02.06.2015Fachbeitrag

Newsletter Arbeitsrecht Juni 2015

Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers – Einwilligungserfordernis

BAG, Urteil vom 19.2.2015 – 8 AZR 1011/13

Nach § 22 KUG dürfen Bildnisse von Arbeitnehmern nur mit ihrer schriftlichen Einwilligung erfolgen. Eine ohne Einschränkung erteilte Einwilligung erlischt nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Sie kann aber widerrufen werden, wenn dafür ein plausibler Grund angegeben wird.

Der Kläger war bei der Beklagten als Monteur beschäftigt. Zur Vorbereitung eines neuen Internetauftritts ließ die Beklagte einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wird. In dem betreffenden Video ist auch der Kläger in zwei kurzen Sequenzen zu sehen. Wie andere 31 Mitarbeiter auch, hatte der Kläger schriftlich eine „Einverständniserklärung“ hierfür erteilt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen widerrief der Kläger eine „möglicherweise gegebene Einwilligung” zur Veröffentlichung seines Bildes und forderte die Beklagte auf, das Video von der Homepage zu entfernen. Die Beklagte folgte dieser Aufforderung zwar, behielt sich aber vor, den Werbefilm zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf der Unternehmenswebseite einzustellen. Hiergegen ging der Kläger gerichtlich vor.

Das Arbeitsgericht hat die Klage teilweise abgewiesen. Die Berufung des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht blieb ebenso wie die Revision des Klägers ohne Erfolg.

Erforderlichkeit der Schriftform für die Einwilligung?

Auch das BAG beschäftigte sich zunächst mit der Frage nach dem Schriftformerfordernis einer etwaig zu erteilenden Einwilligung. Ausgangspunkt hierbei ist das vorliegend vorrangig anzuwendende KUG, welches für die Einwilligung keine Formerfordernisse aufstellt. Dies jedoch stellt zugleich einen erkennbaren Wertungswiderspruch zu den Einwilligungserfordernissen des § 4a Abs. 1 Satz 3 BDSG dar, der grundsätzlich Schriftform verlangt.

Konfliktlösung im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 22 KUG

Nach Ansicht des BAG, das sich diesbezüglich der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anschließt, sei dieser Konflikt durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 22 KUG zu lösen. Das jeweilige Gericht habe daher stets im Einzelfall, unter Abwägung des Verwendungsinteresses des Arbeitgebers einerseits und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung andererseits, zu prüfen, ob eine Erlaubnis erforderlich ist, und wenn ja, in welcher Form.

Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung begründet Schriftformerfordernis der Einwilligung

Wegen der Bedeutung des Rechts des Arbeitnehmers, auch im Arbeitsverhältnis sein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führe eine solche Abwägung im Ergebnis dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf. Nur dadurch könne verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolgt und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen. Der Möglichkeit der informationellen Selbstbestimmung stünde hierbei im Übrigen weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind, noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers entgegen.

Einwilligung endet nicht automatisch mit Ende des Arbeitsverhältnisses

Eine wirksam erteilte Einwilligung des Klägers i.S.d. § 22 KUG, so das BAG weiter, erlösche ferner nicht automatisch mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dem Wortlaut nach sei die Einwilligung ohne kalendermäßige Befristung erteilt worden und auch nicht lediglich auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränkt gewesen.

Widerrufsmöglichkeit nur bei Vorliegen eines „wichtigen Grundes“

Eine einmal erteilte Einwilligung könne (nachträglich) nur dann widerrufen werden, wenn der Mitarbeiter hierfür einen „wichtigen Grund“ vorbringen kann. Dies gelte jedenfalls dann, wenn mit dem Mitarbeiter nicht herausgehoben und auf seine konkrete Person zugeschnitten geworben wurde, sondern der Film reinen Illustrationszwecken diente. Im Ergebnis der in solchen Fällen vorzunehmenden Gesamtabwägung sei daher zu verlangen, dass der widerrufende Arbeitnehmer einen Grund im Sinne einer Erklärung angibt, warum er nunmehr, anders als bei der Jahre zurückliegenden Erteilung der Einwilligung, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenläufig ausüben will. Eine in diesem Sinne plausible Erklärung für den Widerruf hatte der
Kläger vorliegend nicht gegeben.

Fazit

Aus Unternehmenssicht sollte in jedem Fall eine schriftliche Einwilligung des Arbeitnehmers eingeholt werden, die den konkreten Verwendungszweck des Films so genau wie möglich bezeichnet. Eine solche Einwilligung erlischt sodann nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Es muss daher stets im Einzelfall geprüft werden, wie der Arbeitnehmer konkret in das Video eingebunden wurde und welche Umstände sich im Verhältnis zum Zeitpunkt der Erteilung seiner Einwilligung geändert haben und ob nicht ein wichtiger, persönlichkeitsrechtlich geprägter Grund ihm ausnahmsweise den Widerruf gestattet.

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