27.03.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2024

Klassiker Arbeitszeugnis: Wie sieht ein „gehöriges“ Zeugnis aus?

LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.11.2023 – 26 Ta 1198/23

Arbeitszeugnisse spielen in der täglichen Personalarbeit eine wichtige Rolle. Neben dem Inhalt des Zeugnisses ist auch von Zeit zu Zeit die äußere Form des Zeugnisses Gegenstand (außer-)gerichtlicher Auseinandersetzungen. Mit einem solchen Fall hatte sich das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu befassen.

Sachverhalt

Die Parteien hatten sich gerichtlich um die Wirksamkeit einer Kündigung gestritten und dieses Verfahren durch Vergleich beendet. Gegenstand dieses Vergleichs – aus März 2023 – war u.a., dass die beklagte Arbeitgeberin der klagenden Arbeitnehmerin ein Zeugnis unter dem vereinbarten Beendigungsdatum ausstellen werde. Zu diesem Zwecke sollte die Klägerin einen Entwurf übermitteln von dem die Beklagte nur aus wichtigem Grund abweichen durfte. Das von der Beklagten unter dem 15. Mai 2023 nach Vorlage der Klägerin ausgefertigte Zeugnis enthielt unter anderem dem Zusatz: „I. A. des Arbeitsgerichts, Berlin 15.5.2023“. In der letzten Zeile des Zeugnisses befand sich der Zusatz: „(Zeugnis erstellt durch Rechtsanwältin A)“. Das Schreiben war nicht mit dem Briefkopf der Beklagten versehen.

Die Klägerin war mit diesem Zeugnis nicht einverstanden und betrieb die Zwangsvollstreckung aus dem geschlossenen Vergleich. In Folge des Verfahrens setzte das Arbeitsgericht ein Zwangsgeld ersatzweise Zwangshaft fest. Gegen den Beschluss wendete sich die Beklagte mit ihrer Beschwerde. Unter anderem trug die Beklagte vor, dass sie schon aus urheberrechtlichen Gründen die Ausführungen der Anwältin der Klägerin nicht ohne einen entsprechenden Hinweis übernehmen dürfe.

Entscheidung des LAG

Das LAG trat der Beschwerde der Beklagten entgegen. Der Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts begegne keinen rechtlichen Bedenken.

Ein Arbeitgeber erfülle nur dann seine Verpflichtung zur Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses, wenn das von ihm erteilte Zeugnis nach Form und Inhalt den gesetzlichen Anforderungen des § 109 GewO entspreche.

Das von der Beklagten ausgefertigte Arbeitszeugnis genüge bereits in formeller Hinsicht nicht den im Geschäftsleben üblichen Mindestanforderungen. Dazu zähle jedenfalls, dass das Arbeitszeugnis mit einem ordnungsgemäßen Briefkopf ausgestaltet sein muss, aus dem sich der Name und die Anschrift des Ausstellers ergeben. Da zudem im Berufszweig der Klägerin im geschäftlichen Verkehr üblicherweise Firmenbögen verwandt werden und die Beklagte einen solchen besitzt und benutzt, sei das Zeugnis auch dann nicht ordnungsgemäß ausgestellt, wenn es nur mit einer Unterschrift versehen sei. Auch das Hinzufügen eines Firmenstempels anstatt des ansonsten verwandten Briefkopfes der Beklagten könne daran nichts ändern.

Sofern das Arbeitszeugnis bei einem Dritten den Eindruck erwecken könne, der Arbeitgeber habe lediglich einen Entwurf der Arbeitnehmerin unterzeichnet, spreche auch das gegen die formelle Wirksamkeit des Zeugnisses.

Praxishinweise

Arbeitszeugnisse – über deren Wert und Unwert man sich trefflich streiten kann – sind immer wieder Teil gerichtlicher Auseinandersetzungen bzw. einvernehmlicher Vertragsauflösungen sei es durch Vergleich oder Aufhebungsvereinbarung.

Dabei ist der Ausgangspunkt (§ 109 GewO) recht klar und deutlich. Der Arbeitgeber ist verpflichtet dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis mittlerer Art und Güte (Note 3) zu erteilen. Begehrt der Arbeitnehmer eine Bewertung, die besser ist als dieser Durchschnitt, trägt er dafür die Darlegung und Beweislast. Möchte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer hingegen schlechter als durchschnittlich bewerten, trägt dafür der Arbeitgeber die Darlegungslast und Beweislast.

Daneben muss das Arbeitszeugnis formellen Anforderungen genügen. Insbesondere, um zu vermeiden, dass durch äußerliche Formmängel versteckte Botschaften gesendet werden, herrscht hier ein striktes Formregime.

Das Arbeitszeugnis muss zunächst schriftlich ausgestellt werden (keine E-Mail oder Fax) und zudem unterzeichnet sein. Zudem muss auch die übrige äußere Form tadellos (die Rechtsprechung spricht hier von „gehörig“) sein. Das Arbeitszeugnis gilt als Visitenkarte für künftige Bewerbungen.

Ferner muss das Zeugnis daher in Rechtschreibung, Sprachlehre und Satzbau dem gängigen Standard entsprechen und auch ansonsten in Format und Ausgestaltung tadellos sein. Daneben sollte ordentliches (im Idealfall beständiges) Papier genutzt werden.

Einen Anspruch auf eine dreigliedrige Abschlussformel (Dank, Bedauern, gute Wünsche) hat ein Arbeitnehmer hingegen nicht (vgl. BAG, Urt. v. 25.1.2022 – 9 AZR 146/21).

In diesem Spannungsfeld hat sich eine ganze Reihe von Instanz-Rechtsprechung sowie Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts herausgebildet, welche diese Anforderungen weiter konkretisieren. Im Hinblick darauf überrascht die oben dargestellte Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht. Steht sie doch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 3. März 1993 – 5 AZR 182/92). In dieser Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht schon 1993 festgestellt, dass ein Arbeitszeugnis nur dann den formellen Anforderungen genügt, wenn ein üblicherweise vom Arbeitgeber verwendeter Briefkopf bzw. dessen Geschäftspapier verwendet wird. Anderenfalls könne bei informierten Dritten der Eindruck entstehen, das Zeugnis sei nicht ernstlich gemeint bzw. der Unterzeichner distanziere sich von dessen Inhalt. Genüge das Zeugnis diesen Anforderungen nicht, könne dies die berufliche Entwicklung und das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers in Zukunft gefährden.

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