Fachbeitrag
Bundesregierung beschließt Verschärfung des Klimaschutzgesetzes
Mit heutigem Kabinettsbeschluss hat die Bundesregierung die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes („KSG“) auf den Weg gebracht und reagiert damit auf den erst vor knapp zwei Wochen veröffentlichten Beschluss des Ersten Senates des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021.
Reaktion auf Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimagesetz
Darin hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das KSG vom 12. Dezember 2019 teilweise nicht mit den Grundrechten der Beschwerdeführer vereinbar ist, weil im Gesetz hinreichende Maßgaben für weitere Emissionsreduktionen ab dem Jahr 2031 fehlen. Danach schützen die Grundrechte als „intertemporale Freiheitssicherung“ die Beschwerdeführer vor einer einseitigen Verlagerung der durch die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausminderungslast in die Zukunft.
Verhinderung der unverhältnismäßigen Verlagerung der Treibhausminderungslasten in die Zukunft
Der vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) federführend erarbeitete Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht nun eine Verschärfung und Konkretisierung der gesetzlichen nationalen Klimaschutzziele vor. Damit wird ausweislich der Begründung des gestrigen Referentenentwurfes des BMU sichergestellt, dass Deutschland dazu beiträgt, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C und möglichst auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Durch die Verschärfung der Ziele soll eine unverhältnismäßige Verlagerung der Treibhausgasminderungslasten und damit einhergehenden Freiheitseinbußen in die Zukunft und auf spätere Generationen verhindert werden.
Verschärfung der sektorübergreifenden Klimaziele
So sollen die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum Jahr 1990 bis 2030 sektorübergreifend um mindestens 65 Prozent statt bisher 55 Prozent gesenkt werden. Für das Jahr 2040 soll ein neues Klimaschutzziel von mindestens 88 Prozent gelten. Bis 2045 sollen die Treibhausgasemissionen so gemindert werden, dass im Saldo Klimaneutralität erreicht wird.
Verschärfung der sektorspezifischen Klimaschutzziele
Der Gesetzesentwurf sieht einige Verschärfungen im Bereich der zulässigen sektorspezifischen Jahresemissionsmengen vor. Damit soll dem um 10 Prozentpunkte auf 65 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 gesteigerten Emissionsreduktionsziel Rechnung getragen werden. Betroffen sind in erster Linie die Festlegungen zu den für im Jahr 2030 noch zulässigen Jahresemissionsmengen, die als sektorspezifische Klimaschutzziele für 2030 verstanden werden können.
Die deutlichsten Verschärfungen betreffen die Energiewirtschaft. Ist dort im bisherigen Klimaschutzgesetz für 2030 noch eine Emissionsmenge von 175 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten vorgesehen, so sollen nach dem Gesetzesentwurf im Jahr 2030 nur noch 108 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente zulässig sein. Die Energiewirtschaft wird ihre Emissionen also bis 2030 deutlich umfangreicher reduzieren müssen als bislang vorgesehen. Nennenswerte Verschärfungen ergeben sich aus dem Entwurf auch für die Industrie sowie für den Verkehrssektor. Hier beträgt die Differenz am Ende des vorläufigen Reduktionspfades im Jahr 2030 immerhin 22 Millionen bzw. 10 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Den Sektoren Gebäude, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft soll demgegenüber keine signifikante Änderung der zulässigen Emissionsmengen auferlegt werden.
Für die Jahre 2031 bis 2040 enthält der Entwurf sektorübergreifende jährliche Minderungsziele. Sie sollen als konkreter Minderungspfad dienen. Zugleich bilden sie den Rahmen für die sektorscharfen Jahresemissionsmengen, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung ab 2024 festlegen kann.
Umfassende Maßnahmen zur Umsetzung der Ziele erforderlich
Konkrete Maßnahmen zur Erreichung der ambitionierten Klimaschutzziele enthält der Gesetzentwurf nicht. Dabei liegt auf der Hand, dass der Verschärfung der gesetzlichen Ziele in sämtlichen Sektoren umfassende Maßnahmen folgen müssen. Dies gilt insbesondere im Bereich der Energie. Der beschleunigte Kohleausstieg wird – insbesondere vor dem Hintergrund des 2022 abgeschlossenen Atomausstieg – eine erhebliche Anstrengung im Bereich der Erneuerbaren Energien erfordern. In diesem Zusammenhang werden auch planungsrechtliche Erleichterungen etwa für den Bau von Windenergieanalgen an Land diskutiert. Die Konzeption und Umsetzung eines umfassenden Maßnahmenpaketes für die Erreichung der Klimaschutzziele wird absehbar eine der zentralen Aufgaben der kommenden Bundesregierung werden.