17.04.2016Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Mai 2016

Interessenausgleich mit Namensliste und Leiharbeitnehmer

LAG Köln, Urteil vom 20.7.2015 – 2 Sa 185/15 (rechtskräftig)

Werden Leiharbeitnehmer auf einem Dauerarbeitsplatz eingesetzt, kann die Vermutung eines Interessenausgleichs mit Namensliste, dass der Arbeitsplatz des Stammarbeitnehmers entfallen ist und es keine andere Beschäftigungsmöglichkeit für ihn gibt, widerlegt werden. Der beklagte Arbeitgeber führte im Jahr 2014 eine Betriebsänderung durch, die zum Ausspruch mehrerer Kündigungen führte. Zuvor hatte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat hierüber einen Interessenausgleich mit Namensliste abgeschlossen. Auf der Liste waren diejenigen Arbeitnehmer namentlich benannt, die betriebsbedingt gekündigt werden sollten – so auch der Kläger. Der Kläger wandte sich mit seiner Klage gegen die ihm am 25. Juni 2014 ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung. Die Kündigung sei wegen einer grob fehlerhaften Sozialauswahl unwirksam. Außerdem setze der Arbeitgeber dauerhaft Leiharbeitnehmer im Betrieb ein.

Vermutungswirkung der Namensliste

Gemäß § 1 Abs. 5 KSchG wird von Gesetzes wegen vermutet, dass dringende betriebliche Gründe für den Ausspruch einer Kündigung vorliegen, wenn der gekündigte Arbeitnehmer in der Namensliste zu einem Interessenausgleich aufgeführt ist. Die Vermutungswirkung erstreckt sich auch auf das Nichtvorliegen einer anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeit im Betrieb. Darüber hinaus ist die Sozialauswahl bei einer Namensliste gerichtlich nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfbar.

Widerlegung der betriebsbedingten Gründe infolge Leiharbeitnehmereinsatz

Das LAG Köln hielt die Kündigung für unwirksam. Der dauerhafte Einsatz von Leiharbeitnehmern widerlege die Vermutung, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für den Stammarbeitnehmer entfallen ist. Der Arbeitgeber hätte einen der Dauerarbeitsplätze, auf dem Leiharbeitnehmer beschäftigt wurden, frei machen und dem Kläger anbieten müssen.

Keine erleichterte Darlegungslast bei der Sozialauswahl

Außerdem entbinde die gesetzliche Vermutungswirkung des § 1 Abs. 5 KSchG den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung, die Sozialauswahl detailliert darzulegen, wenn der Arbeitnehmer deren Richtigkeit im Prozess substantiiert bestreitet. Der Arbeitgeber muss auch dann Auskunft über die durchgeführte Sozialauswahl, die hierbei zugrunde gelegten Kriterien sowie deren Gewichtung zueinander geben, wenn der Arbeitnehmer in der Namensliste zum Interessenausgleich genannt ist. Die unkommentierte Vorlage der Namensliste ist hierfür nicht ausreichend. Kommt der Arbeitgeber seiner Auskunftspflicht nicht nach, kann unterstellt werden, dass die Sozialauswahl grob fehlerhaft war.

Fazit

Im Interessenausgleich sollte ausdrücklich festgehalten werden, welche Planungen hinsichtlich der Leiharbeitnehmer bestehen, die im Betrieb beschäftigt werden. Sofern Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen tätig sind, ist ihr Einsatz zu beenden. Der hierdurch frei werdende Arbeitsplatz muss sodann dem Stammarbeitnehmer angeboten werden, der ansonsten von Kündigung betroffen wäre. Bei mehreren zu kündigenden Arbeitnehmern ist unter ihnen eine Sozialauswahl vorzunehmen. Der Dauerarbeitsplatz ist demjenigen Mitarbeiter anzubieten, der sozial am schutzwürdigsten ist.

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