Sonderupdate Arbeitsrecht September 2021
“Sind Sie geimpft?“ – (K)ein Fragerecht des Arbeitgebers nach dem Impfstatus des Arbeitnehmers
Ganz Deutschland – auch von der Politik befeuert – treibt diese Tage eine Frage um: Darf der Arbeitgeber seine Mitarbeiter nach deren Impfstatus fragen?
Die Beantwortung dieser Frage ist alles andere als trivial. Denn die Entscheidung der Beschäftigten, sich impfen zu lassen, ist, sofern sie keiner Impfpflicht unterliegen, privater und sensibler Natur. Sie müssen hierüber nur dann wahrheitsgemäß Angaben gegenüber dem Arbeitgeber machen, wenn dieser ein berechtigtes oder schutzwürdiges Interesse an dieser Information hat.
Ferner ist zu beachten, dass es sich bei den Angaben zum Impfstatus um besonders schützenswerte Gesundheitsdaten im Sinne des Art. 9 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) handelt. Bereits die Frage nach dem Corona-Impfstatus stellt einen Akt der Datenerhebung dar und ist mithin nur dann zulässig, wenn diese Angabe erforderlich ist, damit der Arbeitgeber oder die beschäftigte Person die ihm bzw. ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen bzw. ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, soweit dies nach Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig ist (Art. 9 Abs. 2 DSGVO).
Eine gesetzliche Impflicht gegen Covid-19, deren Einhaltung der Arbeitgeber überwachen müsste, gibt es bis dato nicht. Auch wurde ein Fragerecht des Arbeitgebers nicht in die aktuelle Corona-Arbeitsschutzverordnung aufgenommen. Die Hürden für ein arbeitgeberseitiges Fragerecht nach dem Corona-Impfstatus sind daher hoch. § 23 a Infektionsschutzgesetz (IfSG) sieht ein Fragerecht nach dem Impfstatus der Beschäftigten lediglich dann vor, wenn dies zur Erfüllung von Verpflichtungen aus § 23 Absatz 3 IfSG, der sich auf Einrichtungen im medizinischen und im Bereich der Pflege beschränkt, in Bezug auf übertragbare Krankheiten erforderlich ist. Während zum Teil argumentiert wird, dass dieses Fragerecht auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden müsste, findet diese Ansicht jedoch keine Stütze im Gesetz. Zuletzt einigten sich die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD darauf, in bestimmten, besonders risikobehafteten Bereichen ein Fragerecht gesetzlich zu verankern. Dies soll, so der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Hennrich, insbesondere Pflegeeinrichtungen, Schulen, Kindertagesstätten und Gemeinschaftsunterkünfte wie Obdachlosenheime betreffen. Dafür soll das Infektionsschutzgesetz geändert werden.
Somit dürfte ein Fragerecht des Arbeitgebers außerhalb der als gesetzlich besonders sensibel festgelegten Bereiche lediglich dann bestehen, wenn der Arbeitgeber diese Information benötigt, um gesetzlichen oder vertraglichen Pflichten nachzukommen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, zu beachten, dass kein milderes Mittel vorhanden sein darf, mit dem der Arbeitgeber der jeweiligen Pflicht genügen kann. Als Beispiele eines zulässigen Fragerechts kommen die Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht, um sich impfen zu lassen, oder die Prüfung der Einsatzmöglichkeit der Beschäftigen bei Vertragspartnern in Betracht, die im Rahmen ihres Hausrechts Ungeimpften keinen Zugang zu ihren Betrieb gewähren. Ein anlassloses Fragerecht, um sich eine Übersicht über den Impfstatus der Belegschaft zu verschaffen, dürfte dagegen im Allgemeinen nicht gegeben sein, es sei denn die Abfrage erfolgt anonymisiert.
Hingegen dürfte es zulässig sein, Beschäftigte, die sich impfen lassen, gegenüber solchen zu bevorzugen, deren Impfstatus unbekannt ist. Ebenso sollte es nicht zu beanstanden sein, wenn der Arbeitgeber diese Beschäftigten so behandelt, als wäre ihr (negativer) Impfstatus positiv bekannt.
Wie so oft wirft die vorliegende Thematik eine Reihe an Folgefragen auf, bspw. wie oft der Status, sofern dem Grunde nach zulässig, abgefragt werden darf, wer Zugang zu diesen Informationen haben kann, oder ob Beschäftigte, die ungeimpft sind oder sich weigern, ihren Impfstatus mitzuteilen, auf eine Beschäftigung im Home-Office verwiesen werden können.
Diese und weitere Fragen werden wir demnächst im Rahmen einer neuen FAQ-Ausgabe beantworten.