29.05.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht Mai 2024

Neues zum „AGG-Hopping“

Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm) vom 05. Dezember 2023 – 6 Sa 896/23

Ein Jurastudent klagte in einer Vielzahl von Fällen auf eine AGG-Entschädigung (§ 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)) wegen Geschlechterdiskriminierung. Das LAG Hamm erkannte in diesem „Geschäftsmodell“ einen Rechtsmissbrauch und entschied zugunsten des beklagten Unternehmens.

Sachverhalt

Der Kläger hat eine Ausbildung zum Industriekaufmann abgeschlossen und studiert Jura in Vollzeit. In der Vergangenheit bewarb er sich mehrfach auf Stellenausschreibungen für eine „Sekretärin“ bei diversen Unternehmen und führte im Nachgang Entschädigungsprozesse aufgrund einer etwaigen Benachteiligung wegen seines Geschlechts.

In dem von dem LAG Hamm zu entscheidenden Sachverhalt ging es konkret um die Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle als „Bürokauffrau/Sekretärin“ in einer 170 Kilometer entfernten Stadt.

Im Rahmen seiner Bewerbung machte der Kläger auf der Bewerbungs-Website „Indeed“ nur wenige Angaben zu seinem Lebenslauf. So gab er dort an, sieben Jahre Erfahrung als Sekretär und in Microsoft-Office zu haben. Konkretere zeitliche Angaben, Nachweise zu seiner Ausbildung sowie zu den Unternehmen, bei welchen er tätig gewesen sein will, übermittelte der Kläger nicht. In einem ebenfalls übermittelten Bewerbungsanschreiben befanden sich zudem Rechtschreibfehler.

Der Kläger erhielt auf seine Bewerbung keine Rückmeldung. Insbesondere wurde er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.

Daraufhin machte er gegen das beklagte Unternehmen vor dem ArbG Dortmund eine Entschädigung wegen Diskriminierung als Mann geltend. Im Laufe des Rechtsstreits stellte sich heraus, dass der Kläger bundesweit bereits eine Vielzahl gleicher Verfahren angestrengt hatte, die alle auf eine Entschädigung nach dem AGG gerichtet waren.

Entscheidung

Sowohl das Arbeitsgericht Dortmund als nun auch das LAG Hamm wiesen die Klage nun als rechtsmissbräuchlich ab.

Es könne dahinstehen, ob dem Kläger ein Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG zustehe, weil dieser – jedenfalls aufgrund des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers – nicht durchgesetzt werden könne.

Der Kläger habe sich gezielt missbräuchlich in den Bewerberstatus nach § 6 Abs. 1 S. 2 AGG gebracht, um anschließend eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung als Mann zu fordern. Das rechtsmissbräuchliche Verhalten, um sich diese Rechtsposition zu verschaffen, begründe eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB.

Als Anhaltspunkte für das rechtsmissbräuchliche Verhalten des Klägers führte das LAG Hamm u.a. die große Entfernung der Arbeitsstelle zum Wohnort des Klägers an. Besonders für einen Rechtsmissbrauch spreche allerdings das zielgerichtete Vorgehen des Klägers: So habe er sich ausschließlich auf Stellen beworben, die - entgegen den Vorgaben des AGG - geschlechtsspezifisch ausgeschrieben waren. Sein Jurastudium in Vollzeit lasse eine weitere Erwerbstätigkeit in Vollzeit auch gar nicht zu. Seine Bewerbung mit den Rechtsschreibfehlern und ohne aussagekräftige Unterlagen sei schließlich so ausgestaltet gewesen, dass sie nicht zum Erfolg führen könne, die Gründe für eine Absage würden daher geradezu provoziert.

Ausblick

Das Urteil des LAG Hamm zeigt, dass Versuche das AGG auszunutzen, nicht toleriert werden. Ansprüche auf eine Entschädigung bestehen im Falle eines Rechtsmissbrauchs nicht.

Dennoch sollten Arbeitgeber darauf achten, dass Stellenausschreibungen stets AGG-konform formuliert werden. Denn nicht immer ist das rechtsmissbräuchliche Verhalten von Bewerbern so eindeutig, wie in dem durch das LAG Hamm entschiedenen Fall.

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