Erbschaftssteuergesetz hinsichtlich der Besteuerung von Abfindungen geschlossen, die ein Erbprätendent dafür erhält, dass er die Erbenstellung eines anderen nicht mehr bestreitet.
  • Darüber hinaus sind Änderungen im Investmentsteuerreformgesetz durchgeführt worden.
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