zuerst erschienen im Compliance Manager Online am 09.10.2016
Prävention: Der lange Arm des US-Antikorruptionsrechts
Die US-Justitz macht immer wieder mit groß angelegten Aktionen zur Korruptionsbekämpfung von sich reden. Besonders, wenn sie außerhalb der Grenzen der USA operiert. Woher kommt dieser Einfluss? Teil zwei unserer Serie widmet sich dem Antikorruptionsrecht der USA.
Aufhänger zu der vorliegenden Serie von drei Artikeln zum weltweiten Kampf gegen Korruption ist der FIFA-Korruptionsskandal. Nachdem sich der erste Artikel sich mit deutschem Antikorruptionsrecht beschäftigte, beleuchtet der jetzige Artikel das Antikorruptionsregime der USA. Der letzte Artikel wird sich dem jüngsten und gleichzeitig schärfsten Antikorruptionsgesetz, UK Bribery Act, zu wenden und sich anschließend unter Compliance-Gesichtspunkten mit der Vermeidung von Korruptionsverstößen beschäftigen.
Die Festnahme der FIFA-Funktionäre verdeutlicht die Besonderheiten der US-amerikanischen Antikorruptionsbekämpfung. Bis Ende 2014 wurden weltweit 211 Ermittlungsverfahren wegen Bestechung ausländischer Amtsträger in 27 Ländern durchgeführt; 111 Ermittlungsverfahren sind der USA zuzurechnen. Grund hierfür sind die besonderen gesetzlichen Grundlagen der USA in diesem Bereich.
Indem die US-Behörden die FIFA als eine von organisiertem Verbrechen beeinflussten Zusammenschluss einstuften, konnte die Anklage auf den Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act (RICO), ein Bundesgesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, gestützt werden. Dieses ahndet Delikte wie Bestechung, Geldwäsche oder Überweisungsbetrug. Ursprünglich wurde RICO zur Verfolgung organisierter verbotener Glücksspiele und der Mafia angewandt, doch mittlerweile scheint der Anwendungsbereich endlos. Bei einer Verurteilung nach RICO drohen bis zu zwanzig Jahre Haft und Schadensersatzzahlungen in Höhe der dreifachen Summe der tatsächlich erlittenen Schäden.
FCPA – Eine noch effektivere Waffe gegen internationale Korruption
Daneben steht den US-Behörden mit dem Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) eine noch effektivere Waffe gegen internationale Korruption zur Seite. Der FCPA ahndet die Bestechung ausländischer Amtsträger und zeichnet sich durch einen sehr weiten Anwendungsbereich aus.
Das Bestechungsverbot richtet sich gegen US-amerikanische Unternehmen und ausländische Gesellschaften und Personen. Der FCPA ist auch auf Geschäftsleitung und Angestellte anwendbar. Der Anwendungsbereich der sogenannten „issuer“ umfasst Handels- und Kapitalgesellschaften, deren Wertpapiere in den USA registriert sind. US-amerikanische Staatsbürger, Ausländer mit Wohnsitz in den USA, Unternehmen mit einer Rechtsform nach dem Recht eines US-Staates sowie ausländische Unternehmen mit Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in den USA, gehören zum Anwendungsbereich der „domestic concerns“. Ein Auffangtatbestand erfasst alle ausländischen natürlichen und juristischen Personen, soweit sie auf dem Territorium der USA Handlungen zur Korruptionsförderung begehen.
Empfänger des unlauteren Vorteils muss ein ausländischer Amtsträger sein. Dies schließt alle Mitarbeiter ausländischer Regierungen, Ministerien oder Behörden ein sowie Personen, im Namen einer dieser Institutionen handeln. Auch privatwirtschaftliche Unternehmen können Amtsträger erfassen, wenn die öffentliche Hand eine Beteiligung hält. Auch Dritte können Empfänger von Vorteilsgewährungen sein, wenn die Zuwendung in dem Wissen erfolgte, dass sie einem ausländischen Amtsträger direkt oder indirekt angeboten, übergeben oder versprochen wird.
Zuwendung an ausländische Amtsträger mit korrupter Absicht
Der FCPA ahndet die willentliche Vornahme, das Anbieten und das Versprechen einer Zuwendung an ausländische Amtsträger mit korrupter Absicht und mit dem Ziel den Empfänger zu einem Missbrauch seiner Position zu bewegen. Der Erfolg der korrupten Handlung ist nicht erforderlich. Der FCPA stellt nur die aktive Bestechung unter Strafe, so dass die fremden Amtsträger nicht verfolgt werden. Bei den „issuer“ und „domestic concerns“ ist die Anwendung des FCPA nicht auf Handlungen innerhalb der USA beschränkt. Es reicht, wenn zur Förderung einer korrupten Zahlung Mittel des zwischen- oder innerstaatlichen Handels („interstate commerce“) eingesetzt werden. Ein Telefonat in die USA, eine E-Mail, ein Fax oder eine Banküberweisung über US-amerikanische Konten reichen aus. Der Einsatz von Mitteln des „interstate commerce“ ist nicht erforderlich, wenn US-Unternehmen oder US-Bürger außerhalb der USA handeln.
Neben Zahlungen zum Erwerb oder Erhalt von Geschäften, ist der FCPA auch auf Ausgaben zur positiveren Ausgestaltung eines bestehenden Geschäfts anwendbar, zum Beispiel für bevorzugte steuerliche Behandlung oder zur Vermeidung von Zollkontrollen. Unlautere Vorteile können daneben Geschenke oder Übernachtungs- und Bewirtungskosten sein. Auch bei kleineren Geschenken ist der FCPA einschlägig, wenn sie Teil eines Gesamtverhaltens sind, das auf eine unlautere Beeinflussung schließen lässt. Zur Klärung sollten Unternehmen Geschenk- und Bewirtungsrichtlinien mit klaren Wertgrenzen, Jahresobergrenzen und einem Genehmigungsprozess für Ausnahmen einführen. Zahlungen, mit denen routinemäßige Verwaltungshandlungen beschleunigt werden, wie die Erteilung von Arbeitserlaubnissen und Visa, die Gewährung von Polizeischutz sowie die Bereitstellung von Infrastruktur, sind vom FCPA ausgenommen. Zudem können Beschuldigte geltend machen, die Zuwendung sei nach den Gesetzen des Drittlandes rechtmäßig.
Auch die Einbeziehung Dritter kann zu Haftungsrisiken führen. Überhöhte Provisionszahlungen, vage Beratungsverträge oder unangemessen hohe Rabatte können Hinweise für ein mögliches Fehlverhalten Dritter, wie Berater, Distributoren und Vertriebsmittler, darstellen. Im Rahmen von M&A-Transaktionen kann sich eine Haftung für Dritte ergeben, wenn die übernehmende Gesellschaft Informationen über FCPA-Verstöße der Zielgesellschaft besitzt. Hat eine Muttergesellschaft hinreichendes Wissen und Kontrolle über die Tochtergesellschaft muss sie unter Umständen für die Tochtergesellschaft haften.
Geldstrafen bis zu zwei Millionen US-Dollar
Unternehmen erwartet eine Geldstrafe bis zu zwei Millionen US-Dollar pro Einzelfall. Natürlichen Personen können Geldstrafen bis zu 250.000 Dollar und Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren auferlegt werden. Daneben sieht der FCPA zivilrechtliche Geldstrafen bis zu 16.000 US-Dollar vor. Da US-Recht Einzeltaten eng auslegt, kann bereits die Absprache, den Bestechungsbetrag in mehreren Tranchen zu übergeben, dazu führen, dass jede Einzelzahlung als Verletzungshandlung angesehen wird und die Strafen so auf ein Vielfaches ansteigen. Soweit beispielsweise Repräsentanten, Mitarbeiter oder Aktionäre mit Geldstrafen belegt werden, ist die Übernahme durch das Unternehmen verboten. Zusätzlich kann der Ausschluss von Verträgen mit der US-Regierung oder der Verlust von US-Export-Privilegien festgesetzt werden. Des Weiteren können sich besondere Compliance- und Berichterstattungspflichten ergeben und eine unabhängige Person zur Überwachung des Unternehmens eingesetzt werden; insbesondere wenn noch kein effektives Compliance-Programm existiert.
FCPA angepasstes Compliance-Programm unerlässlich
Aufgrund des weiten Anwendungsbereiches des FCPA besteht auch für nicht US-amerikanische Unternehmen und Privatpersonen die Gefahr in das Visier der US-Behörden zu geraten. Um die dargelegten Risiken zu minimieren empfiehlt es sich für Unternehmen, bei geringsten Berührungspunkten mit den USA, ein auf die Anforderungen des FCPA angepasstes Compliance-Programm zu entwickeln. Im Rahmen eines möglichen Verfahrens wird die Existenz eines solchen Programmes bei der Strafzumessung positiv berücksichtigt. Der nächste Artikel beschäftigt sich mit einem noch deutlich weitergehenden Antikorruptionsgesetz, dem UK Bribery Act.
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