Update Arbeitsrecht Juli 2022
Aktuelle Möglichkeiten der Erwerbsmigration russischer Staatsangehöriger nach Deutschland
Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt in Russland. Viele junge, oft gut ausgebildete Russen möchten das Land verlassen und versuchen Arbeitsvisa für Deutschland zu erhalten. Diese Möglichkeit steht russischen Staatsangehörigen weiterhin offen. Die deutschen Auslandsvertretungen in Russland, so z.B. die deutsche Botschaft in Moskau selbst, sind weiterhin geöffnet und eine Visa-Beantragung ist möglich. Liegen also die Voraussetzungen für den Aufenthaltstitel vor, z.B. ein in Deutschland anerkannter bzw. als vergleichbar anerkannter akademischer Abschluss und ein lokaler (deutscher) Arbeitsvertrag, steht einer Visa-Erteilung grundsätzlich nichts entgegen.
Zuständigkeit der Auslandsvertretung
Seit Februar 2022 haben viele Russen das Land aus unterschiedlichen Gründen verlassen. Diese Menschen sind oft in Länder wie Georgien oder Montenegro gereist, wo Russen ohne vorheriges Visum einreisen können. Von dort versuchen sie unter anderem nach Deutschland einzureisen. Hierfür ist in jedem Fall ein Visum notwendig.
Grundsätzlich muss das Visum zur Einreise nach Deutschland bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung beantragt werden. Dies ist grundsätzlich die Botschaft bzw. das Konsulat, welches für den Wohnort des Antragstellers zuständig ist. Nach Russland zurückzukehren, um dort bei der deutschen Botschaft in Moskau den Visum-Antrag einzureichen, ist für diese Menschen faktisch jedoch oft nicht möglich. Bei der deutschen Auslandsvertretung in Georgien oder Montenegro, werden diese Menschen aber wegen fehlendem Wohnnachweis und fehlender Aufenthaltsberechtigung oftmals direkt abgewiesen.
Der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts, welcher für den Ort des Antrags entscheidend ist, kann sich aber auch rein faktisch verschieben. Wenn die ursprüngliche Adresse in Russland aufgegeben wurde, kann sich der Aufenthalt in dem anderen Land schnell verfestigen. Wichtig ist, dass der Antragsteller den Ausgang dieses Visaverfahrens vor Ort abwarten kann. Dies ist aber in der Praxis nachvollziehbarerweise für das Botschaftspersonal oft nur schwer zu überprüfen. Wenn die „gestrandeten“ Personen der deutschen Botschaft vorab die Situation erklären, kann diese sich für zuständig erklären. Dies sollte der Antragsteller sich aber zumindest in einer E-Mail bestätigen lassen, damit man nicht direkt vom Sicherheitspersonal bzw. spätestens vom Schalterbeamten abgewiesen wird.
Globalzustimmung der deutschen Bundesagentur für Arbeit
Für manche Arbeitsvisa ist eine Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit notwendig. Wann eine solche erteilt werden kann, ist gesetzlich geregelt und liegt nicht im freien Ermessen der Bundesagentur für Arbeit. Um die kurzfristige Einreise von Fachkräften aus russischen Niederlassungen von Schwestergesellschaften zu ermöglichen, hat die Bundesagentur für Arbeit die sogenannte Globalzustimmung erteilt.
Die Antragsteller müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
- Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Russland oder Verlagerung in Folge des russisch-ukrainischen Konflikts ins Ausland
- Beschäftigung bei international tätigen Unternehmen in Russland
- Beantragung eines Visums für eine Weiterbeschäftigung in einer deutschen Niederlassung oder eines Standorts desselben Unternehmens
- Beantragung eines Visums für die Blaue Karte EU, Fachkräfte oder Beschäftigte mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen in der Informations- und Kommunikationstechnologie oder mit unternehmensspezifischen Spezialkenntnissen
- Gehalt i.H. von mindestens 43.992,00 EUR brutto jährlich bzw. 50.760,00 EUR brutto jährlich bei Beschäftigten mit ausgeprägten berufspraktischen Kenntnissen
Diese Globalzustimmung ist befristet bis zum 30. September 2022. Hiermit versucht der deutsche Staat dem Willen der deutschen Wirtschaft zu folgen, welche in vielen Fällen die Weiterbeschäftigung von Spezialisten aus russischen Niederlassungen wünscht. Sei dies aus humanitären oder wirtschaftlichen bzw. beiden Gründen.
Fazit
Die Erwerbsmigration aus Russland nach Deutschland ist weiterhin möglich. Die Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland in Russland sind geöffnet. Es besteht keine Ablehnungsgefahr allein auf Grund der russischen Staatsangehörigkeit. Der deutsche Staat hat durch die Globalzustimmung vielmehr versucht, das Verfahren für gut ausgebildete Fachkräfte zu vereinfachen und zu beschleunigen.