26.01.2017Fachbeitrag

Update Vertriebsrecht Nr. 1

Ab 1. Februar 2017 neue Informationspflichten für Unternehmer nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

In Umsetzung der EU-Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten trat bereits am 01.04.2016 das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) in Kraft. Ab dem 01.02.2017 müssen Unternehmer, die eine Webseite unterhalten oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gegenüber Verbrauchern verwenden, darauf hinweisen, ob sie an einem Verbraucherschlichtungsverfahren nach dem VSBG teilnehmen oder nicht.

Nach dem VSBG können seit dem 01.04.2016 Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag vor privaten oder staatlichen Stellen ausgetragen werden. Das VSBG bezweckt die Gewährleistung einer unabhängigen, effizienten und für den Verbraucher unabhängig vom Verfahrensausgang grundsätzlich kostenfreien Konfliktlösung.

Grundsatz: Freiwilligkeit des Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens

Das VSBG begründet keine Exklusivität der Verbraucherstreitbeilegung. Verbraucher sind nicht verpflichtet, das dort geregelte Verfahren zu nutzen. Sie können ihre Ansprüche stattdessen vor einem staatlichen Gericht oder in einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung verfolgen. Diese Möglichkeit besteht auch noch nach Abschluss eines Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens. Auch Unternehmer sind grundsätzlich nicht zur Teilnahme oder Einleitung eines Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens verpflichtet. Ausnahmsweise kann sich eine solche Pflicht aber z.B. aus dem Gesetz (z.B. § 111b EnWG) oder aufgrund von Schlichtungsabreden ergeben oder aufgrund der Satzung des Trägervereins einer Schlichtungsstelle, dem sie als Mitglied angehören.

Strenge Informationspflichten zur allgemeinen Konfliktbehandlung ab dem 1. Februar 2017

Ab dem 1. Februar 2017 ist der Unternehmer verpflichtet, seine künftigen Vertragspartner, soweit es sich bei diesen um Verbraucher handelt, über seine Positionierung in der neuen Streitbeilegungslandschaft zu informieren: Das bedeutet, dass der Unternehmer den Verbraucher entweder darüber zu unterrichten hat, inwieweit er ohne entsprechende Verpflichtung bereit oder (..) verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Ist der Unternehmer zu einer Teilnahme weder verpflichtet noch bereit, hat er dies ausdrücklich zu erklären (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG).

Wenn sich der Unternehmer zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle verpflichtet hat oder wenn er auf Grund von Rechtsvorschriften zur Teilnahme verpflichtet ist, muss der Unternehmer auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen; der Hinweis muss Angaben zu Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle sowie eine Erklärung des Unternehmers, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, enthalten (§ 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG).

Informationspflichten bestehen nur bei Verwendung von Webseiten und AGB

Aus praktischen Gründen gilt die Informationspflicht nur dann, wenn ein Unternehmer eine Webseite unterhält oder AGB verwendet. In diesen Fällen muss der Hinweis auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle jedenfalls auf der Webseite enthalten sein und zusammen mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zur Kenntnis gegeben werden. Unternehmern, die weder eine Webseite haben noch AGB verwenden, steht es frei, Verbraucher ggf. auf andere Weise über ihre Teilnahmebereitschaft oder -verpflichtung zu informieren. Sie sind insbesondere nicht daran gehindert, mit ihrer Bereitschaft zur Teilnahme an Verbraucherstreitbeilegungsverfahren zu werben.

Die nach dem VSBG verpflichtenden Informationen müssen formellen Anforderungen genügen. Die Informationen müssen für den Verbraucher leicht zugänglich, klar und verständlich sein. Es ist daher ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung des Hinweises zu legen.

Die §§ 36 f. VSBG sind nicht mit einer Straf- oder Bußgeldsanktion bedroht. Schadensersatzansprüche wegen nicht erteilter Informationen dürften regelmäßig am Strenge Informationspflichten zur allgemeinen Konfliktbehandlung ab dem 1. Februar 2017 Informationspflichten bestehen nur bei Verwendung von Webseiten und AGB Schadensnachweis scheitern. Bei Missachtung der Informationspflichten können jedoch Abmahnungen und Unterlassungsklagen drohen (§ 2 Abs. 1, 2 Nr. 12 Unterlassungsklagengesetz - UKlaG n.F.).

Ausnahmen von der Informationspflicht

Ausgenommen von der Informationspflicht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 VSBG (nicht aber nach § 36 Abs. 1 Nr. 2 VSBG!) sind Unternehmer, in deren Betrieb bis zum Stichtag des 31. Dezember des Vorjahres nicht mehr als zehn Personen (nach Kopfzahl) beschäftigt waren. Das bedeutet, dass kleine Unternehmen mit Beginn eines jeden Kalenderjahrs genau prüfen sollten, inwieweit sie zur Einstellung der Informationen nach § 36 Abs. 1 VSBG auf ihre Webseite oder zur Information zusammen mit ihren AGB verpflichtet sind.

Rechtliche Bedeutung der Erklärung

Die öffentlich abgegebene Erklärung, im Konfliktfall zu einer Verbraucherschlichtung bereit zu sein, ist für den Unternehmer verbindlich. Nimmt der Unternehmer anschließend nicht aktiv an dem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren teil, kommt es zu den gesetzlich vorgesehenen Folgen (z.B. Vorschlag nach Aktenlage, Beendigung des Verfahrens; vgl. § 15 Abs. 2 VSBG). Ein Rechtsverlust tritt dadurch zwar nicht ein. Auch ein denkbarer Schadensersatzanspruch des Verbrauchers wegen Verletzung der Schlichtungsabrede dürfte mangels nachweisbaren Schadens des Verbrauchers in der Praxis kaum eine Rolle spielen. Der Imageschaden für den Unternehmer dürfte allerdings größer sein, als wenn er von vornherein erklärt hätte, nicht zu einem Verfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit zu sein.

Kriterien für die Bereitschaft zur Teilnahme an einem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren

Für die Erklärung der Bereitschaft zur Teilnahme an einem Verbraucherstreitbeilegungsverfahren spricht, dass der Unternehmer damit u.U. zeit- und kostenaufwendige Gerichtsverfahren vermeiden kann. Ein nicht zu unterschätzender Nachteil für den Unternehmer besteht jedoch darin, dass die Kosten des Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens – unabhängig vom Ausgang – von ihm zu tragen sind. Das VSBG macht für das Entgelt, welches die VS-Stelle berechnen kann, keine konkreten Vorgaben; es muss lediglich „angemessen“ sein (§ 23 Abs. 2 VSBG). Gemäß § 31 VSBG, der für die (vorläufig nicht errichteten) Universalschlichtungsstellen der Länder eine Gebührenstaffel vorsieht, liegt die Gebühr im unteren Segment mitunter deutlich über dem Streitwert. Da die Verbraucher das Verfahren ohne Kostenrisiko betreiben können und selbst durch einen vermittelnden Schlichtungsvorschlag nicht an einer anschließenden Klage gehindert sind, kann es zu sog. free riding-Effekten, d.h. einer Übernutzung des kostenlosen Angebots, kommen, so dass die uneingeschränkte Bereitschaft zur Teilnahme an einem (an sich erwünschten) Verbraucherstreitbeilegungsverfahrens den Unternehmer teuer zu stehen kommen kann. Zur Vermeidung dieses Dilemmas bietet es sich für den Unternehmer an, seine Bereitschaft zur Teilnahme an einem Verbraucherschlichtungsverfahren auf einen Mindeststreitwert beschränken.

Fazit

Die Missachtung der ab dem 01.02.2017 geltenden Informationspflichten ist zwar nicht straf- oder bußgeldbewehrt. Dennoch ist es ratsam, auf die Beachtung der Vorschriften hinzuwirken, weil sonst Abmahnungen und Unterlassungsklagen drohen. Aufgrund der großen Publizität der neuen Schlichtungsangebote ist auch damit zu rechnen, dass die Konfliktbehandlung zu einem bedeutenden Marketingfaktor wird. Bei der Umsetzung der Informationspflicht sollte mit Sorgfalt auf die formellen und materiellen Voraussetzungen geachtet werden. In engen Grenzen bestehen für den Unternehmer Gestaltungsmöglichkeiten, um unerwünschte Nebeneffekte einer generellen Bereitschaft zur Teilnahme an Verbraucherstreitbeilegungsverfahren zu vermeiden.

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