27.03.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht März 2024

Ausgabe von Getränken und Getränkemarken an Arbeitnehmer als Arbeitsentgelt

LAG Köln, Urteil vom 27.09.2023 – 5 Sa 15/23

Arbeitgeber bieten ihren Arbeitnehmern vermehrt Getränke zum Verzehr im Büro an. Mit einem solchen Benefit wird oftmals auch bei Stellenausschreibungen geworben. Hierbei stellt sich die praktische Frage, inwieweit Außendienstmitarbeiter von solchen Getränkeangeboten ebenfalls profitieren können. Das Landesarbeitsgericht Köln hatte sich jüngst mit einem Fall auseinanderzusetzen, in dem ein freigestelltes Betriebsratsmitglied, das im Außendienst tätig war, von diesem Benefit profitieren wollte.

Sachverhalt

Der Kläger machte als freigestelltes Betriebsratsmitglied zusätzliche Getränkemarken für den Zeitraum von Januar bis September 2021 geltend. Er ist bei der Beklagten seit dem 10.05.1983 als Verkaufsberater im Außendienst beschäftigt. Er war seit 2018 als Mitglied des Betriebsrats vollständig von der Arbeitspflicht freigestellt. Die Beklagte produziert und vertreibt Erfrischungsgetränke. Sie ermöglicht ihren Mitarbeitern deren kostenfreien Verzehr nach folgenden Vorgaben:

„Alle Mitarbeiter sind berechtigt, während der Arbeitszeit am jeweiligen Standort Getränke aus sogenannten Kühlern zu entnehmen und zu konsumieren.“

Tatsächlich sind Außendienstmitarbeiter wegen ihrer Tätigkeit regelmäßig nicht in der Lage diese Möglichkeit zu nutzen.

Darüber hinaus stehen allen Mitarbeitern entsprechend einer Betriebsvereinbarung „Haustrunk“ 376 Haustrunkmarken jährlich zur Verfügung. Die ihnen zur Verfügung gestellten Marken können die Mitarbeiter im Einzelhandel zum Erwerb von Getränken nutzen. Die Betriebsvereinbarung legt zusätzlich fest, dass Außendienstmitarbeiter ein zusätzliches Guthaben von 90 Marken pro Quartal erhalten. Damit soll die Unterversorgung der Außendienstmitarbeiter während der Arbeitszeit ausgeglichen werden. In der Betriebsvereinbarung ist ausdrücklich klargestellt, dass der Vorortverzehr damit nicht ausgeschlossen ist.

Die Beklagte händigte dem Kläger nach seiner Freistellung die für die Außendienstmitarbeiter vorgesehenen Getränkemarken nicht mehr aus. Mit seiner Klage machte er die Herausgabe von 270 Marken für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 geltend. Das Arbeitsgericht wies in der ersten Instanz die Klage ab. Die vom Kläger eingelegte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil war jedoch teilweise erfolgreich.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht Köln hat dem Kläger einen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe von 270 Haustrunkmarken für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 zugesprochen. Ein darüberhinausgehender Feststellungsantrag wurde als unzulässig abgewiesen. Der Kläger war somit mit seiner Klage überwiegend erfolgreich.

Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe von 270 Haustrunkmarken für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 aus § 611 a Abs. 2 BGB i.V.m. § 37 Abs. 2 BetrVG. Zu dem nach § 37 Abs. 2 BetrVG fortzuzahlenden Arbeitsgeltend zählt auch die Herausgabe der zusätzlichen Getränkemarken für Außendienstmitarbeiter. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Zum Arbeitsentgelt im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG gehören nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts neben der Grundvergütung alle Zuschläge und Zulagen, die das Betriebsratsmitglied ohne Arbeitsbefreiung verdient hätte, insbesondere Zuschläge für Mehr-, Über-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Erschwernis- und Sozialzulagen. Dagegen sind nach § 37 Abs. 2 BetrVG nicht fortzuzahlen Aufwandsentschädigungen, die solche Aufwendungen abgelten sollen, die dem Betriebsratsmitglied infolge seiner Befreiung von der Arbeitspflicht nicht entstehen.

Die Überlassung von Getränkemarken an die Mitarbeiter stellt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Köln keine Aufwandsentschädigung, sondern die Leistung von Arbeitsentgelt im Sinne von § 37 Abs. 2 BetrVG dar. Der Kläger wird durch den Erhalt der 90 Getränkemarken folglich nicht unzulässig begünstigt. Ohne die zusätzlichen Marken hätte der Kläger ein geringeres Arbeitsentgelt als die mit ihm vergleichbaren Außendienstmitarbeiter erhalten.

Das Landesarbeitsgericht Köln musste in diesem Zusammenhang allerdings selbst feststellen, dass der Kläger im Vergleich mit anderen Außendienstmitarbeitern faktisch bessergestellt wird. Er erhält zwar grundsätzlich auch nur die gleiche Menge an Getränkemarken wie die anderen Außendienstmitarbeiter. Einen Vorteil gegenüber den vergleichbaren Kollegen erhält der Kläger aber in Bezug auf den Vorortverzehr. Dabei handele es sich nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts Köln jedoch nicht um einen rechtlichen Vorteil, weil alle Arbeitnehmer das Recht haben, den Vorortverzehr in Anspruch zu nehmen. Der Kläger werde aber faktisch gegenüber den anderen Außendienstmitarbeitern bessergestellt, weil diese wegen ihrer Außendiensttätigkeit zumeist nicht in der Lage sind, sich an den Kühlern mit Getränken zu versehen.

Praxistipp

Bei der Ausgestaltung von Benefits durch den Arbeitgeber ist stets darauf zu achten, ob eine hinreichende Differenzierung zwischen einzelnen Mitarbeitergruppen erforderlich ist. Hier empfiehlt es sich auch im Vorweg klare Formulierungen zu wählen, um spätere Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden. In dem hier vorliegenden Fall bestand vor allen Dingen eine Problematik darin, dass in diesem Einzelfall durch die Formulierung der Betriebsvereinbarungen faktisch ein Vorteil für das freigestellte Betriebsratsmitglied eingetreten ist. Diesen Widerspruch konnte auch das Landesarbeitsgericht Köln in seiner Entscheidung letztendlich nicht auflösen.

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