Newsletter Arbeitsrecht Mai 2016
Befristung eines Arbeitsverhältnisses zur Elternzeitvertretung
BAG, Urteil vom 9.9.2015 – 148/14
Eine Zweckbefristung eines Arbeitsverhältnisses zur Elternzeitvertretung setzt nach dem BAG nicht voraus, dass die Stammkraft im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft bereits ein den Anforderungen des § 16 Abs. 1 BEEG genügendes Elternzeitverlangen geäußert hat. Im vom BAG zu entscheidenden Fall wurde der Kläger über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren auf der Grundlage von sieben befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten tätig. Mit ihm wurde zuletzt Anfang Dezember 2010 ein Arbeitsvertrag geschlossen, durch welchen er ab Mai 2011 und „befristet bis zum Erreichen folgenden Zwecks: Ende der Elternzeit der Frau B.“ eingestellt wurde. Frau B. hatte im November 2010 ihre Schwangerschaft, den voraussichtlichen Geburtstermin im Mai 2011 sowie ihre Absicht mitgeteilt, ein Jahr in Elternzeit zu gehen. Sie beantragte nach der Geburt ein Jahr Elternzeit. Der Kläger erhob Befristungskontrollklage. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das LAG die Berufung zurück. Das BAG bestätigte die Entscheidungen.
AGB-Kontrolle, §§ 305 ff. BGB
Das BAG stellte zunächst fest, dass die vorformulierte Befristungsabrede nicht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verletze. Die Vereinbarung der Parteien, dass das Arbeitsverhältnis bei Zweckerreichung ende und der Zweck in der Elternzeitvertretung für Frau B. liege, erachtete es als eindeutig und ausreichend. Eine Angemessenheitskontrolle i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nahm es entsprechend seiner bisherigen Rechtsprechung nicht vor, nach der Befristungsabreden keiner Angemessenheitskontrolle unterliegen.
Rechtfertigung der Befristung: Elternzeitvertretung, § 21 Abs. 1 BEEG
Die Befristung bewertete das BAG sodann als durch den Sachgrund der Vertretung für die Dauer einer Elternzeit nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG i.V.m. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Es setzte sich dabei im Wesentlichen mit der bislang höchstrichterlich noch nicht geklärten und in der Kommentarliteratur unterschiedlich beurteilten Frage auseinander, ob es der Wirksamkeit der Befristung entgegensteht, wenn die Stammkraft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft noch kein den Anforderungen des § 16 Abs. 1 BEEG genügendes Elternzeitverlangen geäußert, sondern die Inanspruchnahme von Elternzeit nur angekündigt hat. Das BAG kam zu dem Ergebnis, dass weder der Gesetzeswortlaut des § 21 Abs. 1 und 3 BEEG noch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch eine systematische Auslegung dafür sprechen, dass der Sachgrund der Elternzeitvertretung voraussetzt, dass die Stammkraft zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Vertretungskraft bereits Elternzeit verlangt hat.
Auseinanderfallen von Dauer des Befristungsgrundes und Vertragslaufzeit
Das BAG nahm des Weiteren an, dass der Sachgrund der Vertretung nicht dadurch in Frage gestellt wurde, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses nur für die Dauer der Elternzeit der Frau B. ab Mai 2011 erfolgte, obwohl Frau B. absehbar Ende März 2011 in Mutterschutz ging. Denn neben dem sachlichen Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses bedürfe es nicht noch zusätzlich einer eigenen sachlichen Rechtfertigung der gewählten Vertragslaufzeit. Ein Zurückbleiben der Vertragslaufzeit hinter der voraussichtlichen Dauer des Befristungsgrundes stelle diesen nur in Frage, wenn eine sinnvolle, dem Sachgrund entsprechende Mitarbeit des Arbeitnehmers nicht möglich sei. Dies war im zu entscheidenden Fall nicht gegeben.
Rechtsmissbrauchsprüfung
Die Befristung war nach dem BAG auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) unwirksam. Die Zahl von sieben befristeten Arbeitsverträgen und die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses von sechs Jahren und drei Monaten ließ das BAG nicht als Indizien für die bei Befristungskontrollen stets vorzunehmende Feststellung ausreichen, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgriff. Weitere Indizien für einen Rechtsmissbrauch legte der Kläger nicht dar.
Fazit
Ein Arbeitgeber kann mit einer Vertretungskraft einen befristeten Arbeitsvertrag für die Dauer einer Elternzeit einer Stammkraft abschließen, wenn ihm seine Stammkraft angekündigt hat, Elternzeit zu nehmen, ein Elternzeitverlangen entsprechend den Vorgaben des § 16 BEEG aber noch nicht geäußert hat.