Update Arbeitsrecht Oktober 2021
Verordnung zur Änderung der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz
Im kommenden Jahr werden vom 1. März 2022 bis zum 31. Mai 2022 wieder die turnusmäßig alle vier Jahre stattfindenden Betriebsratswahlen in Deutschland durchgeführt. Nachdem der Bundesrat am 8. Oktober 2021 dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgelegten Verordnungsentwurf zur Änderung (unter anderem) der Wahlordnung zum Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zugestimmt hat, wurde die Verordnung am 14. Oktober 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Über die wesentlichen Änderungen soll im Folgenden ein Überblick gegeben werden:
Überblick über die Änderungen
Der für die Durchführung der Betriebsratswahl zuständige Wahlvorstand kann künftig beschließen, dass – abweichend vom Regelfall – eine Teilnahme an einer nicht öffentlichen Sitzung des Wahlvorstandes mittels Video- oder Telefonkonferenz möglich ist. Für öffentliche Sitzungen des Wahlvorstandes wie die Stimmauszählung nach erfolgter Wahl sowie das Erstellen der sog. Wahlniederschrift, in der unter anderem die Stimmenzahlen der jeweiligen Bewerber für den Betriebsrat festgehalten werden müssen, bleibt eine Präsenzsitzung vorgeschrieben. Sollte der Wahlvorstand eine Sitzung mittels Video- oder Telefonkonferenz beschließen, kann die Sitzung vollständig online stattfinden oder als „Hybrid-Modell“ mittels digitaler Zuschaltung einzelner Mitglieder des Wahlvorstandes erfolgen.
Zudem wurde die nach alter Rechtslage noch vorgesehene Abgabe der Stimmen in Wahlumschlägen abgeschafft. Künftig kann der gefaltete Stimmzettel ohne Umschlag in die Wahlurne geworfen werden. Man will so den Zeitaufwand des Wahlvorstandes beim Auszählen der Stimmen reduzieren und zugleich einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten. Unabhängig davon bleibt die gesonderte Briefwahl von zu Hause aus möglich.
Bisher mussten Arbeitnehmer in einer sog. Wählerliste stehen, um die künftigen Mitglieder des Betriebsrates wählen zu dürfen. Eine Korrektur dieser Liste war nach alter Rechtslage nur bis zum Tage vor dem Beginn der Stimmabgabe möglich. Diese Frist wurde nun insoweit verlängert, als die Richtigkeit der Wählerliste auch noch am Tag der Wahl bis zum Abschluss der Stimmabgabe geprüft und berichtigt werden kann.
Das vom Wahlvorstand sechs Wochen vor der Wahl zu erlassene, sog. Wahlausschreiben muss künftig auf zusätzliche, formelle Aspekte hinweisen. Aufgenommen werden muss unter anderem ein Hinweis auf die Frist zur Einlegung eines Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste. Diese Frist beträgt zwei Wochen seit Erlass des Wahlausschreibens. Über die bestehenden Hinweispflichten hinaus wird künftig außerdem auch auf die Rechtsfolgen eines fehlenden Einspruchs gegen die Richtigkeit der Wählerliste hinzuweisen sein. Nach den Regelungen im BetrVG ist eine Wahlanfechtung wegen Unrichtigkeit der Wählerliste bei fehlendem, vorherigem fristgerechten Einspruch gegen die Liste ausgeschlossen.
Die schriftlich eingegangenen Stimmen im Rahmen der Briefwahl hatte der Wahlvorstand nach der alten Regelung „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe“ zu öffnen und in die Wahlurne zu legen. In der Praxis herrschte vielfach Unsicherheit, wann noch von einer „unmittelbar“ vor Abschluss der Stimmabgabe erfolgten Öffnung ausgegangen werden konnte. Nunmehr ist die Öffnung der Briefwahlunterlagen daher erst zu Beginn der öffentlichen Sitzung zur Stimmauszählung vorzunehmen.
Schließlich kann der Wahlvorstand in bestimmten Fällen wie bei Einsprüchen gegen die Wählerliste oder bei der Frist für die Beseitigung von Mängeln der Wahlvorschläge künftig anders als bisher eine Uhrzeit für den letzten Tag der Frist festlegen, bis zu der entsprechende Erklärungen bei ihm einzugehen haben. Hierdurch kann die Notwendigkeit einer Anwesenheit von Mitgliedern des Wahlvorstandes im Betrieb bis 24:00 Uhr vermieden werden.
Bewertung
Die nunmehr vorgenommenen Änderungen enthalten „Licht und Schatten“. Während die Abschaffung der Wahlumschläge für die Stimmabgabe im Betrieb sinnvoll, wenn auch längst überfällig ist, und die Möglichkeit von „Online-Sitzungen“ des Wahlvorstandes eine zeitgemäße Anpassung an den pandemiebedingten Status-Quo darstellt, erhöhen etwa die zusätzlichen Anforderungen für die Erstellung des Wahlausschreibens die Fehleranfälligkeit des Verfahrens.
Die Durchführung einer Betriebsratswahl in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Wahlordnung ist also auch nach Inkrafttreten der Änderungen komplex. Die Reduzierung dieser Komplexität bleibt somit künftige Aufgabe des Verordnungsgebers auch mit Blick auf das Risiko einer Wiederholung der Wahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung und den damit verbundenen Kosten für den Arbeitgeber. Für die kommende Betriebsratswahl kann Arbeitgebern empfohlen werden, potentielle „Fehlerquellen“, die zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl führen können, frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, um die erheblichen Zusatzkosten einer Wahlwiederholung zu verhindern.