Update Arbeitsrecht Dezember 2019
Aktuelle Änderungen im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht – eine Auswahl
Der Jahreswechsel steht vor der Tür. Dies möchten wir zum Anlass nehmen, auf ausgewählte gesetzliche Neuregelungen im Arbeits- und Sozialrecht hinzuweisen, die kürzlich in Kraft getreten sind bzw. im I. Quartal 2020 in Kraft treten werden.
Zunächst wird mit dem Jahreswechsel der gesetzliche Mindestlohn erneut angepasst. Dieser steigt von derzeit € 9,19 (brutto) mit Wirkung zum 1. Januar 2020 auf € 9,35 (brutto).
Ebenfalls zum 1. Januar 2020 wird erstmalig eine gesetzliche Mindestvergütung für Auszubildende eingeführt. Durch das Gesetz zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung wird in § 17 Berufsbildungsgesetz (BBIG) eine monatliche Mindestvergütung für Auszubildende festgeschrieben, die ihre Berufsausbildung nach dem 1. Januar 2020 beginnen. Danach wird die monatliche Mindestvergütung im ersten Ausbildungsjahr € 515 (brutto) betragen. Die Einstiegsvergütung steigt dabei jährlich an. Sie beträgt im Jahr 2021 € 550, im Jahr 2022 € 585 und im Jahr 2023 € 620. Auch im Laufe der Ausbildung erhöht sich die Mindestvergütung der Auszubildenden. Sie steigt im zweiten Ausbildungsjahr um 18 %; im dritten Ausbildungsjahr um 35 % und im vierten Ausbildungsjahr um 40 %. Durch Tarifvertrag kann regional oder in bestimmten Branchen auch nach unten von der gesetzlichen Mindestvergütung abgewichen werden.
Zum 1. Januar 2020 steigen überdies sämtliche Beitragsbemessungsgrenzen. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Kranken- und Pflegeversicherung steigt von € 54.450 auf € 56.250 jährlich bzw. von € 4.537,50 auf € 4.687,50 monatlich. Die Beitragsbemessungsgrenze in der Renten- und Arbeitslosenversicherung steigt im Westen von € 80.400 auf € 82.800 jährlich bzw. € 6.700 auf € 6.900 monatlich und im Osten von € 73.800 auf € 77.400 jährlich bzw. von € 6.150 auf € 6.450 monatlich. Der durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung wird ebenfalls leicht erhöht (von 0,9 % auf 1,1 %). Eine Erhöhung haben auch die Sachbezugswerte für freie Verpflegung und Unterkunft erfahren. Im Jahr 2020 wird der Monatswert für Verpflegung € 258 betragen, der Monatswert für Unterkunft und Miete wird auf € 235 festgelegt. Gesenkt wird hingegen der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von derzeit 2,5 % auf 2,4 % im Jahr 2020.
Das am 23. November 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Einführung einer Nachunternehmerhaftung in der Kurier-, Express- und Paketbranche zum Schutz der Beschäftigten vom 15. November 2019, auch Paketboten-Schutz-Gesetz, führt – dem Namen folgend − eine sogenannte Nachunternehmerhaftung in der Paket-Branche ein, die dem Schutz der Paketboten dienen soll. Diese Haftung beinhaltet eine Verpflichtung desjenigen Unternehmers, der sich zur Erfüllung seiner Aufgaben eines Nachunternehmens bedient, zur Übernahme von Zahlungen der Sozialbeiträge für Mitarbeiter dieser Subunternehmen, wenn diese keine oder in zu geringem Umfang Sozialversicherungsbeiträge abführen. Etwa die Hälfte der Paketdienste am deutschen Arbeitsmarkt soll nach Schätzungen der Bundesregierung nahezu ausschließlich mit Nachunternehmen arbeiten. Mit dem Paketboten-Schutz-Gesetz soll das Ziel der Beitragsehrlichkeit gefördert werden. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die Generalunternehmen aufgrund des zu befürchtenden Eintritts für die Zahlung des Mindestlohns und der Sozialversicherungsbeiträge seiner Subunternehmen verstärkt dazu angehalten werden, die Zuverlässigkeit dieser Unternehmen bei Lohnzahlungen und der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu überprüfen. Das Gesetz sieht indes eine Ausnahme für den Fall vor, dass das eingesetzte Subunternehmen seine Sozialbeiträge in der Vergangenheit immer ordnungsgemäß abgeführt hat. Hier besteht die Möglichkeit für die Generalunternehmen eine sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung von Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften ausstellen zu lassen, so dass im Ergebnis eine Haftung für das jeweilige Nachunternehmen auch dann ausscheidet, wenn dieses im Rahmen der Tätigkeit für den Generalunternehmer gegen seine Pflicht zur Abführung der Beiträge verstoßen sollte.
Ebenfalls eine Verbesserung sollen die Arbeitsbedingungen in der Pflegebranche erfahren. Diesem Ziel dient das neue Gesetz für bessere Löhne in der Pflege – das Pflegelöhneverbesserungsgesetz. Dieses eröffnet die Möglichkeit, branchenweite Tarifverträge oder höhere Pflegemindestlöhne durch Rechtsverordnungen, die auf den Empfehlungen einer ständigen Pflegekommission beruhen, einzuführen. Hintergrund des Gesetzes ist der stetig steigende Bedarf an Pflegekräften in Deutschland bei gleichzeitig immer mehr unbesetzt bleibenden Stellen. Mit der Einführung von branchenweiten Mindestlöhnen soll, so der Gesetzgeber, eine Aufwertung der Arbeitsbedingungen nunmehr einfacher und schneller vorangetrieben werden. Für das Voranbringen spürbarer Verbesserungen sei, so die Regierungsvorlage, die Tarifvertragslösung im Rahmen von § 7a Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG) am besten geeignet. Dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird zu diesem Zweck die Möglichkeit eingeräumt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit, ohne Zustimmung des Bundesrates, Tarifverträge auf die gesamte Pflegebranche zu erstrecken. Hierzu wird eine dauerhafte Pflegekommission errichtet, die insbesondere Empfehlungen zu Mindestlöhnen sowie zum Urlaubsumfang aussprechen kann. Angesichts der großen Bedeutung der kirchlichen Träger in der Pflege erhalten die von den Kirchen bisher benannten Kommissionen die Gelegenheit, sich zu den beabsichtigten Neuerungen der ständigen Pflegekommission zu äußern. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann dann aufgrund einer Empfehlung der Pflegekommission durch Rechtsverordnung über § 11 AEntG ohne Zustimmung des Bundesrates entscheiden, dass die vorgeschlagenen Neuerungen auf alle Arbeitsverhältnisse in der Pflege Anwendung finden. Im Falle von einem sich widersprechenden Tarifvertrag auf der Grundlage von § 7a AEntG und einer Rechtsverordnung nach § 11 AentG, kommt der tarifvertraglichen Regelung Vorrang zu. Das Gesetz ist am 29. November 2019 in Kraft getreten.