Update Compliance 27/2015
Kapitalmarktpublizität: Bei Verstößen drohen zukünftig höhere Bußgelder und der "Pranger"
Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätsvorschriften sind seit dem Inkrafttreten neuer Regeln im Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) am 25. November 2015 erheblich teurer: Der Bußgeldrahmen wurde verdoppelt, Unternehmen müssen neuerdings mit Umsatzabschöpfungen rechnen. Hinzu kommt, dass die BaFin verhängte Bußgelder und durchgeführte Aufsichtsmaßnahmen jetzt im Internet veröffentlicht.
Das gilt etwa bei Verstößen gegen §§ 21, 25 WpHG. Wer bei dem Erwerb oder der Veräußerung von Stimmrechten oder auf sonstige Weise bestimmte Grenzwerte erreicht, über- oder unterschreitet, unterliegt nach diesen Vorschriften Mitteilungspflichten gegenüber der BaFin und dem Emittenten der Stimmrechte. Die Grenzwerte liegen zwischen 3% und 75%.
Verschärfung der Sanktionierung von Verstößen
Wer gegen die Meldepflicht verstößt, kann als Privatperson nunmehr mit einem Bußgeld von bis zu 2 Mio. Euro (bislang: 1 Mio. Euro) belegt werden (§ 39 Abs. 4 WpHG). Bei juristischen Personen können ab sofort bis zu 5% des Gesamtumsatzes des vorherigen Geschäftsjahres abgeschöpft werden. Bei verbundenen Gesellschaften kann der Gesamtumsatz der Muttergesellschaft maßgeblich sein. Die Verschärfung geht auf europäisches Recht zurück: Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2013/50/EU stellt klar, dass die Veröffentlichung von Verwaltungsmaßnahmen und Sanktionen auf breite Kreise abschreckend wirken soll.
Veröffentlichung von Bußgeldern und Aufsichtsmaßnahmen auf der Internetseite der BaFin
Betroffene von Maßnahmen und Bußgeldern wegen Verstößen gegen das WpHG werden zudem namentlich im Internet genannt. Rechtsgrundlage hierzu ist der neue § 40c WpHG, demzufolge bestimmte Verstöße gegen das WpHG zu veröffentlichen sind. Auch diese Vorschrift setzt die EG-Richtlinie 2004/109/EG (Transparenz-Richtlinie) um, welche die EU mit der Richtlinie 2013/50/EU um entsprechende Vorgaben ergänzt hat.
§ 40c WpHG erfasst Maßnahmen und Bußgelder wegen Verstößen gegen die Abschnitte 5, 5a und 11 Unterabschnitt 2 des WpHG. Dabei handelt es sich vorwiegend um Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten von Emittenten wie etwa die Pflicht, die Einberufung der Hauptversammlung im Bundesanzeiger bekanntzumachen (§ 30b Abs. 1 WpHG) oder Finanzberichte zu veröffentlichen (§§ 37v ff. WpHG). Entsprechendes gilt für Ordnungsgelder i. S. des neu gefassten § 335 Abs. 1d HGB gegen Gesellschaften, die gegen bestimmten handelsrechtlichen Vorlagepflichten nicht nachkommen. Wer gegen solche Pflichten verstößt, wird nach der neuen Rechtslage „an den Pranger“ gestellt.
Die Veröffentlichung erfolgt schon vor Eintritt der Rechtskraft. Das unterscheidet § 40c WpHG von § 60b KWG, der bereits seit längerem eine Veröffentlichungspflicht für Verstöße im Bereich des KWG vorsieht. Die Prangerwirkung ist damit umso größer, als dass sich der Schaden, der durch die Veröffentlichung entsteht, durch Rechtsmittel nicht unbedingt ausgleichen lässt. Die BaFin ist lediglich verpflichtet, in der Veröffentlichung auf das eingelegte Rechtsmittel hinzuweisen. Erneut stellt sich also wie bei § 60b KWG die Frage, ob Persönlichkeitsrechte der Betroffenen ausreichend gewahrt sind. Gem. § 40c Abs. 1 Buchst. a WpHG kann die BaFin aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von der Veröffentlichung personenbezogener Daten zwar absehen. Angesichts der gerade erwünschten Abschreckungswirkung ist jedoch mit einem zurückhaltenden Gebrauch dieser Ausnahmeregelung zu rechnen.
Praxishinweis:
Die schon in der Vergangenheit sukzessive Verschärfung der Sanktionspraxis, die jetzige Erhöhung des Bußgeldrahmens sowie die Einführung des Internet-Prangers gibt genügend Anlass, ein Compliance-Instrumentarium zur Überwachung der Einhaltung der Publizitätsvorschriften des WpHG vorzuhalten. Die Mitteilungspflicht trifft nicht nur institutionelle Anleger, sondern auch Privatanleger, sodass z. B. auch Vermögensverwalter und family offices für ihre Kunden darauf zu achten haben, dass sie Grenzwertüber- oder -unterschreitungen unverzüglich melden.
Die Über- oder Unterschreitung von Anteilsgrenzen wird von der BaFin im Rahmen ihrer laufenden Überwachung rastermäßig und automatisiert überprüft, Meldepflichtverstöße können daher vergleichsweise einfach festgestellt werden. Wer sich auf ein Versehen beruft, dem halten Aufsichtsbehörden erfahrungsgemäß entgegen, dass dies nicht entlaste, denn: Wer sich auf dem Kapitalmarkt bewegt, kenne auch die Regeln. Sei das nicht der Fall, handele er mindestens leichtfertig.
Hat die BaFin ein Bußgeldverfahren eingeleitet oder zur Stellungnahme aufgefordert, besteht Handlungsbedarf: Angesichts der hohen Bußgeldandrohung ist über einen Rechtsanwalt Einsicht in die Bußgeldakte zu nehmen (§ 147 StPO). Diese gibt Auskunft über den genauen Hintergrund des Vorwurfs, auf den sich eine (in der Regel schriftlche) Stellungnahme beziehen kann.