29.08.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht August 2024

Befristung erheblicher Arbeitszeiterhöhungen: Nur mit Sachgrund!

Arbeitsgericht (ArbG) Köln, Urteil v. 25.04.2024 – 8 Ca 423/24

Sachverhalt

Der Kläger ist seit dem 01.12.2020 als „Call Center Agent Bürgerdienste“ im „Front Office“ der beklagten Stadt beschäftigt.

Er ist in die Entgeltgruppe 4, Stufe 3 TVöD eingruppiert und erzielt bei einer Vollzeittätigkeit (39 Stunden pro Woche) ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 3.400 EUR. Mit Abschluss des Arbeitsvertrags wurde zwischen den Parteien ein Arbeitszeitumfang von 64,95 % einer Vollzeittätigkeit vereinbart. Dies entspricht 25,33 Stunden pro Woche.

Bereits mit Wirkung zum Beschäftigungsbeginn vereinbarten die Parteien eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf zunächst 30,39 Stunden pro Woche. Mit Wirkung ab dem 01.09.2021 vereinbarten die Parteien wiederum eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf 100 % einer Vollzeitstelle, d.h. 39 Stunden pro Woche – diese Erhöhung war ebenfalls befristet bis zum 31.08.2022 und wurde anschließend einvernehmlich bis zum 31.08.2024 verlängert.

Dieses Vorgehen entspricht dem bei der beklagten Stadt üblichen Vorgehen: Arbeitnehmer werden zwar unbefristet eingestellt; es wird allerdings jeweils nur ein Teilzeit-Stundenumfang vereinbart. Es erfolgt dann regelmäßig zunächst eine befristete Arbeitszeiterhöhung für Schulung und Einarbeitung und anschließend eine zweijährige befristete Erhöhung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle. Nach Ablauf der zweijährigen Befristungszeit prüft der Arbeitgeber, ob sich der Arbeitnehmer „bewährt“ hat. Erst, wenn dies der Fall ist, bietet der Arbeitgeber eine unbefristete Erhöhung der Arbeitszeit auf eine Vollzeitstelle an.

Der Kläger hält die Befristung der Arbeitszeiterhöhung für rechtswidrig und möchte festgestellt wissen, dass seine Arbeitszeit weiterhin 100 % der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit beträgt.

Rechtliche Würdigung

Das Gericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung des Klägers war unwirksam.

Die Arbeitszeiterhöhung betrug im entschiedenen Fall mehr als 25 % und war damit nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) erheblich. Die Befristung einer solchen erheblichen Arbeitszeiterhöhung stellt eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 BGB dar und ist damit unwirksam, wenn kein Sachgrund besteht, der auch die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würde.

An einem solchen Sachgrund fehle es, so das Arbeitsgericht. Bei der Tätigkeit des Klägers im "Front Office" handele es sich um eine Dauer-Aufgabe, die nicht nur vorübergehend anfalle. Der Sachgrund des nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung nach (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG) sei damit gerade nicht gegeben. Die beklagte Stadt beschäftige schon allein aufgrund ihrer Größe dauerhaft eine Vielzahl von Mitarbeitern in ihrem "Front Office" und praktiziere zudem auch das System der befristeten Arbeitszeitaufstockung dauerhaft.

Der Wunsch der beklagten Stadt, dass sich die Mitarbeiter ständig neu bewähren sollen, sei als Sachgrund für eine Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt nicht geeignet. Nichts anderes könne auch für eine befristete Erhöhung von Arbeitszeit gelten, da ansonsten das gesetzliche Befristungsrecht umgangen würde.

Praxishinweis

Das Urteil des Arbeitsgerichts steht im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BAG. Das BAG wendet zwar auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen das TzBfG nicht an. Bei der befristeten Erhöhung der Arbeitszeit in erheblichem Umfang bedarf es aber zur Annahme einer nicht unangemessenen Benachteiligung i. S. d. § 307 Abs. 1 BGB solcher Umstände, die auch die Befristung des Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 TzBfG insgesamt rechtfertigen würden.

Arbeitgeber sollten daher befristete Arbeitszeiterhöhungen nur vereinbaren, wenn

  • ein Sachgrund für die Befristung im Sinne des § 14 Abs. 1 TzBfG vorliegt oder
  • die Arbeitszeiterhöhung nicht erheblich ist (d.h. weniger als 25 % einer entsprechenden Vollzeitbeschäftigung beträgt).

In letzterem Fall sollte die Arbeitszeiterhöhung merklich unter 25 % liegen, denn nach der Rechtsprechung des BAG kann eine erhebliche Arbeitszeiterhöhung im Einzelfall auch bei einer geringfügigen Unterschreitung des Wertes von 25 % vorliegen (in dem vom BAG entschiedenen Fall waren es 24,67 %).

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