Update Arbeitsrecht Dezember 2019
Das „Arbeit-von-morgen-Gesetz I“
Am 4. November 2019 hat Arbeitsminister Hubertus Heil den Referentenentwurf „eines Ersten Gesetzes zur Arbeit von morgen (Arbeit-von-morgen-Gesetz I)“ veröffentlicht. Diesem Referentenentwurf liegt mitunter die Erwägung zugrunde, dass Deutschland in Anbetracht des fortschreitenden Strukturwandels der Arbeitswelt und der zunehmenden Digitalisierung möglicherweise auf eine konjunkturelle Abschwächung zusteuert.
Das Gesetz stellt die präventive (berufliche) Weiterbildung – vor allem im bestehenden Arbeitsverhältnis – in den Fokus.
Im Einzelnen:
Ein wesentlicher Eckpfeiler des Referentenentwurfs knüpft nahtlos an das „Qualifizierungschancengesetz“ an, welches am 1. Januar 2019 In Kraft getreten ist. Nach diesem können Arbeitgeber, gestaffelt nach der Betriebsgröße, bei Weiterbildungen ihrer Arbeitnehmer eine vollständige oder teilweise Erstattung von Weiterbildungskosten sowie Arbeitsentgeltzuschüsse beanspruchen. Der Referentenentwurf sieht weitergehend vor, dass die mit dem Qualifizierungschancengesetz geschaffenen Zuschussmöglichkeiten unabhängig von der Betriebsgröße pauschal um 20 Prozentpunkte erhöht werden, wenn die Qualifikation von mindestens einem Zehntel der Belegschaft eines Betriebs erforderlich ist und ein Qualifizierungsplan erstellt wird.
Eine noch weitergehende Förderungsmöglichkeit ist – wiederum unabhängig von der Betriebsgröße – für Weiterbildungsmaßnahmen von Arbeitnehmern vorgesehen, die eine Beschäftigungsalternative bei einem anderen Arbeitgeber ermöglichen sollen. In einem solchen Fall ermöglicht diese sogenannte „Perspektivqualifizierung“ Zuschüsse von bis zu 75 Prozent zum Arbeitsentgelt und zu den Lehrgangskosten. Dies alles unter der Bedingung, dass die Voraussetzungen für die Förderung durch einen Transformationszuschuss vorliegen und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der Weiterbildung weiterhin beschäftigt.
Ferner sollen die Möglichkeiten der Qualifizierung in einer Transfergesellschaft während des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld ausgebaut werden. Anders als nach derzeit geltendem Recht ist vorgesehen, dass zukünftig nicht nur Ältere und Geringqualifizierte, sondern unterschiedslos sämtliche Arbeitnehmer auf diese Weise gefördert werden können. Nach Maßgabe des Referentenentwurfs kann sich die Bundesagentur für Arbeit zukünftig - anders als derzeit - mit bis zu 75 Prozent an den Kosten beteiligen.
Des Weiteren sieht der Referentenentwurf deutlich weitergehende Möglichkeiten als bislang vor, Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung von Arbeitnehmern zu fördern. Insbesondere sollen Arbeitnehmer zukünftig einen rechtlichen Anspruch hierauf erhalten. Die derzeit bestehende Beschränkung, wonach eine Förderung allein zum Nachholen eines Abschlusses in einem Ausbildungsberuf möglich ist, soll aufgehoben werden.
Schließlich soll nach dem Referentenentwurf die Bundesregierung dazu ermächtigt werden, im Falle von „außergewöhnlichen Verhältnissen“ auf dem Arbeitsmarkt durch Erlass einer Rechtsverordnung zeitlich befristet Sonderregelungen einzuführen. Danach kann die Bundesregierung insbesondere regeln, dass die Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 24 Monate verlängert wird. Sie kann darüber hinaus vorsehen, dass die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung ganz oder teilweise erstattet werden. Des Weiteren sieht der Referentenentwurf eine Regelung vor, wonach der Arbeitgeber die Hälfte seiner Sozialversicherungsbeiträge zurückerstattet bekommt, wenn einer seiner Arbeitnehmer an einer förderungsfähigen Weiterbildungsmaßnahme teilnimmt und aufgrund dessen mindestens zur Hälfte seiner Arbeitszeit ausfällt.
Zudem sind weitere, kleinere Gesetzesänderungen vorgesehen. Diese betreffen vor allem – aber nicht abschließend – Regelungen zum Arbeitslosengeld und der assistierten Ausbildung. Insbesondere soll nach Abschluss einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme die (restliche) Dauer des Arbeitslosengeldes mindestens drei statt bislang einen Monat betragen. Ferner soll die Arbeitslosmeldung zukünftig auch „elektronisch im Fachportal der Bundesagentur“ möglich sein.
Sofern der Referentenentwurf umgesetzt würde, führte dies allein im Bundeshaushalt voraussichtlich zu regelmäßigen Mehrausgaben in Höhe von bis zu 125 Millionen Euro jährlich. Die finanziellen Aufwendungen auf den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit werden mittelfristig sogar auf bis zu 672 Euro geschätzt.
Wann und ob das Gesetz nach Maßgabe des Referentenentwurfs in Kraft tritt, ist derzeit noch unklar. Aufgrund des gewählten Titels steht zu vermuten, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zukünftig weitere Gesetzesänderungen plant, um der sich abzeichnenden Konjunkturschwäche gerecht zu werden.