Update Arbeitsrecht Mai 2023
Urlaubslisten sind keine Geschäftsgeheimnisse eines Unternehmens
Urteil des Oberlandesgerichts Dresden (OLG Dresden) vom 14.03.2023 – Az. 4 U 1377/22
Sachverhalt
Die Klägerin (eine GmbH) begehrte von der beklagten Gewerkschaft die Unterlassung der Verwendung von Daten aus ihrer Lohnbuchhaltung sowie Auskunft über den Besitz und Herausgabe von weiteren Unterlagen mit vertraulichen Informationen der Klägerin.
Zwischen den Parteien war ein Rechtsstreit vor dem Landgericht (LG) Zwickau anhängig. In diesem legte die Beklagte zu Beweiszwecken zwei E-Mails der Klägerin vor, die eine ehemalige Mitarbeiterin der Klägerin an deren Steuerberater gesandt hat.
Aus den E-Mails ergaben sich urlaubs- und krankheitsbedingte Fehlzeiten des Geschäftsführers und mehrerer Arbeitnehmer der Klägerin.
Die Klägerin nahm die Beklagte wegen der in den E-Mails enthaltenen Daten auf Unterlassung, Herausgabe und Auskunftserteilung in Anspruch und rügte Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG).
Rechtliche Lösung
Nachdem bereits die Vorinstanz die Klage abwies, hatte die Klägerin auch mit ihrer Berufung keinen Erfolg. Der Klägerin standen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
Nach Ansicht des OLG Dresden konnte sich die Klägerin als juristische Person nicht auf die in der DSGVO enthaltenen Ansprüche berufen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 4 Nr. 1 DSGVO betreffe der Schutz der dort benannten „personenbezogenen Daten“ nur Informationen im Hinblick auf eine identifizierbare natürliche Person („betroffene Person“).
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche folgten auch nicht aus den Vorschriften des GeschGehG, da ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nr. 1 GeschGehG nach Ansicht des OLG Dresden nicht vorlag. Zwar handele es sich bei den Daten aus der Lohnbuchhaltung, die die Beklagte im Parallelprozess vorgelegt hatte, um Informationen, die nicht allgemein bekannt seien und an deren Geheimhaltung die Klägerin bereits im Hinblick auf den Schutz der persönlichen Daten ihrer Arbeitnehmer ein erhebliches Interesse habe.
Einen wirtschaftlichen Wert – den die Legaldefinition des § 2 Nr. 1a GeschGehG fordert – hätten diese Informationen jedoch nicht. Einen solchen weise eine Information nur dann auf, wenn
- sie über einen tatsächlichen oder künftigen Handelswert verfüge,
- Relevanz für die Wettbewerbsposition eines Unternehmens habe
- oder ihr Bekanntwerden für den Inhaber des Geschäftsgeheimnisses wirtschaftliche Nachteile mit sich bringe.
Dies sei bei den im Parallelprozess vorgelegten Urlaubslisten jedoch nicht erkennbar, da diese weder einen Rückschluss auf den Personalbestand noch auf die Urlaubs- oder Gehaltsstruktur der Klägerin zuließen.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Dresden überzeugt in der Sache durch die konsequente Gesetzesanwendung (§ 2 Nr. 1a GeschGehG). Arbeitgeber sollten sich vor Augen führen, dass auch eine Information, an deren Geheimhaltung ein erhebliches Interesse besteht, nicht automatisch dem Schutz des GeschGehG unterliegt. Die umfassenden Beseitigungs-, Unterlassungs-, Herausgabe- und Auskunftsansprüche (vgl. §§ 6, 7, 8 GeschGehG) setzen vielmehr einen wirtschaftlichen Wert der betreffenden Information voraus. Als typische Beispiele nennt die Gesetzesbegründung z.B. Herstellungsverfahren, Geschäftsstrategien, Prototypen oder Formeln und Rezepte.