04.11.2015Fachbeitrag

zuerst erschienen im Compliance Manager Online am 04.11.2015

Das Antikorruptionsrecht des Vereinigten Königreiches

Der britische UK Bribery Act ist eines der jüngsten Gesetzeswerke zur Korruptionsbekämpfung und zugleich auch eines der härtesten. International tätige Unternehmen tun gut daran, ihn im Blick zu haben. Teil drei unserer Serie zum weltweiten Kampf gegen Korruption.

Aufhänger zu der vorliegenden Serie von drei Artikeln zum weltweiten Kampf gegen Korruption ist der FIFA-Korruptionsskandal. Nachdem sich der erste Artikel sich mit deutschem Antikorruptionsrecht beschäftigte, beleuchtete der zweite Artikel das Antikorruptionsregime der USA. Der vorliegende Artikel wird sich nun dem jüngsten und gleichzeitig schärfsten Antikorruptionsgesetz, UK Bribery Act, zu wenden und sich anschließend unter Compliance-Gesichtspunkten mit der Vermeidung von Korruptionsverstößen beschäftigen.

Mit dem am 1. Juni 2011 in Kraft getretenen UK Bribery Act steht den Behörden des Vereinigten Königreichs für den weltweiten Kampf gegen Korruption eines der weltweit offensivsten Antikorruptionsgesetze zur Verfügung.

Der UK Bribery Act

Nach dem Bribery Act sind sowohl natürliche als auch juristische Personen strafrechtlich verfolgbar. Unternehmen sind von seinem Anwendungsbereich nicht nur dann erfasst, wenn sie nach britischem Recht gegründet wurden oder ihren Sitz in dem Vereinigten Königreich haben, sondern auch wenn sie dort in irgendeiner Weise Geschäfte führen. Mithin fällt auch ein deutsches Unternehmen, das in der englischen Rechtsform einer Limited geführt wurde oder dessen Betriebsstätte sich im Vereinigten Königreich befindet, hierunter. Bereits umfangreiche Warenlieferungen dorthin können auch den Anwendungsbereich eröffnen. Die Bestechungshandlung selbst muss keinen Bezug zu diesen geschäftlichen Aktivitäten haben; vielmehr kann jede Auslandstat nach dem Bribery Act verfolgt werden, die eine mit dem Unternehmen verbundene Person für das Unternehmen begangen hat. Der Begriff der verbundenen Person umfasst alle Personen, die für das betroffene Unternehmen tätig werden; auch Angestellte rechtlich selbständiger ausländischer Konzernunternehmen.

Weltweite Bestechungshandlungen unter Strafe gestellt

Der Bribery Act stellt nicht nur die aktive und passive Bestechung sowie die Bestechung ausländischer Amtsträger unter Strafe, sondern ahndet sogar Unternehmen für das Versäumnis, Bestechungshandlungen durch ihre Organe, Mitarbeiter oder verbundene Personen zu verhindern. Sehr weitreichend ist § 7 des Bribery Act, der eine verschuldensunabhängige Haftung von Unternehmen vorsieht, wenn eine mit dem Unternehmen verbundene Person Bestechungshandlungen mit dem Vorsatz vornimmt, Geschäfte für das Unternehmen zu erlangen oder zu behalten. Eine Unterscheidung zwischen der Bestechung von Amtsträgern und Entscheidungsträgern im privaten Sektor findet nicht statt. Der potenzielle Täterkreis ist daher sehr weit.

Es ist zudem irrelevant, wo auf der Welt die strafbare Handlung vorgenommen wurde. Soweit der Bribery Act die Bestechung ausländischer Amtsträger regelt, ist jedoch nur die aktive Bestechung strafbewehrt. Diese setzt voraus, dass einem anderen ein finanzieller oder sonstiger Vorteil angeboten, versprochen oder gewährt wird. Umfasst sind auch die Fälle, in denen der Vorteil über einen Dritten angeboten wird. In subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Täter einen ausländischen Amtsträger mit dem Vorsatz besticht, diesen in seiner Amtsausführung zu beeinflussen und zugleich hierdurch einen Vorteil im geschäftlichen Verkehr anstrebt. Der Amtsträgerbegriff erfasst jede Person, die eine öffentliche Funktion ausübt. Hierunter fällt jeder Angestellte einer öffentlichen Einrichtung oder internationalen Organisation.

Adäquate Vorbeugungsmaßnahmen können entlasten

Der Bribery Act enthält keine dem FCPA ähnliche Ausnahme für Zahlungen zur Beschleunigung von routinemäßigen Amtshandlungen. Der vom britischen Justizministerium erlassene Leitfaden stellt jedoch bezüglich Einladungen und Geschenken klar, dass diese gegenüber einem ausländischen Amtsträger zulässig sind, soweit sie angemessen und verhältnismäßig sind. Beurteilungskriterien hierfür sind Art und Ausmaß des Geschenks und die spezifische Branche. Einladungen oder Geschenke gegenüber Geschäftspartnern sind unzulässig, wenn sie ein Verhalten veranlassen sollen, dass nicht dem gutem Glauben und der Unparteilichkeit entspricht oder im Gegensatz zu seiner Vertrauensposition steht.

Kommt es zum Haftungsfall, so kann sich das Unternehmen entlasten, wenn es adäquate Vorbeugungsmaßnahmen nachweisen kann. Hierzu gehören angemessene Prozesse, Bekenntnis der Betriebsleitung, Risikosteuerung, Partnerscreening, Kommunikation inklusive Schulungen sowie Überwachung und Verbesserung der Strukturen. Letztlich wird die Untätigkeit von Unternehmen in Bezug auf effiziente Compliance-Systeme bestraft. Privatpersonen kann eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe in unbegrenzter Höhe erwarten. Unternehmen können mit unbegrenzten Geldstrafen, dem Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und der Vermögenseinziehung belegt werden. Jedoch wird die Bereitschaft des Unternehmens zur Kooperation mit den Ermittlungsbehörden und zur Offenlegung der relevanten Unterlagen bei der Entscheidung, ob ein Ermittlungsverfahren eingeleitet beziehungsweise Anklage erhoben wird, berücksichtigt.

Effizientes Compliance-System unabdingbar

Die Ausführungen verdeutlichen, dass die Gefahr von Beamten nationaler oder ausländischer Antikorruptionsbehörden aus dem Schlaf geweckt zu werden, nicht abwegig ist. Des Weiteren besteht das Risiko, für denselben Sachverhalt in anderen Rechtsordnungen zur Verantwortung gezogen zu werden, denn völkerrechtlich ist eine doppelte Inanspruchnahme in zwei verschiedenen Staaten nicht unzulässig. Insbesondere wären US-amerikanische Behörden nicht gehindert, Ermittlungen wegen mutmaßlicher Verstöße gegen den FCPA auch im Anschluss an ein britisches „Deferred Prosecution Agreement“ einzuleiten.

Risiken bestehen aber auch für den europäischen Rechtsraum, da das weitreichende Verbot der Doppelbestrafung in den Schengen-Staaten nicht mehrerer, parallel laufender Ermittlungsverfahren entgegensteht. Zudem wächst der Trend zum Erlass weitreichender Gesetze gegen internationale Korruption mit empfindlichen Strafandrohungen. Russland zieht nach und hat im Juli 2015 einen Gesetzesentwurf bestätigt, der unrechtmäßige Zahlungen im Auftrag eines Unternehmens außerhalb Russlands unter Strafe stellt. Die Geldstrafe für Bestechung soll dann drei bis hundert Mal so hoch wie die Bestechungszahlung sein.

Um den Risiken begegnen zu können, ist es gerade für international tätige Unternehmen unabdingbar, ein effizientes Compliance-System aufzustellen, welches den Anforderungen der Gesetze entspricht, in deren Anwendungsbereich das Unternehmen fallen könnte. Zum wesentlichen Element eines Compliance-Programms zählt ein klar formuliertes Regelwerk. Gebote und Verbote müssen für alle Mitarbeiter verständlich erklärt und durch Schulungen näher gebracht werden. Eine Verringerung der Risiken lässt sich weiterhin erreichen indem sichergestellt wird, dass Agenten, Berater und Joint-Venture-Partner auch formulierte Anforderungen einhalten. Zudem sollte ein Buchprüfungssystem implementiert werden, welches die Kontrolle aller ausländischen Finanztransaktionen sowie die sorgfältige Analyse der verbuchten Aufwendungen von Mitarbeitern, Tochterunternehmen und Geschäftspartnern ermöglicht.

Des Weiteren ist zu raten, die aufgestellten Compliance-Strukturen zu überwachen und stets zu optimieren. Auch wenn diese Maßnahmen nicht garantieren, dass Unternehmen sich nicht an korruptem Verhalten beteiligen oder nicht zum Ziel eines Ermittlungsverfahrens werden, so senden solche Bemühungen doch ein deutliches Signal an die Mitarbeiter, Geschäftspartner und die Antikorruptionsbehörden.

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