11.03.2019Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2019

Brexit sorgt für Lockerung des Kündigungsschutzes mancher Banker

Der Brexit steht – nach aktuellem Stand – für den 29. März 2019. Grund genug für den Gesetzgeber, eine Reihe von Gesetzesanpassungen vorzunehmen, vornehmlich im Steuerrecht. Das dazu entworfene und am 21. Februar 2019 vom Bundestag verabschiedete Brexit-Steuerbegleitgesetz sieht aber auch eine Änderung im Kündigungsrecht vor. Der Gesetzentwurf muss noch vom Bundesrat – um ein rechtzeitiges Inkrafttreten zur ermöglichen, mutmaßlich am 15. März 2019 – genehmigt werden.

Mit dem Ziel, Deutschland als neuen Standort für aus London abwandernde Banken attraktiver zu gestalten, soll der Kündigungsschutz für bestimmte Banker gelockert werden.

Für wen gilt die Lockerung des Kündigungsschutzes?

In einem neuen § 25 a Abs. 5a soll im Einzelnen

  • für Risikoträger,
    (§ 1 Abs. (21) des Kreditwesengesetzes (KWG) sind „Risikoträger und Risikoträgerinnen […] Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, deren berufliche Tätigkeit sich wesentlich auf das Risikoprofil eines Instituts auswirkt.“)
  • die bei bedeutenden Instituten angestellt sind,
    (Das sind nach § 25n KWG definierte Banken, die ob ihrer Bilanzsumme (>€ 15 Mrd.), wegen ihrer Einordnung als „systemgefährdend“ oder aus anderen Gründen besonders hohe Anforderungen an Risikomanagement erfüllen müssen und besonders eng von der Bankenaufsicht kontrolliert werden (sollen).)
  • deren jährliche Fixvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nach § 159 SGB VI überschreitet und
    (Die Beitragsbemessungsgrenze liegt in 2019 bei € 80.400, so dass die Voraussetzung ab einem Jahresfixum von mehr als € 241.200,00 brutto erfüllt ist.)
  • die weder Geschäftsführer, Betriebsleiter oder ähnliche leitende Angestellte sind,

eine Lockerung des Kündigungsschutzes eingeführt werden.

Worin besteht die Lockerung?

Das Kündigungsschutzgesetz sieht bereits jetzt eine Lockerung seines Schutzes für bestimmte Personengruppen vor:

Organe und Vertreter
Das KSchG gilt insgesamt nicht für Organe einer juristischen Person (also bspw. Geschäftsführer einer GmbH und Vorstände einer AG) und die Vertreter von Personengesellschaften, § 14 Abs. 1 KSchG.

Leitende Angestellte
Darüber hinaus gilt für „Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind“, eine Lockerung, § 14 Abs. 2 KSchG:

  • Leitende Angestellte unterfallen zwar dem KSchG;
  • der Arbeitgeber hat aber die Möglichkeit, in einem etwaigen Kündigungsschutzverfahren vom Gericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum nächstmöglichen ordentlichen Beendigungstermin beantragen zu können, ohne für diesen Antrag besondere Gründe anführen zu müssen.
  • Wenn sich also die Kündigung als unwirksam erweist, wird das Arbeitsverhältnis dennoch – vom Gericht – aufgelöst.
  • Der leitende Angestellte erhält dann allerdings eine Abfindungszahlung, deren Höhe das Gericht nach § 10 KSchG festsetzt.
    „(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.
    (2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.
    (3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.“

Nach der neuen Regelung in § 25a Abs. 5a KWG sollen die o.g. Risikoträger im Ergebnis den leitenden Angestellten nach § 14 Abs. 2 KSchG gleichgestellt werden. Auch für sie soll das KSchG grundsätzlich gelten, der Arbeitgeber aber die Möglichkeit haben, die Trennung – gegen eine vom Gericht festzusetzende Abfindung – notfalls auch ohne (Kündigungs-)Grund zu erzwingen.

Für die Festsetzung der Abfindungshöhe hat das Arbeitsgericht insbesondere zu berücksichtigen

  • die Höhe der Bruttomonatsvergütung im Monat des Ausscheidens (Jahresboni werden – natürlich – entsprechend anteilig eingerechnet.),
  • die Dauer der Beschäftigung des Arbeitnehmers,
  • dessen Alter,
  • die Qualität eines etwaig von Arbeitgeberseite genannten Trennungsgrundes sowie
  • die sozialen Interessen des Arbeitnehmers.

Fazit

Die Lockerung des Kündigungsschutzes wird nur eine verhältnismäßig kleine Gruppe von Personen betreffen – bundesweit werden nicht mehr als rund 5.000 Personen betroffen sein. Insofern wird schon jetzt nicht ohne Grund die Frage aufgeworfen, ob diese Spezialregelung kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 GG darstellt. Schließlich gilt die Lockerung des Kündigungsschutzes nicht für Risk Taker in Versicherungen, bei der Kaptalanlage oder „key employees“ in der Industrie.

Dass hier nicht der naheliegende „große Wurf“ unternommen wurde, lag sicher an der starren und starken Abwehrhaltung von Gewerkschaften und anderen Interessengruppen, die diesen „ersten Schritt zur Aushöhlung des Kündigungsschutzes“ verhindern woll(t)en.

Inhaltlich ist die Umwälzung nicht wirklich dramatisch; auch jetzt schon kam es im Falle des Trennungswunsches in nahe 100 Prozent der Fälle zu Vertragsbeendigungen gegen Abfindung. Allerdings überstiegen die bislang im Bankensektor gezahlten Abfindungsbeträge die Höchstschwellen nach § 10 KSchG zum Teil sogar dramatisch. Eine Normalisierung der Abfindungszahlungen auch in einem kleinen Teil des Bankensektors könnte sich letztlich auch positiv auf das Ansehen der Banken und Banker auswirken. Ob diese punktuelle Regelung aber (jetzt noch) in London niedergelassene Banken zum Umzug nach Frankfurt bewegen kann, darf doch bezweifelt werden.

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