27.04.2023Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht April 2023

Die Probezeit ist zur Erprobung des Arbeitsverhältnisses da - Sozialdaten sind bei Kündigungen seitens des Arbeitgebers mangels Interessenabwägung nicht zu berücksichtigen

LAG Mecklenburg-Vorpommern, 26. Oktober 2022 – 3 Sa 79/22

Es kommt bei einer Kündigung während der Wartezeit allein auf die (subjektive) negative Bewertung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers an, sodass Sozialdaten dem Personalrat nicht mitgeteilt werden müssen. Arbeitgeber haben bei Kündigungserklärungen darauf zu achten, dass die Unterschrift identifizierbar ist. Eine lesbare Unterschrift fordert das Gesetz nicht.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung innerhalb der Probezeit. Die Klägerin war als Abteilungsleiterin bei der Beklagten beschäftigt. Nachdem die Beklagte ihren Personalrat um Zustimmung bezüglich der beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin während der Probezeit gebeten hatte, widersprach dieser der Kündigung. Eine Mitteilung über Sozialdaten der Klägerin war nicht erfolgt. Das anschließende Kündigungsschreiben wurde von der stellvertretenden Leiterin des Geschäftsbereichs Personal mit dem Zusatz „i.V.“ unterzeichnet. Diese war zeichnungsberechtigt. Die Klägerin wies die Kündigung mit der Begründung zurück, es habe keine ordnungsgemäße Bevollmächtigung zum Ausspruch von Kündigungen vorgelegen und erhob Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht Stralsund hat die Klage abgewiesen.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Kündigung scheitere weder an einer fehlerhaften Anhörung des Personalrats, noch sei diese formunwirksam. Eine Pflicht seitens des Arbeitgebers, dem Personalrat Sozialdaten bei einer Kündigung innerhalb der Probezeit zukommen zu lassen, bestehe nicht. Die Wartezeit diene dazu, dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, sich eine subjektive Meinung über Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu bilden. Diese unterliege grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung nach objektiven Maßstäben. Der Arbeitgeber könne nämlich während dieser Wartezeit das Arbeitsverhältnis frei – d.h. ohne soziale Rechtfertigung nach dem Kündigungsschutzgesetz – kündigen, ohne dass es auf entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers ankomme, sodass auch keine Pflicht bestehe, dem Personalrat Sozialdaten mitzuteilen.

Ebenso sei die Kündigung formwirksam. Es genüge, wenn ein Schriftzug vorliegt, der die Identität des Unterschreibenden ausreichend erkennen lässt und Merkmale aufweise, die eine Nachahmung erschweren. Eine Leserlichkeit der Unterschrift setze §§ 623, 126 BGB nicht voraus.

Zuletzt nahm das Landesarbeitsgericht auch eine Kenntnis der Klägerin von der Bevollmächtigung der Abteilungsleiterin bereits vor Ausspruch der Kündigung an. Das Landesarbeitsgericht führt insofern aus, dass es bezüglich § 174 S. 2 BGB ausreiche, wenn der Arbeitgeber den Kündigenden in eine Stellung berufen hat, die üblicherweise mit dem Kündigungsrecht verbunden ist.

Praxistipp

Die hier noch einmal aufgestellten Grundsätze lassen sich zum einen auf Unternehmen mit Betriebsrat übertragen und erleichtern die – ohnehin strengen – Anforderungen an eine Betriebsrats-/Personalratsanhörung etwas. Insofern stellt die Entscheidung klar, dass es keiner objektiven Gründe für eine Kündigung innerhalb der Probezeit bedarf. Ferner soll es – zutreffend – regelmäßig genügen, wenn die Mitarbeiter darüber informiert werden, wer eine (Vertretungs-) Position innehat, mit der eine Berechtigung zum Kündigungsausspruch einhergeht. Jedoch ist zu empfehlen, diese Mitteilung (z.B. per E-Mail; Link zum Intranet o.Ä.) schriftlich zu dokumentieren, um auf Arbeitgeberseite jeglichen Angriffspunkt bezüglich etwaiger Formunwirksamkeit zu vermeiden – Letzteres gilt auch für einen lesbaren Schriftzug bei der Unterzeichnung eines Kündigungsschreibens.

 

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