12.09.2016Fachbeitrag

Update Compliance 16/2016

Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung

Mit dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung soll die Einziehung von Vermögen, das durch Straftaten erzielt wurde, sowie die Entschädigung von Tatopfern grundlegend neu geregelt werden. Der Entwurf will die Einziehung von Taterträgen in Zukunft insgesamt deutlich einfacher und umfassender möglich werden.

Das deutsche Strafrecht sieht als Rechtsfolgen einer strafgerichtlichen Verurteilung nicht nur Strafe oder Maßregeln vor, sondern auch die Abschöpfung des durch die Tat Erlangten (sog. Verfall), die Einziehung von Tatinstrumenten und Tatprodukten sowie die Sicherung von Vermögenswerten zur Sicherung von Ansprüchen von Opfern (sog. Rückgewinnungshilfe).

Der Entwurf der Bundesregierung verfolgt nicht nur das Ziel, die Systematik der Vermögensabschöpfung, insbesondere der Opferentschädigung, durch eine grundlegende Reform zu vereinfachen und Abschöpfungslücken zu schließen, sondern auch die Richtlinie 2014/42/EU des Europäischen Parlaments und des Rates aus dem Jahr 2014 in innerstaatliches Recht umzusetzen. Zur Umsetzung soll nicht nur der Begriff des „Verfalls“ durch „Einziehung“ ersetzt, sondern auch insbesondere die Opferentschädigung als Kernstück des Reformvorschlages grundregelnd neu gestaltet werden:

Ansprüche der Opfer sollen grundsätzlich im Rahmen des Strafvollstreckungsverfahrens befriedigt werden, indem der (noch vorhandene) aus der Tat erlangte Gegenstand im Urteil eingezogen und an den Geschädigten übertragen werden soll. Ist der Gegenstand nicht mehr vorhanden, soll der Wert des Tatertrages als Geldbetrag eingezogen, nach Rechtskraft verwertet und an den Verletzten ausgekehrt werden. Sollte dieser Wert zur Befriedigung der Ansprüche nicht ausreichen, soll der Geschädigte in dem Verfahren der Insolvenzordnung entschädigt werden können.

Auch weitere Verfahrenserleichterungen wie die Möglichkeit der Abtrennung der Vermögenseinziehungsentscheidung von der Hauptsache (insbesondere in Haftsachen) oder die nachträgliche Vermögensabschöpfung sollen eingeführt werden. Eine große Abschöpfungslücke soll durch die sog. erweiterte Einziehung von Taterträgen bei jeder rechtswidrigen Straftat (nicht mehr nur bei gewerbs- und bandenmäßig begangenen Delikten) ebenfalls geschlossen werden; auch die Einziehung deliktischen Vermögens unklarer Herkunft soll zukünftig im Bereich des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität unabhängig vom Nachweis einer konkreten Straftat ermöglicht werden.

Praxishinweis: Es ist anerkannt, dass eine wirksame strafrechtliche Vermögensabschöpfung für die nachhaltige Kriminalitätsbekämpfung, erforderlich ist. Diesem Ziel wird das geltende Recht nach Ansicht der Bundesregierung nicht gerecht. Die bislang geltende Systematik der Vermögensabschöpfung sei aufgrund ihrer Komplexität nicht nur unübersichtlich, sondern auch mit zahlreichen tatsächlichen und rechtlichen Zweifelsfragen belastet, sodass in der Praxis oftmals von zeit- und energieaufwendigen vermögensabschöpfenden Maßnahmen abgesehen wird. Allein die Bestimmung des Einziehungsgegenstandes ist oft Gegenstand von Unsicherheiten und gerichtlichen Beschlüssen (Stichwort: "Bruttoprinzip" beim Verfall). Die Reform des Abschöpfungsrechts ist daher überfällig. Es ist zu hoffen, dass sich der Gesetzesentwurf der erheblichen praktischen Probleme annimmt und diese löst. Dabei darf gerade für den Bereich der Wirtschaftsdelikte nicht vergessen werden, das Verhältnis von Einziehung, Opferentschädigung und Unternehmensgeldbuße zu klären.

Heuking Kühn Lüer Wojtek verfügt über ausgewiesene Expertise im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht. Wir beraten und verteidigen Unternehmen wie Führungskräfte in allen strafrechtlichen Fragestellungen und Situationen – präventiv, aber auch in der Krise. Zudem unterstützen wir bei der Einrichtung und Optimierung von Compliance Management-Systemen und führen interne Ermittlungen im Verdachtsfall durch.

Weitere Informationen über die Praxisgruppe finden Sie auf der Website der Praxisgruppe Wirtschafts- und Steuerstrafrecht.

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