Vergabe 744
Auftraggeber hat Rücksichtnahme- und Schutzpflichten
Ein Auftraggeber darf keine Leistungen ausschreiben, die bei ihrer Ausführung das Gesetz oder Rechte Dritter verletzen können; insbesondere darf er keine Leistungen fordern, die verboten sind (OLG Düsseldorf, 11.05.2016, VII-Verg 2/16).
Vorvertragliche Schutzpflichten
Der Grundsatz von Treu und Glauben und weitere Rücksichtnahme- und Schutzpflichten gelten nicht erst ab Vertragsschluss, sondern schon während der Anbahnung des Vertrags – und damit auch im Vergabeverfahren.
je höher das Risiko, desto höher die Pflichten des Auftraggebers
Ist die ausgeschriebene Leistung zwar nicht verboten, droht aber die Gefahr, dass es bei der Erfüllung des Auftrags zur Verletzung von Rechten Dritter (z. B. Patentrechtsverletzungen) kommt, muss der Auftraggeber im Rahmen seiner vorvertraglichen Schutzpflichten abschätzen, wie groß das Risiko einer Rechtsverletzung ist. Je mehr die Gefahr einer Rechtsverletzung besteht, desto höher sind die Pflichten des Auftraggebers, dieses Risiko einzuschränken oder auszuräumen. Er muss im Rahmen des ihm Möglichen und Zumutbaren alles tun, damit zumindest das Risiko einer Rechtsverletzung minimiert wird. Er muss die Bieter auf das Risiko hinweisen und sie dazu auffordern, dieses zu beachten.
Kein ungewöhnliches Wagnis
Das früher gesetzlich normierte Verbot des „ungewöhnlichen Wagnisses“ gibt es nicht mehr. Einzige Grenze ist die (Un-)Zumutbarkeit für den Bieter / Auftragnehmer. Preis- und Kalkulationsrisiken, die vertragstypischerweise ohnehin beim Auftragnehmer liegen, fallen aber regelmäßig nicht darunter.