29.07.2022FachbeitragCorona

Update Arbeitsrecht Juli 2022

Vergütungsanspruch von Maskenverweigerern

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.04.2022 – 7 Sa 106/22

Mit Urteil vom 26. April 2022 hat das LAG Berlin-Brandenburg bestätigt, dass Arbeitgeber im Rahmen ihres Direktionsrechts nach § 106 GewO anordnen können, in bestimmten Situationen zum Gesundheitsschutz eine Maske zu tragen. Die Vorlage eines pauschalen ärztlichen Attests reicht nicht aus, ausreichend darzulegen, aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert zu sein. In diesem Fall setzt das Arbeitsangebot ohne Maske den Arbeitgeber auch nicht in Annahmeverzug (§ 615 BGB), sodass ein Vergütungsanspruch ausscheidet.

Sachverhalt

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche für Zeiten, in denen die Beklagte den Kläger weder beschäftigte, noch entlohnte, da dieser das Tragen einer Maske am Arbeitsplatz verweigerte. 

Der Kläger ist seit März 2018 bei der Beklagten, einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb ohne Betriebsrat, als Anlagenfahrer/Schichtleiter tätig. Aufgrund der Corona-Pandemie führte die Beklagte im Oktober 2020 auf Grundlage ihres Direktionsrechts eine Maskenpflicht ein. Überall dort, wo ein Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden konnte und in allen öffentlichen Bereichen sowie beim Verlassen des Arbeitsbereichs sollten Mitarbeitende zukünftig eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Möglichkeit der Impfungen oder eines Antigen-Schnelltests bestanden zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nachdem der Kläger sich bereits im Vorfeld öffentlich gegen eine Maskenpflicht ausgesprochen hatte, überreichte er der Beklagten zwei ärztliche Atteste, in denen ihm – ohne weitere Erklärung – vom Tragen einer Maske „abgeraten“ bzw. das Tragen als „unzumutbar“ bezeichnet wurde. Die Atteste waren diesbezüglich sehr pauschal und doppeldeutig formuliert. Da der Kläger ebenfalls das Tragen eines Gesichtsvisiers ablehnte, setzte die Beklagte ihn in der Folgezeit nicht mehr ein und leistete keine Vergütung mehr. 

Entscheidung des LAG

Wie schon das Arbeitsgericht Neuruppin, hat auch das LAG Berlin-Brandenburg die Klage vollumfänglich abgewiesen. Demnach hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Vergütung aus §§ 611 a Abs. 2, 615 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag. Das Gericht bestätigte, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung nicht im Verzug i.S.d. §§ 293 ff. BGB befunden hat.

Gem. § 106 GewO durfte die Beklagte das Tragen einer Maske bei der Arbeit wirksam anordnen. Die Weisung habe billigem Ermessen entsprochen, da die Pflicht zum Tragen einer Maske Teil eines Hygienekonzepts gewesen sei, Ansteckungen zu vermeiden. Die Maskenpflicht habe sich in der Regel nur auf wenige Minuten beschränkt, da in den meisten Fällen sowieso der Mindestabstand eingehalten werden konnte. Das LAG Berlin-Brandenburg betonte in diesem Zusammenhang nochmals, dass das Allgemeine Persönlichkeitsrechts des Klägers gerade in dem Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 S.1 GG) der übrigen Mitarbeitenden seine Grenzen finde.

Grundsätzlich sei der Kläger darlegungs- und beweispflichtig, entsprechende gesundheitliche Gründe, die gegen das Tragen einer Maske sprechen, vorzutragen. Allein die Vorlage der beiden ärztlichen Atteste sei dafür allerdings nicht ausreichend gewesen. Aus dem Inhalt sei nicht eindeutig hervorgegangen, dass dem Kläger das Tragen einer Maske aus Gründen, die auf seine eigene Gesundheit bezogen sind, nicht zumutbar gewesen wäre. In beiden Attesten sei dem Kläger lediglich aus „hausärztlicher Sicht“ sowie aus „medizinischen Gründen“ davon abgeraten worden. Die vorgelegten Atteste dienen damit auch nicht als Anscheinsbeweis für die Unzumutbarkeit. Der Beweiswert eines ärztlichen Attests zur Maskenbefreiung ist nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg eindeutig von dem einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung im Rahmen eines Entgeltfortzahlungsprozesses zu unterscheiden. Im hiesigen Rechtsstreit sei die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gerade nicht geeignet gewesen, der Beklagten das Recht zur Leistungsverweigerung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 EFZG zu entziehen. Schließlich existieren auch gar keine vergleichbaren Regelungen für die ärztlich attestierte Maskenbefreiung.

Unterstützend führt das Gericht aus, dass der Beweiswert des Attests ohnehin allein durch das vorherige Verhalten des Klägers erschüttert gewesen sei. Der Kläger habe sich bereits im Vorfeld abwertend über eine mögliche Maskenpflicht geäußert und gegenüber Dritten sogar erklärt, dass die von ihm aufgesuchte Ärztin „Maskenbefreiungen“ ausstelle. 

Fazit

Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg ist zu befürworten. Auch in diesem Fall zeigt sich erneut, welches Gewicht der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht gegenüber weiteren Mitarbeitenden zukommt. 

Ebenfalls zuzustimmen ist der Auffassung, dass ärztlichen Attesten im Hinblick auf die Unzumutbarkeit des Tragens einer Maske grundsätzlich nicht derselbe hohe Beweiswert zukommt wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei der Frage der Entgeltfortzahlung. Eine pauschal ärztlich attestierte Maskenbefreiung reicht nicht aus, den Arbeitgeber in Annahmeverzug zu setzen. Wer das Tragen einer Maske verweigert und dennoch weiterhin Vergütung beansprucht, muss mehr als ein bloßes Gefälligkeitsattest vorlegen. 

Gerade aus Arbeitgebersicht ist die hiermit gewonnene Rechtssicherheit bei der Frage der Vergütung von Maskenverweigerern insofern zu begrüßen. 

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