Newsletter Gesellschaftsrecht / M&A November 2018
Ankündigung der Gesellschafterversammlung einer GmbH
OLG Jena, Beschluss vom 15.6.2018 – 2 U 16/18
Für den Beginn der dreitägigen Ankündigungsfrist von Beschlussgegenständen der Gesellschafterversammlung einer GmbH ist bei Zustellungen im Inland eine Postlaufzeit von zwei Werktagen zugrunde zu legen. Nur dann kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass alle Gesellschafter von der Ankündigung Kenntnis erlangt haben.
Ankündigung von Beschlussgegenständen mindestens drei Tage vor Beschlussfassung durch eingeschriebenen Brief
Die frühzeitige Kenntnis von Beschlussgegenständen einer Gesellschafterversammlung ist von elementarer Bedeutung für die Gesellschafter. Vor allem bei Entscheidungen von hoher Tragweite kann es von einem Gesellschafter regelmäßig nicht erwartet werden, dass er kurzfristig zu einer Meinungsbildung gelangt. Auch wenn der tägliche Geschäftsverlauf ein kurzfristiges Nachreichen von Beschlussgegenständen erforderlich machen kann, muss ein Gesellschafter vor einer missbräuchlichen Nachreichung erst kurz vor dem Versammlungstermin geschützt werden. Hierfür bestimmt § 51 Abs. 4 GmbHG, dass nur Beschlüsse über Gegenstände gefasst werden können, welche wenigstens drei Tage vor der Versammlung durch eingeschriebenen Brief angekündigt worden sind.
Problematik der Fristwahrung
Ob diese dreitägige Frist eingehalten wurde, war Gegenstand einer Entscheidung des OLG Jena vom 15. Juni 2018 (Az. 2 U 16/18). Der klagende Gesellschafter begehrte die Nichtigerklärung des Beschlusses und rügte unter anderem, dass er erst 36 Stunden vor der Beschlussfassung über den Gegenstand in Kenntnis gesetzt wurde. Bei Beschlussfassung waren lediglich 87,25 Prozent der Stimmanteile vertreten.
OLG Jena zu den Voraussetzungen einer wirksamen Ankündigung
Der Senat hat dem Kläger zugestimmt und ausgeführt, welche Anforderungen an eine wirksame Mitteilung der Beschlussgegenstände gestellt werden, insbesondere unter welchen Voraussetzungen die dreitägige Ankündigungsfrist gewahrt wird.
Fristende der dreitätigen Einberufungsfrist fällt auf den Vortag der Versammlung
Das OLG Celle ermittelt den Fristbeginn im Wege einer Rückrechnung ab dem Tag der Versammlung. So folge bereits aus der Formulierung „vor“ in § 51 Abs. 4 GmbHG, dass der Tag der Versammlung selbst bei der Fristberechnung nicht berücksichtigt werde. Der Vortag der Versammlung markiere das Fristende.
Späteste Kenntnis des Gesellschafters faktisch weniger als drei volle Tage vor der Versammlung
Im Rahmen dieser Rückrechnung ist mithin eine Besonderheit der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung zu berücksichtigen: Nach einhelliger Ansicht kommt es für den Fristbeginn nicht auf den Tag der Absendung der Ankündigung oder gar den tatsächlichen Zugang beim Gesellschafter an. Maßgebend ist vielmehr, wann bei üblicher Postlaufzeit spätestens mit dem Zugang zu rechnen ist. Dieser Tag ist bei der Fristberechnung einzubeziehen. Damit fällt der spätestens mögliche Beginn der Drei-Tages-Frist auf den Tag, welcher drei Tage vor der Versammlung liegt. Sollte der Gesellschafter die Mitteilung – wie im Postlauf üblich – zur Tagesmitte erhalten, hat er daher faktisch nur zweieinhalb Tage zur Vorbereitung.
Übliche Postlaufzeit von zwei Tagen zu berücksichtigen
Damit steht jedoch noch nicht fest, wann die Mitteilung abgesendet werden muss, sodass mit Zugang am dritten Tag vor der Versammlung gerechnet werden kann. Hierbei geht das OLG Celle in Übereinstimmung mit weiteren Obergerichten – mit Blick auf den Schutzzweck des § 51 Abs. 4 GmbHG – von einer üblichen Postlaufzeit von zwei Werktagen aus. Das Schreiben ist danach spätestens fünf Werktage vor Versammlungsbeginn aufzugeben, wenn es noch am selben Tag in den Postlauf gelangt. Mit einer späteren Aufgabe zur Post würde die einberufende Gesellschaft die Drei-Tages-Frist nicht mehr wahren können.
Verstoß gegen die Frist führt nicht per se zur Anfechtbarkeit des Beschlusses
Einen Verstoß gegen diese Frist und damit eine zu späte Mitteilung des Beschlussgegenstandes führt jedoch nicht per se zur Anfechtbarkeit des Versammlungsbeschlusses. Ein Gesellschafter kann sich – in Anwendung der allgemeinen „Relevanztheorie“ – nur dann auf die verspätete Mitteilung berufen, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der gefasste Beschluss durch den Fehler beeinflusst wurde. Es ist daher zu prüfen, ob ein Gesellschafter in seinen Teilnahme- und Mitwirkungsrechten beeinträchtigt wurde. Dem klagenden Gesellschafter soll damit eine Berufung auf einen bloß formellen Mangel verwehrt bleiben.
Maßgeblich ist die Betrachtung aller Gesellschafter, nicht nur des Klägers
Hierbei sei nicht bloß auf den klagenden Gesellschafter abzustellen, sondern sämtliche Gesellschafter seien zu berücksichtigen. So war im vorliegenden Fall entscheidend, dass nicht sämtliche Stimmrechte anwesend waren und die nicht anwesenden Stimmrechte zu einer gegenteiligen Beschlussfassung hätten führen können. Es sei nicht auszuschließen gewesen, dass diese Stimmrechte durch die verspätete Mitteilung von der Teilnahme an der Gesellschafterversammlung abgehalten wurden.
Fazit
Das Urteil befasst sich nur vordergründig mit den rein technischen Fragen der Einberufung einer Gesellschafterversammlung. Tatsächlich trifft es eine Aussage darüber, wann ein gefasster Beschluss wegen Verletzung der Drei-Tages-Frist des § 51 Abs. 4 des GmbHG der Anfechtung unterliegt. Schon allein zur Vermeidung dieser Folge sollte ein kurzfristiges Nachreichen von Beschlussgegenständen nach Ablauf der Drei-Tages-Frist generell vermieden werden. Sollte dennoch eine Mitteilung erst innerhalb der Frist möglich sein, sollten die Gesellschafter vorsorglich zum Verzicht auf die Frist des § 51 Abs. 4 des GmbHG aufgefordert werden.