Update Arbeitsrecht Januar 2023
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAUB)
Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit darf der Arbeitnehmer nicht einfach der Arbeit fernbleiben. Vielmehr ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen und, wenn diese auf Krankheit oder Unfall beruht und länger als drei Kalendertage dauert, den Nachweis nach § 5 Abs. 1 EFZG durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung zu erbringen (sog. Melde - und Nachweispflicht).
Verstöße gegen die Melde- und Nachweispflicht sind keineswegs trivial und können als unentschuldigtes Fehlen – jedenfalls bei vorheriger, erfolgloser Abmahnung - den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährden. Zudem steht dem Arbeitgeber nach § 7 EFZG das Recht zu, die Entgeltfortzahlung zu verweigern, wenn der Arbeitnehmer den erforderlichen Nachweis nicht erbringt.
Seit dem 1. Januar 2023 sind jedoch Arbeitnehmer, die Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung sind, nicht mehr verpflichtet, die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dem Arbeitgeber in Papierform vorzulegen.
Stattdessen muss der Arzt, der die ärztliche Bescheinigung ausstellt, die jeweilige Krankenkasse informieren, die dann nach Erhalt dieser Arbeitsunfähigkeitsdaten eine Meldung zum Abruf durch den Arbeitgeber nach § 109 I SGB V erstellt.
Der Arbeitnehmer ist daher nur noch verpflichtet, einen Arzt aufzusuchen, der dann über das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit entscheidet. Diese Feststellungspflicht gilt - ebenso wie die bisherige Nachweispflicht - nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage andauert. Der Arbeitgeber hat aber auch nach der neuen Fassung das Recht, die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit früher zu verlangen. Die Nachweispflicht wandelt sich somit in eine Feststellungspflicht. Kommt es bei Übermittlung oder Abruf der Bescheinigung zu Störungen, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, geht dies nicht zu seinen Lasten, soweit er seiner Melde- und Feststellungspflicht nachgekommen ist. Der Aufwand auf Seiten des Arbeitnehmers und das Potential für Pflichtverletzungen hinsichtlich der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit werden damit erheblich verringert.
Anders sieht dies in Bezug auf die Meldepflicht aus, die nach der neuen Rechtslage weiter an Bedeutung gewinnt. Denn der Arbeitgeber darf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsmeldung bei der Krankenkasse nur abrufen, wenn er zum Empfang der Daten berechtigt ist. Eine Berechtigung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer für die beantragten Zeiten bei dem antragstellenden Arbeitgeber beschäftigt war und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber vorab über die abzurufende Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer informiert hat. Teilt der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bspw. nicht mit, dass die Arbeitsverhinderung auf Krankheit beruht oder unterlässt er die Angabe der festgestellten Dauer, ist der Arbeitgeber daran gehindert, die Bescheinigung bei der Krankenkasse abzurufen.
Zum Abruf der eAUB wurde ein einheitlicher Kommunikationsserver der gesetzlichen Krankenversicherung eingerichtet, für den sich der Arbeitgeber registrieren muss. Hierzu kann er entweder ein vom System zugelassenes eigenes Programm verwenden oder sich bei sv.net registrieren, das vom Informationstechnischen Servicezentrum der gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG) bereitgestellt wird (siehe: https://www.itsg.de/eau-wird-verpflichtend-ab-dem-01-01-2023/).
Weitere hilfreiche Informationen finden sich auf der Website der gesetzlichen Krankenversicherung zur Datenübermittlung
(https://gkv-datenaustausch.de/arbeitgeber/eau/eau.jsp).
Nicht in den Genuss der eAUB kommen Arbeitnehmer, die Versicherte einer privaten Krankenkasse sind, sowie Personen, die eine geringfügige Beschäftigung in Privathaushalten ausüben (§ 8a des SGB IV). Zudem kommt eine eAUB in Fällen der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit durch einen Arzt, der nicht an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, nicht in Betracht. Diese müssen weiterhin die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform vorlegen.
Dies führt dazu, dass Arbeitgeber in Zukunft nicht nur dafür Sorge tragen muss, dass die zuständigen Stellen des Unternehmens die eAUB selbstständig abrufen, sondern auch weiterhin Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Papierform von denjenigen einfordern muss, für die die eAUB nicht zur Verfügung steht. Diese Zweigleisigkeit dürfte zu einem erhöhten Verwaltungsaufwand führen, der durch die Einführung der eAUB gerade hätte verringert werden sollen. Zudem besteht die Notwendigkeit, die Klauseln im Arbeitsvertrag in der Weise anzupassen, dass beide Arbeitnehmergruppen berücksichtigt werden.
Hier wäre eine einheitliche Lösung für alle Arbeitnehmer wünschenswert gewesen.